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Schwarzkittel

Schwarzkittel

Titel: Schwarzkittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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treffe«, begann sie die nervtötende Konversation. »Ich habe Sie schon lange nicht mehr gesehen. Gehen Sie überhaupt noch arbeiten? Heute Morgen war Ihr Wagen wohl schon sehr früh weg. Ja, ja, wenn man alleine lebt, hat man nie Zeit, stimmts? Meinem Mann gehts da genauso, der ist ständig auf Achse. Obwohl ich mich doch so gut um ihn kümmere, ich weiß selbst nicht, warum er so oft weg will. Jetzt hat er wieder Ärger mit seinem Knie, da muss er zweimal die Woche in die Krankengymnastik. Aus dem Wartezimmer bringt er mir dann immer die Kreuzworträtsel der Zeitschriften mit, merkt ja keiner. Letzte Woche habe ich da fast einen Hauptpreis gewonnen, einen Fernseher. Ist dann aber doch nur ein Trostpreis geworden. Ist auch nicht weiter schlimm, ein Ersatzbügeleisen ist schließlich nicht verkehrt. Über den Fernseher hätte sich mein Mann –«
    Sie, lieber Leser, denken bestimmt, die Geschichte mit Frau Ackermann sei unglaubwürdig? Ich bin bereit zu schwören, dass es sich genau so abgespielt hat.
    »– Und dann immer diese Chips-Esserei vor der Glotze. Die Krümel lassen sich doch so schlecht aufsaugen. Apropos, da fällt mir ein, ich muss dringend neue Staubsaugerbeutel kaufen. Da könnte ich eigentlich meinen Mann schicken, nein, geht ja nicht mit seinem Knie. Außerdem würde er bestimmt die falschen Beutel bringen. Stellen Sie sich vor, Herr Palzki, als er vor einer Weile einen Kopfsalat für mich besorgen sollte, hat er doch tatsächlich einen Eisbergsalat gekauft! So was kann nur meinem Mann passieren.«
    Fast hätte ich ihr geantwortet, dass nicht nur ihr Mann den Unterschied nicht kannte, doch ich nutzte ihre Atempause effektiver.
    »Entschuldigen Sie bitte, Frau Laber, äh Ackermann, ich muss dringend weg, Einsatz, Sie verstehen schon.«
    Ich ließ sie stehen und machte mich schleunigst daran, in meinen Dienstwagen einzusteigen.
    »Ah, Herr Palzki, warum ich Sie überhaupt sprechen wollte –«
    »Frau Ackermann, bitte, ich muss weg.«
    »Ja, ja, genauso beschäftigt wie mein Mann. Also gut, ich werde mich kurzfassen. Mein Mann geht morgen zur Kur. Ich hatte die Idee, ihn zu begleiten, allein kommt der in der Fremde doch nie zu recht.«
    Mit sadistischen Hintergedanken nickte ich zustimmend.
    »Dürfte ich Ihnen morgen Abend unseren Haustürschlüssel vorbeibringen? Es sind wirklich nur ein paar Pflanzen und Blumen, die ab und zu ein wenig Wasser bräuchten.«
    Ein paar Blumen? Ich erschrak. Ackermanns Wohn zimmer war früher wahrscheinlich der Drehort für die Tarzanfilme gewesen.
    »Ist schon recht, Frau Nachbarin, bringen Sie mir den Schlüssel einfach vorbei. Ich muss jetzt aber wirklich weg, bis morgen dann.«
    Während meine Nachbarin wie ein Langstreckenläufer, der nach dem Ziel langsam ausläuft, ungehört zu Ende schnatterte, fuhr ich los.
    Die Fahrt nach Haßloch war recht ereignislos. Die Tankstelle in Iggelheim erfreute sich nach wie vor an tankenden Benzinschluckern. Eine warme Mahlzeit wäre jetzt nicht schlecht, dachte ich mir, als mein Magen heftig knurrte und sich im gleichen Moment, Zufall oder nicht, ein Passant auf dem Gehweg erschrocken nach mir umdrehte. Und das bei geschlossenen Fensterscheiben.
    Den Föhrenweg in Haßloch fand ich auf Anhieb. Es war schließlich erst wenige Stunden her, seit ich das letzte Mal hier war. Auf meinen Orts- und Orientierungssinn konnte ich stolz sein. Na ja, meistens. Mir kam wieder meine Abenteuerfahrt vor zwei Jahren in den Sinn. Privat hatte ich damals in Rockenhausen zu tun, ganz in der Nähe des Donnersbergs, der höchsten Pfälzer Erhebung. Genau wie heute war es, es war fortgeschrittener Herbst, spätabends, regnerisch, stürmisch und neblig zugleich. Alles, was an einem durchschnittlichen Tag so zu erwarten war. Damit hätte ich vielleicht noch umgehen können. Ich benutzte auf dem Hinweg die A 6 und anschließend die B 48. Mehrere Baustellen und Umleitungen durch kleinere Ortschaften und über Felder und Wiesen hinweg ließen mich beträchtlich verspäten. Einem Tipp  meines Gastgebers folgend, wollte ich für den Rückweg über Kirchheimbolanden auf die A 63 fahren. Irgendwie muss ich gleich zu Beginn falsch abgebogen sein. Die Dunkelheit und der starke Regen taten ihr Übriges. Als Vorderpfälzer war ich in der Region nicht sehr bewandert, was mir aber sowieso keinen Vorteil gebracht hätte. Auch die schärfsten Adleraugen hätten kaum weiter als 50 Meter weit blicken können. Das Ende vom Lied war, dass ich hilflos auf immer schmaler

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