Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
Vom Netzwerk:
sein.
    »Wir haben … wir haben darüber gesprochen«, murmelte sie schließlich, als das Schweigen unerträglich drückend wurde. »Wir haben unsere Lösung gefunden.« Es war nicht die, die sie sich wünschte, und sie wusste nicht so genau, ob es richtig war, aber was sie sich wünschte, hatte bereits genug Schande bereitet.
    »Ach ja?« Thierras ließ eine kleine Bronzeglocke auf seinem Schreibtisch ertönen. Einen Moment später wurde die Tür geöffnet. Der Gehilfe stand mit fragendem Blick auf der Schwelle.
    »Bring bitte Sir Kelland herein!«, sagte der Hohe Solaros.
    Bitharn verkrampfte die Hände ineinander und versuchte, das Hämmern ihres Herzens zu beruhigen. Damit hatte sie nicht gerechnet. Es war unendlich viel einfacher gewesen, ihre Beteiligung an der Flucht des Dornenlords einzugestehen. Darauf war sie vorbereitet gewesen. Sie hatte in schlaflosen Nächten damit gerungen, was sie sagen würde, sie hatte sich auf die niederdrückende Last des Geständnisses vorbereitet. Aber dies … dies war eine Überraschung, und sie war nicht in der Verfassung, mit Überraschungen fertigzuwerden.
    Der Gehilfe kehrte mit Kelland sowie einem silbernen Tablett voller Pasteten zurück, einige süß, andere würzig. In der Mitte des Tabletts standen eine Teekanne und drei Porzellantassen. Er stellte das Tablett auf den Tisch, wartete, bis der Hohe Solaros ihn mit einem Nicken entließ, und verschwand diskret. Bitharn griff nach einem gezuckerten Brötchen, mehr um ihre Hände zu beschäftigen, als weil sie hungrig war. Sie hatte seit zwei Tagen nichts gegessen, abgesehen von einer Handvoll Pilze und Würstchen auf dem Rübenkarren, aber die Angst nahm ihr den Appetit.
    Thierras rieb mit einem Daumen über den schweren, goldenen Ring seines Amtes. »Bei einem unserer früheren Gespräche habt Ihr gefragt, ob die Spinne hinsichtlich Celestias Ächtung körperlicher Liebe gelogen habe.«
    »Ich habe gefragt, ob diese Liebe eine Sünde sei«, erwiderte Kelland. Bitharn stockte der Atem. Sie ließ beinahe das Brötchen fallen, das sie zerzupft hatte. Er hatte diese Frage gestellt?
    »Ja. Und ich sagte …«
    »… dass Gelübde simpel sind, Fragen der Sünde jedoch nicht. Was keine Antwort war.«
    »Es war die beste, die ich zu diesem Zeitpunkt geben konnte.« Der Hohe Solaros seufzte. Kellands Mangel an Unterwürfigkeit schien ihn nicht zu kränken; in seiner Stimme lagen lediglich Bedauern und vielleicht Sorge. »Jetzt sehe ich die Dinge deutlicher.«
    Wieder verfiel er in Schweigen. Bitharn pflückte die Rosinen aus ihrem Brötchen, und Gebäckteilchen regneten auf ihren Schoss hinab. Es war eine Verschwendung, aber sie hätte keinen Bissen herunterbringen können, selbst wenn es das letzte Essen gewesen wäre, das sie für den Rest des Tags bekäme.
    Thierras tippte auf eine gezackte, schwarze Linie, die sich quer über die Landkarte zog: Die Eisenzahnberge; eine lange Linie mitten durch Cardental nach Norden. Die Stadt war auf der Karte des Hohen Solaros nicht verzeichnet, aber Ang’duradh schon. Dort hatte es seinen richtigen Namen; die Karte war sehr alt. »Ihr habt Euch auch nach Bysshelios erkundigt. Nach seiner Ketzerei.«
    »Ja«, antwortete Kelland. »Er hat seine Gelübde gebrochen, aber seine Magie behalten.«
    »Eine Zeit lang. Am Ende hat er sie verloren, als seine Sünden exzessiv wurden … aber ihr habt recht: Byssehlios hat Celestias Segen bewahrt, nachdem er Frauen in sein Bett geholt hatte.«
    »Dann ist das Keuschheitsgelübde eine Lüge.«
    »Nein.« Der Hohe Solaros schien eher durch sie hindurchzublicken, als sie anzusehen, dachte Bitharn; er hatte die Aura eines Mannes, der sich ebenso sehr an alte Gespräche erinnerte und vergangene Worte abwog, wie er sich überlegte, was er ihnen hier und jetzt sagen wollte. Es bereitete ihr Angst. Was war es, um das er so zaghaft einen Bogen machte?
    »Das Gelübde«, begann Thierras, »gründet sich auf dem Glauben, dass es in dieser Hinsicht das Beste ist, eine klare Regel zu haben, statt unseren Gesegneten zu erlauben, in ein trügerisches und kompliziertes Meer zu taumeln.
    Die Liebe selbst ist in den Augen der Strahlenden keine Sünde. Aber sie kann Menschen – selbst gute Menschen, selbst vorsichtige – in Versuchung führen, sodass sie andere Sünden begehen. Was immer die Sänger behaupten – Liebe ist kein Allheilmittel für alle Unbilden der Welt; allzu oft ist sie deren Ursache. Die meisten von Celestias Gesegneten sind jung und haben genug

Weitere Kostenlose Bücher