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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
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geweiht worden – Morgengrauen, Abenddämmerung, Mitternachtssonne des Sonnwendtages –, und jede von ihnen barg alle Macht, die Celestia ihren sterblichen Kindern gewährte. Heilung, Sonnenfeuer, das Licht der Wahrheit: Die Sonnenschwerter befehligten alle diese Gebete, wie auch jede Hand, die sie hielt.
    Sonst ging nur wenig aus den niedergeschriebenen Geschichten hervor. Zum Teil war die Verwirrung Absicht, hatte der Hohe Solaros erklärt: Die Erleuchteten hatten gezögert, allzu deutlich zu werden, weil sie befürchteten, ihre Feinde könnten diese Informationen gegen sie verwenden. Stattdessen hatten sie in Metaphern gehüllt, was sie meinten, oder Allegorien verwendet statt schlichter Tatsachen. Damals waren die Bräuche, die sie benutzt hatten, weithin bekannt gewesen … Aber in den seither vergangenen Jahrhunderten hatten sich viele der allegorischen Bedeutungen verändert oder waren völlig in Vergessenheit geraten. Daher konnte Thierras ihr zwar erklären, dass die Chronisten alter Zeiten Aurandane als »Vertreiber der Schatten vom Schlachtfeld« beschrieben hatten, aber er konnte ihr nicht sagen, was das bedeutete.
    Noch konnte er ihr sagen, wie sie die Magie in dem Schwert erwecken oder es dazu bringen konnte, das zu tun, was sie ihm befahl. Seit Menschengedenken war keins der Sonnenschwerter mehr benutzt worden. Am Ende konnte er ihr nur sagen, dass Aurandane sich der Hand dessen anpassen würde, der es schwang, und dass es seine Zauber den Bedürfnissen seines Benutzers anpassen würde.
    Es war nicht viel, und es fühlte sich nach noch weniger an, da sie wusste, dass sie bald wieder einem von Maols Dienern gegenüberstehen würde, diesmal mit einem Dorn als zweifelhaftem Verbündeten an ihrer Seite.
    In den folgenden Tagen prüfte Asharre Aurandane selbst. Sie ging allein in die Übungsräume der Sonnenritter und versuchte, dem Schwert Magie abzuschmeicheln.
    Es kam keine. Aurandane besaß einen gewissen Zauber; so viel war klar. Selbst wenn Asharre nichts über das Schwert gewusst hätte, sie hätte es gespürt. Das Schwert der Morgendämmerung bewegte sich in ihren Händen leicht wie ein Traum, und seine Schneide war scharf genug, um die Töne eines Liedes zu zerteilen. Mit ihm konnte sie eine herabfallende Feder in zwei Stücke schneiden oder ebenso mühelos einen gebrannten Ziegelstein.
    Aber sie konnte nichts anderes tun. Sie konnte kein Sonnenfeuer beschwören oder einen dunklen Raum erhellen oder die kleine Schnittwunde heilen, die sie sich als Prüfung am Arm zugefügt hatte. Die Klinge hätte geradeso gut aus schlichtem Metall sein können. Gutem Metall, stärker und schärfer als Stahl, aber dennoch Metall. Jede andere Macht, die das Schwert barg, entzog sich Asharres Zugriff.
    Sie versuchte, sich daran zu erinnern, was Oralia ihr über Magie erzählt hatte: Dass die Macht allgegenwärtig in ihrer Seele war, stetig wie Sonnenlicht, formlos wie Wasser. Dass sie ihr mit W ort und Bewegung Bedeutung verleihen musste, dass sie jedoc h selbst formlos zu spüren war.
    Asharre spürte nichts Derartiges an Aurandane. Jede Macht, die es enthielt, schlummerte in ihrer Hand, und nichts, was sie tat, weckte sie.
    Als Nächstes suchte sie den Verbrannten Ritter auf.
    Asharre kannte Sir Kelland nicht gut. Sie wusste natürlich einiges über ihn – ebenso wie er zweifellos von ihr nicht viel wusste –, aber sie hatte zuvor weder mit dem Verbrannten Ritter noch mit seiner Gefährtin Bitharn zusammengearbeitet. Die beiden waren den größten Teil der letzten Jahre im Westen unterwegs gewesen, und sie war mit Oralia gereist; bis Cardental hatten ihre Wege sich nicht gekreuzt.
    Sie traf sie in den Gärten, an einem Morgen ganz ähnlich dem, zu dem sie Thierras aufgesucht hatte. Bitharn wanderte unter den Linden umher und strich müßig über die tief hängenden Äste der Bäume, wenn sie darunter herging. Sie war bekleidet wie eine Gehilfin, mit weicher, beigefarbener Lammwolle, aber sie trug dennoch ihren Bogen.
    Sir Kelland, der Verbrannte Ritter, saß im Schatten eines Baumes auf einer Bank und schaute ihr zu. Er wirkte hagerer, als Asharre ihn in Erinnerung hatte. Hagerer und älter, mit den ersten silbernen Strähnen in seinen Zöpfen und frischem Schmerz, der in seinen dunkelbraunen Augen lauerte. Er war gegen Ende des Herbstes gefangen genommen worden, das wusste sie; er musste den ganzen Winter in Ang’arta eingekerkert gewesen sein. Das wäre genug, um jeden altern zu lassen, und erst recht einen

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