Schwarzlicht (German Edition)
als sei die Beförderung bereits perfekt.
«Freut mich sehr», sagte die Oppositionschefin. «Wie man hört, kommen Sie im Fall Castorp rascher voran, als es manchen in der CDU lieb ist.»
«Kollege Veih ist einer unserer Besten.»
«Solche Leute brauchen wir. Wer hat Ihrer Meinung nach Walter Castorp auf dem Gewissen, Herr Veih?»
Vincent tauschte einen Blick mit seinem Vorgesetzten. «Im Moment gehen wir verschiedenen Spuren nach.»
«Und auf was tippen Sie?»
«Bitte verstehen Sie, dass ich keine Auskunft über laufende Ermittlungen geben kann.»
«Dann verrate ich Ihnen etwas, Herr Veih: Walter Castorp wurde von den eigenen Leuten abserviert, weil er der Kanzlerin lästig wurde.»
«Aha.»
«Und der perfide Lauschangriff auf unsere Landtagsbüros war nur die Spitze eines Eisbergs. Meine Mitarbeiter munkeln, dass die Presse noch einiges in petto hat. Da tut sich ein Sumpf auf, Herr Veih, und wir werden diesen Sumpf austrocknen.»
«Mir geht es um die Wahrheit. Nicht um einen bestimmten Wahlausgang.»
«Das ist exakt die richtige Einstellung. Wir bleiben unbedingt in Kontakt, ja? Ach, entschuldigen Sie mich bitte, Herr Veih, Herr Engel?»
Damit ließ sie die Beamten stehen, denn ein Parteihelfer signalisierte ihr, dass ein Zeitungsfritze sie um ein weiteres Foto bat. Baulöwe Osterkamp und der Professor mit dem Scheck standen schon bereit.
Vincent fühlte sich wie unter Strom. Diese Augen, diese Ausstrahlung. Lass dich nicht einwickeln, sagte er sich. Letztlich war auch das nur ein weiterer Versuch gewesen, Druck auszuüben. Erst ein CDU-Mann aus dem Kanzleramt, jetzt die SPD-Kandidatin. Und der Kripochef hatte sich dafür hergegeben, ihn der Politikerin zuzuführen.
«Verdammt, was meinen Sie?», fragte Engel, den Blick nicht von Martina Simoniak wendend. «Hat sie etwas drauf oder nicht?»
«Zumindest kann sie sich Namen merken.»
31
Es gab Shrimps auf Artischockenböden, rohen Thunfisch auf Blinis und Roastbeefröllchen mit irgendeiner Füllung, kunstvoll garniert und garantiert teuer. Während sich der Kripochef den Teller füllte, überlegte Vincent, wie er sich am besten verdrücken könnte. Dann siegte sein Hunger, und er griff ebenfalls zu.
Sein Handy vibrierte, er hatte den Klingelton auf «stumm» gestellt. In Ermangelung einer Serviette wischte er sich die Finger an der Jeans ab.
«Hier Veih.»
«Hallo, Vincent. Bin gerade am Flughafen.» Bruno Wegmanns sonorer Bass.
«Flughafen?»
«Du hast doch gesagt, ich soll die Frau von der Werbeagentur abfangen, wenn sie aus London zurückkommt. Volltreffer!»
Vincent erinnerte sich. Eine weitere Person, die den Ministerpräsidenten bei der Rückkehr aus der Schweiz in Osterkamps Bürohaus gesichtet hatte.
«Sie kann die beiden Aktenkoffer exakt beschreiben, denn sie hat selbst ein Ding dieser Marke. Reptilienleder, Messingbeschläge, superschick. Der Hersteller heißt Ermene …» Bruno schien nachzufragen, offenbar stand die Frau neben ihm. «… Ermenegildo Carofiglio .»
«Danke. Bist ein wahrer Champion.»
«Morgen beschaffe ich uns Fotos, die wir an die Presse geben können.»
Vincent bedankte sich noch einmal, wog das Mobiltelefon in seiner Hand, dann unternahm er einen erneuten Versuch und rief Nina an. Wieder nur die Mailbox.
Sie ist bei Jens Künzel, überlegte er. Der einmalige Ausrutscher – selig, wer’s glaubt.
Als Vincent aufschaute, stand Osterkamp vor ihm. Mehr Bräune im Gesicht als gestern, die Haare frisch gefärbt – das Grau am Ansatz war verschwunden.
«Was macht die Arbeit, Herr Kommissar?»
Vincent steckte das Handy weg. «Geht voran.»
«Sie haben mich gestern Abend ganz schön rangenommen und das Penthouse gründlich auf den Kopf gestellt. Das imponiert mir. Falls Sie sich einmal verbessern wollen, sollten Sie sich unbedingt bei mir melden.»
«Verbessern?»
«Ich bin hochgradig dabei, die Sicherheitssparte meines Unternehmens neu aufzustellen, und könnte jemanden wie Sie gebrauchen. Lassen Sie sich das mal durch den Kopf gehen, Herr Veih.»
Der Baulöwe tätschelte Vincents Schulter und zog weiter. Noch einer, der sich Namen merkt, dachte Vincent.
Sein Blick fiel auf Martina Simoniak, die einer Gruppe junger Leute Autogramme gab. Wieder musste er an die Sozialarbeiterin von damals denken. Den zwölfjährigen Jackson hatte sie abgeholt und ins Heim gesteckt. Ein herber Verlust für die Clique, denn der Knirps hatte beim Schnorren stets gute Ernte eingefahren. Nur Blümchen war noch fleißiger
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