Schwarzlicht (German Edition)
eidesstattliche Versicherung hinaus gebe ich Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern Nordrhein-Westfalens und der gesamten deutschen Öffentlichkeit, mein Ehrenwort, ich wiederhole: mein Ehrenwort …
Der Flughafen Zürich, die Innenstadt, Passanten, der See. Falsche Jahreszeit, stellte Vincent fest. Der weiße Balken mit Schrift: Archivbilder . Der Rheinfall bei Schaffhausen, der schäumende Fluss und ein grün bewachsener Felsen mit Schweizer Fahne. Dann wieder ein zerknitterter Vincent Veih, von unten drängte der zottelige Windschutz ins Bild.
Nach Lage der Spuren wurde er niedergeschlagen und in ein Schwimmbecken geworfen, wo er ertrank.
Also Mord?
Vorsatz kommt in Betracht, also ermitteln wir in einer Mordsache .
Zu Zeitlupenbildern eines strahlenden, von einem Podium winkenden Wahlkämpfers Walter Castorp erwähnte die Reporterin, dass dessen Ehrenwort-Versicherung auch von Parteifreunden angezweifelt, ja, mit Häme überschüttet worden war. Sein Rücktritt sei allgemein erwartet worden.
Zur Stunde hat die Polizei keinen Hinweis darauf, dass der Mord an Walter Castorp auf einen politischen Hintergrund zurückzuführen ist .
Schnitt auf die zwei Moderatoren im Studio. Die Frau kündigte einen Beitrag darüber an, wie die Parteienvertreter auf den überraschenden Tod des Ministerpräsidenten reagierten. Mehr oder weniger wichtige Landespolitiker sagten ernste Sätze in die Kamera. Oppositionsführerin Simoniak sprach von einem Schockmoment der deutschen Geschichte. Die Bundeskanzlerin drückte ihre Bestürzung aus und ihr Mitgefühl mit den Hinterbliebenen.
Dann eine Würdigung Castorps, sein Werdegang im Zeitraffer, eine glänzende Erfolgsstory: der junge Abgeordnete aus Bochum, Bundesschatzmeister seiner Partei, die Vereidigung als Ministerpräsident, Urlaub mit Ehefrau Simone auf einer Yacht, die RheinBank-Boss Dingendorff gehörte. Zuletzt ein Handshake mit der Kanzlerin, als deren möglicher Kronprinz er gegolten hatte – oder gefährlichster Rivale, je nach Blickwinkel.
Themenwechsel: Massenkarambolage auf der A3 bei Leverkusen. Vincent schaltete das Gerät aus. Beim Aufstehen pikste es im Knie. Ihm fiel Staatsanwalt Kilian ein, der wegen eines Meniskusschadens an keinem Lauf mehr teilnehmen konnte – schrecklicher Gedanke.
«Du führst die Ermittlungen selber?», fragte sein einstiger Kriminalwachen-Partner.
«Ja, und die Behördenleitung macht sich in die Hosen beim Gedanken, ich könnte noch vor dem Wahltag erfolgreich sein.»
«Vielleicht hat Castorp ein paar Mal zu oft den Austritt Griechenlands aus der Eurozone gefordert, und die Kanzlerin ließ ihn deshalb beseitigen.» Ingo grinste, als halte er seinen Scherz für gelungen.
«Du leitest jetzt also ausgerechnet das Kommissariat für Rauschgiftsachen.»
«Was willst du damit sagen?»
«Weißt du noch, wie wir als K-Wache gegen diesen Dealer ermittelt haben?»
«Wovon redest du?»
«Ich erinnere mich, dass du ganz scharf auf den Fall warst.»
«Ach, du meinst den Einsatz mit deiner alten Freundin.»
«In letzter Zeit muss ich immer wieder daran denken. Wie dieser Typ …»
«Lass gut sein, Vinnie. Blümchen wollte es so.»
«Ich hab sie zum Mitmachen überredet.»
«Na und? Dadurch haben wir den Dealer gekriegt. Und noch so einiges. Gute Beurteilungen, Beförderungen. Das, was wir heute sind, Mann. Tina Blume hat es überlebt.»
«Was sie heute wohl treibt?»
«Keine Ahnung. Shit, ey, so genau willst du das gar nicht wissen. Denk nicht an Blümchen. Sie ist ’ne Nutte unter Tausenden. Macht die Beine breit. Kokst und knallt sich die Birne zu.» Ingo griff nach seinem Pullover. «Ich muss los. Entspann dich, Vinnie. Siehst müde aus. Guck ein bisschen Glotze. Wetten, dass es gleich wieder um deinen Fall gehen wird? Das Programm wird heute voll mit Castorp sein.»
Vor der Tür klatschten sie sich ab wie beste Kumpels, aber Vincent hatte das Gefühl, dass sich die Jahre zwischen sie gedrängt hatten.
29
Der Klingelton seines Handys ließ Vincent zurück ins Zimmer eilen.
Er dachte an Nina, aber es war nicht ihre Stimme.
«Ich habe dich gerade in der Aktuellen Stunde gesehen.»
«Brigitte?»
«Du warst gut. Korrekt und eiskalt. Dein Opa wäre stolz auf dich gewesen.»
«Lass ihn bitte aus dem Spiel.»
«Warum sagst du eigentlich niemals ‹Mama› zu mir?»
«Vielleicht, weil das nicht zu einem Bullenschwein passt?»
«Tut mir leid wegen gestern. Narren und Mütter sagen nun einmal die Wahrheit.»
Und Betrunkene,
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