- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken
Augen wischen, um zu erkennen, dass ihr Pad sie aufforderte, den Fingersensor zu betätigen. Rebekka versuchte eine ganze Weile, ihren rechten Handschuh auszuziehen, bis sie bemerkte, dass sie ihn gar nicht mehr trug. Auf ihrem Bildschirm erschien ein neues Fenster, in dem rote Worte auf gelbem Grund blinkten. Jemand musste sie in fliegender Hast geschrieben haben, aber die Rechtschreibfehler taten dem Inhalt keinen Abbruch.
»Feuer einstellen!«, schrie sie durchs Cockpit. »Sie haben technische Probleme! Marcos, hör auf zu schießen!«
Als er nicht antwortete, packte sie seinen Helm und schüttelte ihn. Der Tornado geriet ins Schlingern. Mühsam brachte Marcos den Bomber wieder unter Kontrolle. »Blöde Schlampe! Willst du uns umbringen?«
»Jemand an Bord von Flug 799 hat Kontakt zu mir aufgenommen. Er sagt, sie haben technische Probleme. Lies selbst!« Sie warf ihr Pad durch das enge Cockpit nach vorne. Es landete auf Marcos‘ Knien und fiel unbeachtet in den Fußraum.
Als der Hauptmann sprach, bebte seine Stimme vor Wut. »Oberleutnant Meyer, noch ein einziges Wort und Sie werden es bereuen.« Sein Finger legte sich auf den Feuerknopf.
Rebekka zog ihre Dienstwaffe aus dem Achselholster und presste sie von hinten gegen Marcos‘ Helm. Weil er nicht sehen konnte, was sie tat, lud sie die Pistole durch. Eine Patrone sprang klackernd durch das Cockpit.
»Ich sagte, Feuer einstellen.«
Sie spürte, wie er sich versteifte. »Du willst mich wirklich erschießen?« Brent versuchte, spöttisch zu klingen, aber es gelang ihm nicht.
»Der Feuerbefehl ist hinfällig. Ich lasse nicht zu, dass du abdrückst.«
»Du kannst den Tornado von deinem Sitz aus nicht steuern. Wenn du mich umbringst, stürzt du mit mir ab.«
»Glaubst du, das interessiert mich jetzt noch?«, brüllte sie. Sie drückte die Mündung der Waffe fester gegen seinen Helm, damit er nicht merkte, wie heftig sie zitterte. »Nimm einfach den Finger vom Knopf, okay?«
»Wie du willst.« Jeder Spott war aus Marcos‘ Stimme verschwunden. Vorsichtig nahm er beide Hände vom Steuerruder. »Ganz ruhig, Rebekka. Siehst du, ich tue, was du willst. Du kannst die Waffe wieder einstecken.«
Sie tat nichts dergleichen.
»Wie lange willst du mich bedrohen?«, fragte er. »Bis uns der Sprit ausgeht?«
Trotz des Betriebslärms war es im Cockpit totenstill. Rebekka zählte ihre Herzschläge. Sie war bei dreiundvierzig angekommen, als das Funkgerät knackte. Vor Schreck biss sie sich auf die Lippe.
»Hier spricht der Pilot von Flug 799. Stellen Sie das Feuer ein. Ich wiederhole: Feuer einstellen. Unsere gesamte Bordelektronik war ausgefallen, auch der Funk, aber die Situation ist unter Kontrolle. Es gibt keinen Grund, weiter zu schießen.«
Hinter den Fenstern des Airbus brannte wieder Licht. Trotzdem nahm Rebekka die Pistole erst herunter, als die Basis den Feuerbefehl aufhob.
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Mit festen Schritten, die ihre Unruhe kaschieren sollten, betrat Rebekka den Raum. In respektvollem Abstand vor dem Stabstisch blieb sie stehen und nahm Habachtstellung ein. Die große Tischplatte bestand aus dunklem Holz, das auf den ersten Blick wie Eiche aussah. An jedem Platz wies sie eine rechteckige Vertiefung mit den Abmessungen eines Siemens 2100 auf, dem Standardpad der Luftwaffe. Obwohl Rebekka von vier Personen erwartet wurde, waren nur drei Vertiefungen belegt.
Die drei Uniformierten kannte sie. Der ohne Pad war Zivilist und saß ein Stück abseits. Alles an ihm war farblos. Gesicht und Hände wirkten bleich mit einem Stich in Bläuliche, und sein gemusterter schwarzer Anzug schien so wenig schwarz zu sein, dass Rebekka glaubte, durch ihn hindurchsehen zu können. Dann erkannte sie, dass das orientalische Muster von den Fliesen an der Wand hinter dem Mann stammte. Vor ihr befand sich eine 3D-Projektion. Der zugehörige Mensch hielt sich irgendwo anders auf; im Nebenraum oder auf der anderen Seite des Planeten. Verstohlen schaute Rebekka sich nach den Kameras um, die in diesem Moment ihr räumliches Bild erzeugten und innerhalb von Millisekunden an den Mann im Anzug sendeten.
Oberst Kravcyk richtete das Wort an sie. »Oberleutnant Meyer, bitte nehmen Sie Platz.« Der Kommandant des Luftwaffenstützpunkts Quetta klang nicht besonders freundlich, aber das tat er nie.
Rebekka setzte sich und legte die Hände auf die Oberschenkel. Sie wusste immer noch nicht, was sie erwartete. Die Feldjäger, die ihr nach der Landung die Pistole abgenommen und sie nicht aus den
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