Schwarzfeuer: Roman (German Edition)
Pilze war, in die Nähe des Dorns. Sie suchte nicht direkt seine Gesellschaft, aber sie hätte sich sonst nur in den Schmutz setzen können.
»Ihr habt gehofft, dass er sich weigern würde?«, erkundigte sich Malentir.
»Nein. Es überrascht mich nur, dass er es so schnell akzeptiert hat. Es ist die richtige Entscheidung.«
»Ach ja?«
»Natürlich!« Sie warf sich ungeduldig den Zopf über die Schulter. »Ihr habt uns in Schattenfall das Leben gerettet. Ihr hättet uns töten oder dem Tod überlassen können, nachdem Ihr das Schwert der Morgendämmerung an Euch gebracht hattet, aber Ihr habt es nicht getan.«
»Ah. Das überzeugt Euch von meinem guten Charakter?«
»Nein. Aber wir wären dumm, es zu ignorieren.«
»Gut.« Seine Mundwinkel zuckten, ein Lächeln wie bei einem Totenschädel. In der kurzen Zeit seit ihrer Ankunft auf der Lichtung waren Malentirs Wangen sichtlich weiter eingefallen. Die Knochen darüber stachen scharf wie Messerklingen hervor. »Es war Notwendigkeit, die mich trieb, nicht Freundlichkeit. Notwendigkeit ist … stärker.«
»Aurandanes Makel?«
»Das ist ein Teil davon.« Seine Hand kroch langsam zu dem Schwert, das an dem Stein neben seinem Fuß lehnte. Das winzige Juwel in seinem Knauf funkelte. »Ich wusste, dass da … irgendeine Falle war … aber ich dachte, sie könnte geleert worden sein wie die anderen Schlingen. Ich habe mich geirrt.«
»Es tötet Euch.«
»Vielleicht.« Die Augen des Dornenlords waren glasig vom Fieber, aber er lachte rau. »Ich hoffe es. Die Alternative wäre schlimmer. Aber wenn ich nur sterbe … Euer Ritter ist mir ein Leben schuldig.«
»Die Spinne hat ihn einen vollen Winter lang in Ang’arta festgehalten. Er schuldet Euch überhaupt nichts.«
»Das ist ihre Schuld, nicht meine. Euer Ritter versteht das. Er ist ein ehrenhafter Mann … und ein empfindsamer.« Malentir verfiel für eine Weile in Schweigen und sah zu, wie das Leuchten von Kellands Gebet die Unterseiten der knospenden Zweige erhellte und das Gras auf der Lichtung in ein Meer aus weißer Gischt verwandelte. Malentirs Gesicht wirkte wie das eines Ghaole – tote, weiße Haut, die sich über den Knochen spannte. »Und Ihr braucht mich«, fügte er hinzu, und seine Stimme war so leise wie das Wispern von Wind über Asche, »und Notwendigkeit ist stärker als Freundlichkeit.«
Bitharn gab keine Antwort. Sie schaute dorthin, wo das Licht celestianischer Energie hell genug war, dass es ihr in den Augen brannte. Die Kinder stöhnten und wanden sich in den verrottenden Blättern, sie versuchten, ihrer Umarmung zu entkommen, aber keins von ihnen hatte die Kraft zum Aufstehen und Weglaufen. Evenna schlug mit den Gliedern; Asharre saß zu Stein erstarrt da, während ihr rosafarbene Tränen übers Kinn rannen. Schwarzfeuerstaub wirbelte um sie herum, aus ihren Leibern ins Licht gezogen, wo er in farblosen Flammen aufging. Das Grau wich aus ihren Körpern, und die Leere wich aus ihren Augen, als der Staub auflodernd verschwand.
Die Macht des Glaubens ermöglichte es Kelland, sie zu reinigen. Der Preis des Glaubens bedeutete, dass er es tun musste. Trotz seiner Erschöpfung konnte er sich ebenso wenig weigern, den Kindern zu helfen, wie er sich weigern konnte zu atmen. Bitharn verspürte eine heimliche, grimmige Dankbarkeit, dass sie nicht alle den Weg hierher überlebt hatten. Noch mehr Kinder zu heilen, hätte ihn vielleicht umgebracht.
Würde es ihn töten, den Dorn zu heilen? Jetzt oder später? Wenn Kelland bis nach Sonnenaufgang wartete, wäre seine Magie stärker, aber er würde gleichfalls das Risiko eingehen, dass der Wahnsinnige Gott seine Opfer tötete, statt sie vom Ritter heilen zu lassen. Ein solches Risiko ging man für Unschuldige nicht ein. Lohnte das Risiko für den Dorn? Notwendigkeit ist stärker als Freundlichkeit. Brauchten sie Malentir so sehr?
Das war nicht ihre Entscheidung. Sie hatte ihn in den Eingeweiden von Schattenfall vor einer Sünde geschützt; sie konnte es hier nicht noch einmal tun. Grübelnd verfolgte sie das Gebet und beobachtete aus dem Augenwinkel den Dorn.
Schließlich verbrannte der letzte Rest Schwarzfeuerstaub. Bitharn war überrascht, dass der Himmel noch dunkel war; es schien, als sollte der neue Tag heranbrechen, wenn nicht gar die Abenddämmerung des nächsten Tages. Das Stöhnen der Kinder erstarb, als das Licht zurückwich und sie der kühlen Frühlingsnacht überließ. Kelland trat aus den Schatten der Bäume, sein weißer Mantel
Weitere Kostenlose Bücher