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- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken

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Titel: - Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Radloff
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den Sprechknopf für die Funkverbindung zur Basis. »Hier spricht Sperber Zwo. Es besteht Kommunikation mit Flug 799. Man fordert uns auf, nicht zu schießen. Widerrufen Sie den Feuerbefehl!«
    »Schluss jetzt!« Marcos‘ Stimme bebte vor Wut. »Hier oben tust du, was ich dir sage!«
    »Willst du Hunderte von Zivilisten auf dem Gewissen haben?«
    »Du wirst Tausende auf dem Gewissen haben, wenn sie die Maschine in ein Atomkraftwerk oder den Regierungspalast lenken! Tu gefälligst deine Pflicht, oder ich sorge dafür, dass du bis an dein Lebensende Triebwerke polierst!«
    »Viele Menschen werden sterben. Wir können das verhindern!«
    »Genau das habe ich vor.« Er betätigte den Feuerknopf.
    Meph hatte immer geglaubt, im Augenblick seines Todes würde das Leben wie ein Film an ihm vorbeiziehen. Aber es war kein Film. Es war ein Computerspiel, eins mit fotorealistischer Grafik und bombastischem Sound.
    Die Notbeleuchtung tauchte die Kabine in gespenstisches blaues Licht, aber Meph sah die Panik in den Augen der Passagiere so deutlich wie seine eigene Hand. Schreie zerrten an seinen Trommelfellen und übertönten die Einschläge der Geschosse. Er spürte mehr, als dass er es hörte, wie der Rumpf des Airbus unter den Treffern erzitterte. Die Simulation war so perfekt, dass er verschmortes Plastik roch und fühlte, wie ihm seine Sauerstoffmaske gegen die Stirn schlug.
    Mit sieben oder acht Jahren hatte er einmal ein Netzteil aufgeschraubt, ohne vorher den Stecker zu ziehen, aber seine Mutter war hinzugekommen, bevor er sich einen Stromschlag hatte holen können. Und als der Fernsehturm fiel und Tausende unter sich begrub, saß er im PC-Baang in Spandau und feilte an Aquarius , mit dem er kurz darauf den Durchbruch schaffen sollte. Erst hier und jetzt war Mephs Leben zum ersten Mal in Gefahr. Aber er hatte keine Angst. Er war sauer. Es war nicht fair, dass sein Tod derart willkürlich sein sollte. Wenn er geahnt hätte, dass Flug 799 abgeschossen werden sollte, hätte er einen anderen buchen können. Wahrscheinlich hätte er es nicht getan, aber wenigstens wäre er nicht um eine Chance betrogen worden. So wurde sein Tod vom Zufallsgenerator bestimmt. Das war schlechtes Spieldesign.
    Er spürte, wie ihm die Realität zu entgleiten drohte. Er würde sterben, und gespeicherte Spielstände gab es nicht. Er sollte seine letzten Augenblicke für etwas Besseres nutzen als zum Durchdrehen. Doch in seinem Gehirn herrschte Systemabsturz. Die Prozessoren liefen unter Volllast, der Speicher war leer gefegt.
    Nicht ganz leer. Aus den wirbelnden Gedanken schälte sich ein Bild heraus, so wie eines dieser Stereobilder, die zunächst nur sinnlose Muster zeigen, bis man auf die richtige Weise daran vorbeischaut. Irgendwann setzt das Gehirn die in den Mustern enthaltenen Informationen zusammen und erzeugt eine dreidimensionale optische Täuschung, ein Bild, das gar nicht existiert: einen Vogel, der geisterhaft im Raum schwebt, oder eine Laserwaffe aus Silent Ninja .
    Was Meph sah, war ein menschliches Gesicht. Glatte blonde Haare ließen es schmaler wirken, als es war. Zu dem Gesicht gehörte eine Kopfbewegung, bei der man immer erst nachher wusste, ob sie Ja oder Nein bedeutet hatte, und eine helle Stimme, von der Meph geglaubt hatte, er hätte sie vergessen. Staunend erkannte er Maria.
    Das Flugzeug sackte ein Stück nach unten. Das eGalaxy machte einen Satz. Reflexartig griff Meph zu und fing es in der Luft auf. Eine Statusmeldung von Compadre füllte einen Teil der Projektion aus. Ein neues Pad befindet sich in Verbindungsreichweite. Möchten Sie eine Verbindung aufbauen?
    Verwirrt betrachtete Meph die dreidimensionale Punktwolke. Das Zittern seiner Hände übertrug sich auf die Projektion, aber das frisch geortete Pad war dennoch leicht auszumachen. Es war so weit von den anderen entfernt, dass es sich außerhalb des Airbus befinden musste. Aber da war nichts, abgesehen von den beiden Kampfjets, die im Begriff waren, sie abzuschießen. Möchten Sie eine Verbindung aufbauen?
    Seine Finger zitterten so sehr, dass es ihm erst im dritten Anlauf gelang, auf Ja zu tippen.
    Das Wummern der Bordkanone war verstummt, aber Rebekkas Kopf dröhnte weiter. Flug 799 zog eine dichte Rauchfahne hinter sich her. Die Maschine schlingerte, hielt sich aber in der Luft. Auf ihren Displays sah sie, wie Marcos die beiden Iris-T scharfmachte. Er wollte den Airbus also mit Raketen vom Himmel holen.
    Eine weitere Anzeige blinkte. Sie musste sich über die

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