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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
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hielten inne – waren erfroren, das wusste sie irgendwie, waren tot –, und der Wahnsinn draußen wich, blieb heulend in der Ferne zurück.
    Stück um Stück taute die eisige Dunkelheit auf. Land und Luft trennten sich voneinander. Die Gerüche von Erde und Frühling sickerten herein. Eine Brise Holzrauch lag in der Luft, die wieder warm genug war, dass sie sich regen konnten. Duftige Wolken säumten die Äste einer uralten Eiche und bildeten den Hintergrund für die Silhouette des Strohdachs einer niedrigen Hütte. Ein Wald breitete sich um sie herum aus.
    Über den Bäumen strahlte golden der Turm der Himmelsnadel. Sie waren etwa zwanzig Wegstrecken nordwestlich der Kuppel, schätzte Bitharn. Vielleicht ein wenig mehr. Was bedeutete, dass sie sich in Lord Gildoraths Land befanden. Eine weise Entscheidung für einen Dorn. Das gemeine Volk von Gildorath war es gewohnt, Augen und Ohren zu verschließen, wenn ihm etwas Unangenehmes begegnete.
    Die einsame Hütte wirkte jedoch verlassen. Dornen eroberten allmählich den Pfad zurück, der sich durch den Wald auf die Hütte zuschlängelte. Niemand sah sie ankommen – oder beobachtete, was ihnen danach zustoßen würde. Bitharn biss sich auf die Unterlippe und drehte sich um, während Kelland ihre Laterne anzündete und den Schein über ihre Schutzbefohlenen wandern ließ.
    Ein Drittel der Kinder war tot. Eis glitzerte auf ihren Augen. Ihre Köpfe waren eingedrückt wie die Schalen gekochter Eier, rissig und bedeckt mit kleinen Grübchen, aber nicht aufgesprungen. Evenna und Asharre atmeten noch, obwohl das Blut in Evennas Haar zu schwarzen, ineinanderverwobenen Eiszapfen gefroren war.
    Malentir musterte sie erschöpft und verärgert. Er wandte sich schwankend von der Gruppe am Boden ab, wischte Kiefernnadeln und Lehm von einem Felsbrocken auf der anderen Seite der Lichtung, auf der die Hütte stand, und setzte sich. »Sie haben versucht, den Wahnsinnigen Gott mitzunehmen. Hätten sie Erfolg gehabt, wären wir jetzt tot oder Schlimmeres. Es war notwendig, sie daran zu hindern.«
    »Ich weiß«, erwiderte Bitharn. »Ich habe es gespürt.«
    »Sind wir in Sicherheit?«, fragte Kelland.
    Der Dornenlord zuckte die Achseln. Er schloss die Augen und legte müde den Kopf in den Nacken. Im Mondlicht war sein Gesicht sehr weiß, mit einer ungesunden bläulichen Färbung von Lippen und Schläfen. »Wir sind sicherer als zuvor und weniger sicher, als wir sein sollten. Diese Kinder sind Maols Kreaturen und sie tragen seinen Makel. Ebenso wie ich und Aurandane. Wird er nicht ausgebrannt, so wird er früher oder später in der Lage sein, durch die Kreaturen zu uns zu gelangen, die er verdorben hat. Ich warte ab, ob Ihr sie wiederherstellen könnt. Wenn nicht, werde ich sie vernichten, bevor ich an die Seite meiner Herrin zurückkehre.«
    »Ihr verlasst uns?« Aus irgendeinem Grund erschreckte der Gedanke Bitharn. Es hätte keine Überraschung sein dürfen, und sie hätte froh sein sollen, ihn gehen zu sehen … aber so war es nicht.
    Er ist nicht einmal ein Verbündeter. Kein richtiger. Die Soldaten von Cailan hatten ein Sprichwort dafür: »Der Feind meines Feindes ergibt ein gutes Lockmittel für Pfeile.« Zutreffend, wenn auch geschmacklos; eine geteilte Feindschaft konnte nützlich sein, aber nur ein Narr würde ihr vertrauen.
    Doch der Dorn hatte sie gerettet. Er hatte sie nicht verraten.
    Malentir hielt den Kopf schief und sah sie an. Sie war sich auf unbehagliche Weise sicher, dass er ihre Gedanken lesen konnte. »Eine Zeit lang. Es ist möglich, sogar wahrscheinlich, dass ich zurückkehren werde. Corban ist hier oder war hier, und er stellt eine größere Bedrohung dar als Gethel. Gethel war ein irregeleiteter Narr, der keine Ahnung hatte, was er da einlud, und er war auf sich allein gestellt. Corban weiß es oder wusste es und hat sich trotzdem dafür entschieden, damit herumzuspielen. Und er ist in Cailan. Wo genug Leute sind – genug Opfer –, um ganz Ithelas mit der Seuche des Wahnsinnigen Gottes anzustecken.«
    »Wir werden froh um Eure Hilfe sein«, meldete Kelland sich zu Wort. Bitharn zog die Augenbrauen hoch; sie stimmte ihm zu, aber sie hatte nicht erwartet, dass der Ritter es so schnell akzeptieren würde. Malentir sah ihre Überraschung und lächelte, obwohl er schwieg, bis Kelland davonging, um über den geretteten Kindern ein Gebet zu sprechen. Während der Sonnenritter eine Beschwörung Celestias begann, setzte Bitharn sich auf einen Baumstumpf, der voller

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