Schwarzkittel
Straße seit geraumer Zeit wieder frei war. Ich gab Gas. Normalerweise sollte ich mit meinem Wissensstand sofort zurück nach Schifferstadt fahren, um die weitere Vorgehensweise mit meinen Kollegen zu besprechen. Mangels Handy konnte ich nicht mal anrufen.
In eigener Verantwortung fuhr ich einen klitzekleinen Umweg über Rheingönheim. Christin und Michaels Wagen stand allein vor ihrem neuen Häuschen. Die Tür war offen, und das Haus war voller Handwerker, die beschäftigt ihrer Arbeit nachgingen. Ein wahrer Wirrwarr an diversen Leitungen lag auf dem Boden. Elektrokabel hingen von den Decken und streiften meinen Kopf. In diesem Moment entdeckte mich mein Jüngster. Paul kam wie immer mit Anlauf angeschossen und sprang an mir hoch. Ohne Begrüßung ging es gleich zur Sache.
»Papa, ein Junge fragt seinen Vater, was das für Beeren sind. ›Blaubeeren‹, antwortet der Vater. ›Warum sind die Blaubeeren denn rot‹, fragt dann der Junge. Der Vater antwortet: ›Weil sie noch grün sind.‹«
Paul fing an, laut über seinen Witz zu lachen. In diesem Moment entdeckte mich Christin.
»Aha, da kommt ja unser Casanova! Sag mal, Reiner, spinnst du komplett? Du wusstest doch, dass Stefanie zu dir kommt. Wie konntest du ihr nur so was antun?«
»Langsam, langsam«, entgegnete ich. »Du glaubst das doch hoffentlich nicht? Auch wenn der erste Eindruck vielleicht seltsam war, es gibt dafür eine ganz plausible Erklärung.«
»Na, dann bin ich aber mal gespannt. Paul, gehst du mal bitte kurz in den Garten?«
»Warum ist Paul überhaupt da?«, wollte ich wissen.
»Stefanie hat ihn vorbeigebracht, weil sie mit Melanie zum Augenarzt musste. Sie kommt aber erst in etwa zwei Stunden zurück.«
»Schade, ich muss gleich wieder ins Büro. Könntest du ihr etwas ausrichten?«
»Dann schieß mal los mit deiner Geschichte.«
Ich erzählte ihr, was an jenem Abend passiert war. Christins Augen wurden größer und größer. Als ich endete, meinte sie nur: »Das ist die unglaublichste Geschichte, die ich je gehört habe. So etwas kannst du dir nicht ausdenken, dazu fehlt dir die Fantasie.«
»Danke für das Kompliment«, erwiderte ich. »Du glaubst mir also?«
»Natürlich glaube ich dir. Stefanie wird dir ebenfalls glauben. Sie war gestern mit der Situation nur völlig überfordert. Nachdem sie sich bei mir ausgeweint hatte, ging es ihr wieder besser. Trotzdem, ich glaube du hast ihr damit wirklich zu einer schlaflosen Nacht verholfen.«
»Aber ich konnte doch nichts dafür!«
»Sagen wir mal, gestern konntest du nichts dafür. Vor gut 20 Jahren sah das anders aus.«
»Ja, ja, lass meine Jugendsünden aus dem Spiel.«
»Okay, ich werde Stefanie nachher berichten, wer das junge Ding wirklich ist. Kann sie dich später erreichen?«
»Ich weiß es nicht, Christin. Heute Morgen gab es einen weiteren Mord. Ich denke, wir stehen kurz davor, den mutmaßlichen Täter zu schnappen. Verdammt, ich weiß nicht, was in den nächsten Stunden noch alles passieren wird. Vielleicht sollte ich mir die Karten legen lassen?«
»Oh, seit wann bist du esoterisch veranlagt? Aber wenn du willst, kann ich mal zu meiner Freundin gehen, die legt Tarotkarten.«
»Verschon mich bitte mit dem Zeug. Mir ist es so was von egal, wo der Pluto und der Saturn am Himmel stehen, ich will bloß mit Stefanie ins Reine kommen.«
Kurze Zeit später hatte ich mich von Christin mit der Absicht verabschiedet, mich möglichst noch heute bei Stefanie zu melden. Sie steckte mir zum Abschied eine Tüte mit Croissants zu, die eigentlich für die Bauarbeiter gedacht gewesen waren. Paul sprang mir bis zum Auto nach und erzählte mir einen absolut nicht jugendfreien Witz.
18.es gibt viel zu besprechen
Mampfend fuhr ich ins Büro. Wie es so sein musste, landete rund die Hälfte des Blätterteigs auf Sitz, Hose und Fahrzeugboden. Gerhard würde mich steinigen, wahrscheinlich hatte sein Auto durch die Krümel schlagartig die Hälfte seines Wertes verloren. Ich versuchte, die Reste mit der Hand zusammenzuwischen, was die Sauerei insgesamt nur verschlimmerte. Mir fiel ein, dass mir irgendein Klugscheißer mal erklärt hatte, dass der Blätterteig der Croissants nicht aus Blätterteig sondern aus Hefeteig bestand. Der Sauerei im Auto war das egal.
Ich parkte Gerhards Fahrzeug auf dem hintersten Parkplatz der Kriminalinspektion. Im Flur des Gebäudes angekommen, zog ich mir aus dem Kaltgetränkeautomaten eine Cola. Ich war überaus dankbar, als tatsächlich eine Flasche der
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