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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
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dreckverschmiert und dennoch leuchtend im Licht der Sterne. Er sah zuerst Malentir in die Augen, dann Bitharn. Erschöpfung lastete auf seinen Schultern, sodass er bei jedem Schritt stolperte. Nichtsdestoweniger kniete der Ritter wortlos neben dem Dorn nieder, und das Licht des heiligen Gebetes schoss wieder um ihn herum in die Höhe. Das Juwel auf Aurandanes Griff blinkte in der farblosen Flamme. Bitharn glaubte, den Schimmer eines Schattens in ihren blauen Tiefen zu erkennen und das Spiegelbild eines Gesichtes, das nicht da war. Brennende Augen, eine brennende Seele.
    Es dauerte nur einen Moment, aber sie starrte den Stein an, bis die Magie starb.

23
    »Nah genug?«, fragte der Wagenlenker. Sein Esel schrie, als sich ihm auf der Straße um die Sonnenkuppel herum ein Ochsenkarren näherte. Die schimmernde gläserne Himmelsnadel stand vor ihnen wie ein Speer helleren Feuers vor dem Hintergrund des Sonnenuntergangs.
    »Ja, vielen Dank«, antwortete Bitharn. Gelb gewandete Erleuchtete eilten ihnen entgegen, während Gehilfen herumliefen, Heilertaschen herbeiholten und anderen von ihrer Ankunft berichteten. Karren mit Kranken und Verletzten waren ein alltäglicher Anblick in der Umgebung der Sonnenkuppel, und die Tempeldiener wussten genau, was sie zu tun hatten.
    Sie waren zu Hause. Zu Hause und so sicher, wie sie es irgendwo auf dieser Welt nur sein konnten. Die Erleichterung war überwältigend.
    Bitharn kletterte vom Kutschsitz herab, Aurandane unbeholfen in einer Hand. Sie hatte es für das Beste gehalten, das Schwert der Morgendämmerung zu tarnen, indem sie es in Kellands Scheide trug, statt in ihrer eigenen, aber dafür war es zu lang. Ein locker um den Griff gewickelter Schal verbarg den Umstand, dass es kaum in die Scheide passte, was jedoch die Handhabung der Waffe erschwerte. Sie wäre froh, es loszuwerden, aus diesem geringen Grund ebenso wie aus den bedeutenderen.
    Sobald sie auf dem Boden stand, wollte sie dem Fahrer eine Münze anbieten, aber der knorrige alte Bauer schob ihren Silberschild beiseite.
    »Das ist nicht nötig. Es ist Ehre genug, Euch zu dienen.« Der Bauer räusperte sich und rückte seinen zerbeulten Hut zurecht, damit er respektabler wirkte, als die Erleuchteten näher kamen. Zunächst hatte er schreckliche Angst beim Anblick der Last gehabt, die er befördern sollte – all diese Kinder, die inmitten der erfrorenen Gräulinge lagen, Evenna mit ihrem aufgerissenen Gesicht, Kelland im Delirium und mit schwarzem Blut bedeckt –, aber die lange Fahrt hatte ihn so weit beruhigt, dass er die Bedeutung seiner Rolle erkannte und stolz darauf war. »Ich kann mir nicht vorstellen, was Ihr durchgemacht habt, aber ich bin froh, dass ich helfen konnte. Der Verbrannte Ritter, verfluchte Kinder … behaltet Euren Silberschild. Die Geschichte ist mir Lohn genug.« Er kicherte ungläubig und schüttelte den Kopf angesichts der Seltsamkeit der Welt. »Ich bin einfach froh zu dienen.«
    Die Erleuchteten waren eingetroffen. Bitharn half ihnen dabei, die Kinder und die Celestianer von der Ladefläche des Wagens auf die leinenbedeckten Bretter zu legen, welche die Gehilfen aus dem Tempel geholt hatten. Die Tragebretter hatten Gurte für Patienten, bei denen das Risiko bestand, dass sie sich selbst oder andere verletzen konnten, und Bitharn sorgte dafür, dass sämtliche Gurte befestigt waren, bevor sie den Erleuchteten erlaubte, die Menschen in die Krankenräume zu tragen. Malentir hatte gesagt, die Verderbtheit sei aus ihnen abgeflossen, und sie wusste, dass er nicht lügen konnte … aber er konnte sich irren. Selbst wenn er sich nicht irrte, ließ sich nicht sagen, wie die Kinder reagieren würden, wenn sie wieder zu sich kamen. Falls sie zu sich kamen. Der Durchgang durch das Perethil hatte fast ausgereicht, ihr den Verstand zu rauben, und sie hatte es nur zweimal durchquert. Tagelang in der Macht des Wahnsinnigen Gottes gefangen zu sein, hatte den Geist der Kinder möglicherweise völlig zerstört.
    Sie hatten es jedoch zur Sonnenkuppel geschafft, und wenn sie geheilt werden konnten, würde es geschehen. Dafür gab es keinen besseren Ort in ganz Ithelas. Sie sah zu, wie die Gehilfen die Bretter in den Tempel trugen, dann drehte sie sich wieder zu dem Bauern um. »Danke«, sagte sie noch einmal.
    »Gern geschehen. Überaus gern geschehen. Ich wünsche Euch den Segen der Strahlenden.« Er tätschelte ihr die Schulter und kletterte zurück auf den Wagen. Normalerweise hätte die Geste sie vielleicht

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