- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken
Ich habe ihm in die Augen gesehen, und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass er ein Terrorist sein soll.«
»Bis vor drei Jahren hatte sich auch niemand vorstellen können, dass jemand den Alexanderplatz in ein Massengrab verwandelt«, entgegnete Littek. »Es war Ihre Pflicht, Effenberger festzuhalten, allein schon, um ihn wegen seiner Straftaten dem Haftrichter vorzuführen.«
»Er hat seine Strafe erhalten. Wenn Sie mir nicht glauben, schauen Sie sich noch einmal an, wie er mit der Raygun bearbeitet wird. Am liebsten hätte ich ihn ohne Verhör nach Hause geschickt.«
»Das hätten Sie bis an Ihr Lebensende bereut!«
Westphals mühsam beherrschter Tonfall ließ Stephans schlucken. »Herr Minister?«
»Das IKM ist die erste und letzte Bastion für die Sicherheit Deutschlands«, sagte Westphal scharf. »Wir haben hier keinen Platz für Idealisten. Mitarbeiter, die Ihre Pflicht vernachlässigen oder zögern, das Notwendige zu tun, haben in diesem Haus keine Zukunft. Ist das klar?!«
»Klipp und klar, Herr Minister«, sagte Stephans betreten. Neben ihm glühte Littek vor Zufriedenheit. Aber vielleicht war das auch nur Stephans eigener, hochroter Kopf.
»Gut. Kommissar Stephans, sind Sie der Ansicht, dass Martin Effenberger mit Schattenmenschen in Kontakt steht?«, fragte Westphal, als sei nichts geschehen.
»Ich halte es für möglich«, antwortete Stephans vorsichtig. »Aber wenn, dann weiß er nichts von ihren Tätigkeiten.«
»Können Sie diesen David aufspüren?«
»Ich lasse Effenbergers gesamten Datenverkehr mitschneiden, und zwar auf der Ebene der Paketvermittlung. Wenn er das nächste Mal ein Compadre -Gespräch führt, können wir die Adressaufkleber auf den Paketen anschauen. Dann erfahren wir nicht nur, was gesprochen wird, sondern wir können die Daten auch bis zur Quelle zurückverfolgen.«
»Lassen Sie Effenberger observieren?«
»Es erschien mir nicht notwendig. Er ist ein Livestreamer. Und selbst wenn er seine Kamera abschaltet, können wir jederzeit sein Pad orten.«
»Das genügt mir nicht. Ich will, dass er auf Schritt und Tritt beobachtet wird. Und sperren Sie seinen Reisepass. Er soll das Land nicht verlassen können.«
»Wie Sie wünschen. Heißt das …?«
»Sie behalten den Fall – vorerst jedenfalls. Aber ich verspreche Ihnen, wenn Sie sich noch einmal von Ihren persönlichen Gefühlen beeinflussen lassen, dann knipse ich Sie aus.«
»Danke, Herr Westphal.« Stephans dachte lieber nicht darüber nach, wie diese Bemerkung zu verstehen war.
»Und Sie«, fügte Westphal in Litteks Richtung hinzu, »werden den Fall beobachten und mir regelmäßig Bericht erstatten.«
»Vielen Dank für Ihr Vertrauen, Herr Minister«, erwiderte Littek triumphierend. »Ich werde Sie nicht enttäuschen.«
»Machen Sie sich an die Arbeit. Und denken Sie daran: Sobald der Webclip von Effenbergers Folter im Netz die Runde macht, steht er unter extremem Druck. Er kann dann nicht mehr den Kopf in den Sand stecken, er muss agieren. Ich will, dass Sie herausfinden, was er tun wird, bevor er es selber weiß. Sie können gehen.«
Das Bild ist von schlechter Qualität. Mephs Silhouette zeichnet sich vor einem dunklen Hintergrund ab. Wenn er in die Kamera schaut, spiegelt sich eine Straßenlampe in seinen Pupillen, aber sein Blick verharrt nie lange an einem Ort. Hinter ihm sind Mauern, ein Garagentor. Geballte Wolken verheißen Regen. Irgendwo bellt ein Hund.
»Dies geht an meine sogenannten Friends, die nichts mehr mit mir zu tun haben wollen. Also an alle. Verpisst euch! Löscht mich aus eurer Friends-Liste! Ich will von euch auch nichts mehr wissen. Ach, und Olli: Schieb dir deine Angst ums Geschäft dahin, wo Cat Tail Girl ihren Schwanz stecken hat. Ich habe sowieso nie gerne in deiner Klitsche gewohnt.« Meph zeigt der Kamera den Mittelfinger.
»Die ganzen Gerüchte über mich sind falsch«, fährt er regelrecht flehend fort. »Ich bin kein Terrorist, und ich spitzele auch nicht für das IKM. Ich habe denen nichts gesagt, nicht ein Bit! Und das Video ist kein Fake. Die haben mich wirklich gefoltert. Wir reden hier von Mikrowellenstrahlung, auf die Schmerzrezeptoren des menschlichen Körpers justiert. Wenn ihr mir nicht glaubt, dann triggert den Begriff ›Raygun ‹ .« Das Wort wird in der Bildmitte eingeblendet. »Ihr werdet sehen, dass ich ein Opfer bin. Erst wurde mein Flugzeug beinahe abgeschossen, und jetzt das. Wie viele Beweise braucht es noch? Aber ich habe genug. ›Ich
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