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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
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nachstellen? Besser ist es, nach Cailan zu gehen und etwas von dem Schmutz aus seinen Gossen zu entfernen. Die Stadt sollte uns danken.«
    Ein Schauder überlief Kellands geborgte Haut. »Warum erzählt Ihr mir das?«
    Sie klopfte an eine Tür, zweimal in schneller Folge und ein drittes Mal nach einer Pause. »Weil Ihr gefragt habt.«
    Aus dem Haus ertönte das Knirschen eines Riegels, der zurückgeschoben wurde. Ein Mädchen öffnete die Tür. Sie war sehr bleich, ungesund bleich, und trug ein züchtiges blaues Kleid, das über den Boden schleifte.
    »Lady«, murmelte das Mädchen und sank in einen tiefen Knicks. Sie hielt eine Kerze in einer Keramikschale und schien nicht überrascht, sie zu sehen.
    »Brielle. Bring mich zu Eurem Gast.«
    Das Mädchen richtete sich auf und nickte. Die Iriden ihrer Augen waren rot, nicht das tiefe Rot von Blut, sondern von der trüben, beinahe rosafarbenen Schattierung des Jaspis. Wäre sie eine Dorne, wäre es nicht so auffallend gewesen, aber er schätzte ihr Alter auf sechzehn oder siebzehn – zu jung für eine Dornenlady, und abgesehen von diesen roten Iriden war sie ganz gewöhnlich.
    Sie führte sie eine wackelige Treppe hinauf. Spinnen hingen in staubigen Netzen in den Ecken; Mäuse huschten in den Mauern umher. Sie waren zu hören, aber nicht zu sehen. Oben an der Treppe befand sich ein Raum, der leer war bis auf einen dreibeinigen Stuhl in der Ecke und einen fleckigen Wandbehang an einer Seite.
    Das Mädchen stellte die Kerze auf den Stuhl und schob den Vorhang beiseite. Dahinter war eine Tür. Sie schloss sie auf, und es zeigte sich eine steile Treppe. Diese führte durch die Mauer eines angrenzenden Gebäudes. Sie roch nach Staub, heißem Wachs und geöltem Metall. Altes Blut befleckte die Stufen.
    »Soll ich mitkommen?«, fragte Brielle, die ihre Kerze wieder an sich nahm, als sie beiseitetrat.
    »Nein, danke«, sagte die Spinne und zog ihre Robe hoch. Sie entzündete an der Kerze des Mädchens eine zweite und stellte sie in eine leere Schale. »Warte hier. Wir werden nicht lange bleiben.«
    A vele ging die schmale Treppe hinunter. Kelland folgte ihr vors ichtig, wobei er versuchte, den Geruch nach Blut und Schweiß zu ignorieren. Der gleiche Gestank erfüllte die Kerker unter Ang’arta – aber dies war Cailan, sagte er sich, und gewiss würden die Wachen der Stadt sich gegen solche Gräuel in ihrer Mitte nicht blind stellen.
    Am Ende der Treppe sah er eine seltsam gefertigte, mit Eisen verriegelte Tür. Sie war winzig, tief in die Mauer eingelassen und hatte ein elfenbeinernes Schloss ohne Schlüsselloch. Die Spinne schüttelte ihren Ärmel zurück, drückte eine Fingerspitze auf das Schloss und murmelte ein Gebet.
    Lautlos schwang die Tür auf. Sie war mindestens sechs Zoll dick, auch wenn sie im Vergleich zu den Mauern dünn wie Pergament erschien. Sowohl die Wände als auch die Tür waren hohl. Rohe Wolle und Korkschnitzel waren in die Lücken zwischen den Brettern gestopft, und als die Tür sich öffnete, verstand der Ritter den Grund hierfür: um die Schreie zu ersticken.
    Auf einem Tisch im Raum lag eine ausgezehrte, gefesselte Frau. Ihre Hände waren zu knochigen Klauen gekrümmt, ihre Schläfen befleckt von blutigen Tränenspuren. Ein schweißdurchnässtes gelbes Kleid klebte ihr am Körper. Sie schrie endlos, besinnungslos, ihre Stimme schwach wie das Rascheln von Schilf im Wind. An den Wänden hingen Haken, Messer und noch seltsamere Werkzeuge des Schmerzes, aber Kelland konnte, von den Blutringen um ihre Augen einmal abgesehen, keine Verletzungen an der Frau erkennen.
    Er trat näher. Auf ihren Augen lagen Kristalllinsen, umgeben von winzigen Stahlklingen, wie Blütenblätter einer schauerlichen Blume. Obwohl die Linsen selbst glatt waren, musste die Frau unter ihrem Gewicht ständig blinzeln, und sie hatte sich die Lider an den Klingen in Fetzen geschnitten. Die winzigen Rasiermesser waren bedeckt von verklumptem Blut und losen Wimpern, und sie blinzelte noch immer gegen die Linsen an.
    Angewidert wandte Kelland den Blick ab. Er hatte im Krieg Brutalität gesehen, und mehr davon in der baozitischen Festung. Er hatte sogar selbst einige Gewalttaten begangen, aber was die Dornen taten – was sie die »Kunst« nannten, deren Vervollkommnung sie sich rühmten –, drehte ihm den Magen um. »Warum tut Ihr das?«
    Die Spinne blieb auf der anderen Seite des Tisches stehen und sah mit einem sanften Lächeln auf ihr Opfer hinab. Sie strich der Frau über die

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