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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
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Schwierigkeiten, mit den Anforderungen des Glaubens fertigzuwerden, ohne dass sie auch noch von der Verwirrung und den Versuchungen fleischlicher Liebe abgelenkt werden. Für sie ist das Gelübde ein Schutz.«
    »Ein Schutz wovor?«, fragte Bitharn ausdruckslos. Sie wusste nicht so recht, ob sie ihn verstand. »Ihr habt gerade gesagt, Liebe sei keine Sünde.«
    »Abstrakt gesehen, stimmt das«, erwiderte der Hohe Solaros. »Aber wir leben und dienen in einer unvollkommenen Welt. Ihr beide habt Glück – ihr habt mehr Glück oder Weisheit, als ihr wisst. Ihr liebt einander, und diese Liebe stärkt den Glauben, den ihr teilt.
    Aber was ist, wenn es anders wäre? Was, wenn einer von euch den Schattenzüngigen oder den wilden Geistern des Weißmeers folgen oder die Götter ganz und gar ablehnen würde? Was, wenn Ihr Euer Leben nicht auf Reisen verbringen und den heiligen Missionen eines anderen folgen wolltet, sondern versuchen würdet, Kelland stattdessen von seinen Pflichten abzuhalten? Was, wenn es ihm nicht gelänge, Eure Hingabe zu schätzen, sondern sie in Hass verwandeln würde? Und das sind nur die Dinge, die falsch laufen könnten, nachdem ihr beide einander geliebt hättet. Oft wird Liebe nicht erwidert oder ist verboten. Gesegnete haben sich in Menschen verliebt, die bereits verheiratet waren oder von zu hoher oder zu niederer Geburt waren, oder in Menschen, die Lords in anderen Ländern Lehnstreue schuldeten. Sehnsucht verwandelt sich in Verbitterung, Eifersucht in Gehässigkeit – und das sind Sünden, oder sie führen zu ihnen und zerstören ein Geschenk, das ohnehin allzu rar ist. Es ist einfacher und sicherer, wenn wir es gar nicht erst zur Versuchung kommen lassen. Das Keuschheitsgelübde zieht eine klare Grenze. Es liefert Gewissheit, wo ansonsten keine zu finden wäre.«
    »Was wird aus uns, wenn wir diese Grenze überschreiten?«, fragte Kelland.
    »Ihr werdet Bysshelios«, antwortete der Hohe Solaros. »Oder Ihr bleibt, wie Ihr seid. In den Augen der Welt muss es das eine oder das andere sein. Was eure Wahrheit ist, in euren eigenen Herzen … das müsst ihr selbst herausfinden. Ihr habt die einfache Antwort abgelehnt; die schwere Antwort wird eure eigene sein müssen.«
    Bitharn wischte sich die Krümel von den Beinen und tastete inmitten des Aufruhrs ihrer Gefühle nach einem Sinn. »Was sollen wir also tun?«
    »Versucht, den Glauben nicht zu spalten«, entgegnete der Hohe Solaros trocken. Er ließ es wie einen Scherz klingen, aber seine Worte waren immer noch scharf genug, dass Bitharn sich auf ihrem Stuhl wand. »Das Gelübde bleibt ein Schutz für die anderen Gesegneten, und ich werde nicht zulassen, dass ihr es schwächt. Ich vertraue darauf, dass es unwahrscheinlich ist, dass ihr die bysshellinische Ketzerei wiedererweckt, oder wir hätten diese Audienz nicht … aber wenn ihr offen gegen ein Gelübde verstoßt, verstoßt ihr gegen alle.«
    Offen. Was bedeutete das? Gab der Hohe Solaros ihnen seinen Segen, insgeheim etwas anderes zu tun? Oder sagte er nur, dass er es nicht wissen wollte?
    »Da ist immer noch Duradh Mal«, warf Kelland ein. Es war ein abrupter Themenwechsel, aber er überraschte Bitharn nicht. Kelland war nicht bereit, die Möglichkeiten zu erörtern, die der Hohe Solaros ihnen eröffnet hatte. Auch sie war nicht dazu bereit. Noch nicht. Sie würden sich später darum kümmern, gemeinsam.
    »Maoliten auf einer Seite, Baoziten auf der anderen.« Thierras zeichnete die gemalten Berge auf seiner Karte nach und ließ den Finger auf dem schwarzen Punkt verweilen, der die verfluchte Festung markierte. »Ihr wollt immer noch helfen, es zurückzuerobern?«
    »Ja. Die Karte zeigt, warum. Dieselben Berge, die Ang’duradh uneinnehmbar machen, können seine Soldaten genauso leicht gefangen halten. Es wird Jahre dauern, vielleicht Jahrzehnte, bis die Festung wieder eine Streitmacht beherbergt. Bis dahin können wir auf eine Konfrontation mit ihnen vorbereitet sein.«
    »Zu einem hohen Blutzoll.«
    »Wir akzeptieren diese Möglichkeit, wenn wir uns für den Dienst entscheiden. Die Bewohner von Cardental haben das nicht getan, und der Preis, den sie bezahlt haben, war noch höher.«
    »Ihr seid Euch dessen gewiss?«
    »Ja«, antwortete Bitharn. Was sie mit eigenen Augen gesehen und in dem Buch des Gefängniswärters gelesen hatte, bewies das. Sie hatte nur einige wenige Seiten dieser schauerlichen Chronik gelesen, bevor sie von Übelkeit überwältigt das Buch beiseitegeschoben hatte,

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