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- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken

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Titel: - Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Radloff
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nicht entgegengekommen?«
    »Nein.« Stephans setzte sich in Bewegung und unterzog die Wohnung einer schnellen, aber gründlichen Durchsuchung. Er schaute hinter jede Tür, öffnete die Schränke und ließ sich im Schlafzimmer auf Hände und Knie nieder, um unter das Bett zu schauen. Dabei legte er eine solche Selbstverständlichkeit an den Tag, dass Rebekka nicht auf die Idee kam, ihm Einhalt zu gebieten.
    Der Anonymisierer lag auf dem Wohnzimmertisch. Mithilfe eines Taschentuchs hob Stephans ihn auf.
    »Wenn das Ding noch hier ist, kann Meph nicht weit sein«, sagte Rebekka. »Ohne kann er nicht ins Netz.«
    »Jedenfalls nicht anonym«, gab Stephans zu bedenken. »Er kann sich immer noch als Martin Effenberger einloggen. Allerdings würde er damit augenblicklich einen Großalarm auslösen.«
    »Was ist mit Gesichtserkennung? Können Sie nicht auf irgendwelchen Kameras nachschauen, wo er ist?«
    »Nicht nur ich kann das. In Ihrer Straße gibt es genügend Kameramasten. Meph würde keine zwanzig Meter weit kommen. Er weiß das, und darum kann ich mir nicht vorstellen, dass er das Haus verlassen hat. Es sei denn … Gibt es einen Zugang zum Dach?«
    Sie nickte.
    »Möglicherweise versucht er, über die Häuserdächer zu fliehen. In diesem Fall wird es ebenfalls nicht lange dauern, bis Litteks Satellitenkameras ihn bemerken.« Stephans machte sich auf den Weg zur Wohnungstür. »Ich sehe oben nach. Ziehen Sie sich in der Zwischenzeit etwas an.«
    Er blieb nicht lange weg, und als er zurückkehrte, hatte er von Meph keine Spur gefunden. Rebekkas Hoffnung zerstob. »Er hat recht behalten«, murmelte sie leise. »Ich habe das IKM zu ihm geführt.«
    »Nein, das war er selbst.« Stephans klappte sein Pad auf. Der Projektor zeigte ein grob gepixeltes Gesicht. Es lag im Schatten und schien durch eine Zerrlinse aufgenommen worden zu sein; die Nase war zu groß, das Kinn zu dicht bei den Augenbrauen. Trotzdem erkannte Rebekka das Gesicht auf Anhieb. Es war ihr eigenes. »Wenn Meph seine Videoclips aufnahm, saßen Sie ihm gegenüber«, stellte Stephans fest. »Dabei spiegelte sich Ihr Gesicht in seinen Augen. Sie waren die ganze Zeit in unserem Blickfeld. Wir haben nur nicht richtig hingeschaut.«
    »Wir? Ich dachte, Sie ermitteln auf eigene Faust.«
    »Ein Freund im Ministerium hilft mir, den Ort von Mephs Versteck zurückzuhalten. Bald wird die Information durchsickern, aber vor dem Großalarm wollte ich unbedingt alleine mit ihm sprechen. Doch wie es aussieht, habe ich alles nur noch schlimmer gemacht.«
    »Was werden Sie jetzt tun?«, fragte Rebekka.
    Stephans holte ein abgenutztes Tablettenröhrchen aus der Tasche, das nach alten Socken roch. Er holte eine weiße Pille heraus und schluckte sie. »Ich nehme Sie mit ins Ministerium. Wenn wir Glück haben, entdecken wir ihn auf den Satellitenbildern, bevor die IKM-Computer es tun.«
    »Und wenn wir kein Glück haben?«
    Er straffte sich. »Ich wasche meinen Arm ab, dann fahren wir los.«

// / 18

    Als die Aufzugtüren aufgingen, wandte sich Littek nicht nach links, wo sein Wagen stand, sondern in die entgegengesetzte Richtung. An der Ecke des Aufzugschachts ging er in die Hocke, band seinen Schuh neu und sah sich dabei verstohlen um. Die Tiefgarage war leer bis auf einige geparkte Autos. Das einzige Geräusch kam von den Überwachungskameras, die vor sich hinsurrten, während sie wie elektrische Voyeure die Stereoblicke schweifen ließen. Als Littek sich überzeugt hatte, dass er allein war, stand er auf und quetschte sich in den toten Winkel neben dem Aufzugschacht, wo ihn keine Kamera sehen und er sich endlich am Gesäß kratzen konnte.
    Sein Seufzer ging in ein heftiges Gähnen über. Er war so erschöpft, dass er den toten Winkel nicht gleich wieder verließ, sondern sich einen Moment des Alleinseins gönnte. Das war ein gefährlicher Luxus. Es war nicht offiziell verboten, den Sichtbereich der Kameras zu verlassen, aber man machte sich dadurch verdächtig. Im Ministerium gab es nur wenige blinde Flecken, und in keinen von ihnen konnte man zufällig hineingeraten. Aber Littek wusste, wie der Hase lief. Selbst wenn sie wollten, konnten die Leute in der Sicherheitszentrale nicht alle Kamerabilder im Auge behalten, und die Nachtschicht gab sich ohnehin keine große Mühe. Für eine Weile war er hier sicher.
    Wieder gähnte er. Wann hatte er das letzte Mal länger als vier Stunden am Stück geschlafen? Er erinnerte sich nicht, was seine Laune noch weiter verschlechterte.

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