Schwarzkittel
Hände schüttelte.
»Ich habe Professor Zynanski gebeten, auf Sie zu warten«, begann der Kinderarzt. »Daher weiß ich also nicht mehr als Sie.«
»Nicht dass Sie meinen, ich würde mich hier mit einem Kollegen zu einem geheimen Treffen verabreden«, ergriff Zynanski mit ruhiger Stimme das Wort. So gelassen hatte ich ihn noch nie erlebt. »Ich war trotzdem überrascht, als ich erfuhr, dass Sie zu diesem Treffen hinzukommen.« Er fuchtelte nervös mit seinen Händen in der Gegend herum. »Das, was ich mit Herrn Overath diskutieren möchte, ist allerdings kein gesichertes Faktum. Es handelt sich dabei um reine Spekulation, genauer gesagt, um vertrauliche Vermutungen. Daher muss ich natürlich vorher um strengste Diskretion bitten.«
Natürlich versicherte ich ihm ausdrückliche Geheimhaltung und bat ihn, alles zu erzählen.
»Okay, dann werde ich mal beginnen.« Er schaute seinen Kollegen ernst an. »Herr Overath, ich denke, wir können offen über das Thema ›Croupison‹ sprechen?«
Der Angesprochene nickte betroffen.
»Als Einführung würde ich Herrn Palzki gerne zunächst eine kleine Vorrede halten, die über das, was ich ihm bisher erzählt habe, hinausgeht.«
»Wenn Sie damit die Produktions- und Vertriebsbedingungen bei ›Neomedi‹ meinen, die sind mir inzwischen geläufig. Ich habe bereits mit dem Vertriebsleiter gesprochen. Der hat mir übrigens Ihre Version der Geschichte bestätigt, Herr Professor.«
»Sehr schön. Dann muss ich nicht bei Adam und Eva anfangen. Wie Sie wissen, habe ich die Anwendung von ›Croupison‹ im Landkreis organisiert, die Feedbacks meiner Kollegen anonym verarbeitet und ›Neomedi‹ später zur Verfügung gestellt. Die Verteilung der Medikamente lief über Wolfgang Schrober, dem Vertriebsleiter von ›Neomedi‹. Damit hatte ich nichts zu tun. Ist aber nicht weiter von Belang. Wichtig ist, dass die Liste der ›Croupison‹-Nutzer geheim bleiben musste. Über die Gründe wissen Sie inzwischen Bescheid, Herr Palzki. Daher kannte Schrober nicht die wahren Identitäten der Empfänger, sondern ausschließlich ich. Der Versand wurde daher zwecks Anonymität über eine Auslandsgesellschaft abgewickelt.« Er wartete ein paar Sekunden, bevor er fortfuhr.
»Nun kommen meine zwei Hypothesen ins Spiel. Ich weiß, dass Schrober von der Konkurrenz abgeworben wurde, selbst wenn das derzeit nicht offiziell bekannt ist. Ich denke, dass es seinem neuen Arbeitgeber eine Sonderprämie wert sein dürfte, an die Adressen teilnahmewilliger Kinderärzte zu kommen. Bei mir hatte Schrober es versucht, ist aber abgeblitzt. Ich arbeite nur mit ›Neomedi‹ zusammen. Da kam Sebastian Windeisen ins Spiel. Er wurde von Schrober bestochen und besorgte die Namen, die ich in meinem Büro verschlossen aufbewahrte. In der Tat musste ich nämlich gestern feststellen, dass meine verschlossene Schreibtischschublade manipuliert und geöffnet wurde. Der Diebstahl kann jedoch schon eine Weile her sein.«
»Wie viele Namen stehen auf dieser Liste?«, unterbrach ich ihn.
»Es handelte sich um mehrere Listen. Insgesamt sind es 25 Ärzte, auf fünf Untergruppen verteilt.«
»Warum diese Differenzierung?«
»Die Gruppierungen ergeben sich aus den verschiedenen Chargen unterschiedlicher Herstelldaten, die die Mediziner erhalten haben. Damit kann man die Qualität der Wirkstoffe langfristig beurteilen.«
»Aha, und Sie denken, dass Windeisen die Listen gestohlen hat?«
»Ja, aber wie gesagt, es ist nur eine Vermutung.«
»Was mir dabei noch nicht klar ist: Wer sollte dann Windeisen ermordet haben?«
»Das weiß ich auch nicht. Im Zusammenhang mit einem weiteren Verdacht komme ich aber auf Doktor Mayer.«
»Wieso Mayer?«, gab ich mich möglichst überrascht.
»Na ja, er geht in unserer Klinik ein und aus. Er gehört fast zum Inventar. Für ihn sollte es ein Leichtes sein, Windeisen unbemerkt umzubringen.«
»Nur weil er ein paar Listen gestohlen hat?«
»Nur ein paar Listen? Haben Sie eine Ahnung, was da an Geld dahintersteckt! Es geht dabei nicht nur um ›Croupison‹ sondern gleichermaßen um zukünftige Entwicklungen.«
»Ein wirklich starkes Motiv kann ich momentan nicht erkennen«, zweifelte ich. »Sie sprachen von einem weiteren Verdacht.«
»Ja, Sie haben gemäß Ihrem aktuellen Wissensstand sicherlich recht. Nur im Zusammenhang mit meiner anderen Vermutung bin ich auf Doktor Mayer gekommen. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob oder inwiefern er über die Vorgänge informiert war. Theoretisch
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