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- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken

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Titel: - Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Radloff
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kooperiere doch ‹ – das könnt ihr deinstallieren.«
    Er leckt sich über die Lippen. »An die Person, die die Gedankendrohnen steuert: Ich muss dich sprechen. Dringend. Morgen um 12 Uhr werde ich dort sein, wo Connor das erste Mal mit Lundi Kontakt hatte. Du hast es selbst gesagt, und du hattest recht. Bitte lass mich nicht hängen.«
    Er greift nach der Kamera. Die Nachricht endet, und auf dem Bildschirmfenster erscheint das dreieckige Play-Zeichen, um den Clip ein weiteres Mal abzuspielen.

// / 9

    Die letzte funktionierende Telefonzelle Deutschlands war ein Dinosaurier, ein übrig gebliebenes Exemplar einer ausgestorbenen Spezies. Bei ihr handelte es sich nicht um eine dieser Metallsäulen mit den zu kleinen Plexiglasdächern, wie man sie hier und da noch an Bahnhöfen oder Taxiständen finden konnte und die seit Jahren außer Betrieb waren. Diese Telefonzelle war eines der kleinen gelben Häuschen, die es sonst nur noch in Wiederholungen von Derrick gab, mit abgerundeten Kanten und einem gleichfalls runden Türgriff. Im Gewitterlicht hob sie sich wie ausgestanzt vor der Havel ab. Es war ein spektakuläres Bild, das Meph unter anderen Umständen zu einem neuen Design inspiriert hätte. Doch heute war er zu aufgewühlt, um einen zweiten Blick darauf zu verschwenden.
    Regen kam auf, als er die Bushaltestelle Glienicker Brücke hinter sich ließ. Dunkle Flecken sprenkelten den Asphalt, und ein Bus überholte ihn mit laufenden Scheibenwischern. Meph schätzte die Entfernung zu dem gelben Häuschen ab und begann zu laufen.
    Das Unwetter brach über ihn herein, bevor er die halbe Strecke zurückgelegt hatte. Als er endlich die Tür der Telefonzelle hinter sich zuzog, liefen ihm kleine Sturzbäche vom Helm in den Kragen. Die Zelle war eng und roch nach nassem Hund. Meph blies gegen die Kälte in seinen Fingern an, dann fummelte er am Kinnriemen herum und lockerte den Helm. Wenigstens war es trocken, wenn man von der Pfütze absah, die sich zu seinen Füßen bildete und die ihn daran erinnerte, wie sein Leben in den vergangenen Tagen den Bach hinuntergegangen war.
    Die Entführung durch die Männer vom IKM, das Verhör, seine unerwartete Freilassung, der Siegeszug von »Ich kooperiere doch!« im Netz und Mephs vergiftete Berühmtheit. Olli, dem der Ruf seines PC-Baang wichtiger war als ein alter Friend. Die Nacht in einem zugigen Hauseingang, nachdem auch der letzte I-Café-Betreiber Berlins den Clip gesehen und begriffen hatte, dass Meph gleichbedeutend war mit Scherereien mit dem IKM. Keine Rize mehr, und Mephs übliche Quellen drückten seine Anrufe weg. Und die ganze Zeit über wurde er das Gefühl nicht los, dass er verfolgt wurde.
    Er wischte über die beschlagene Fensterscheibe und sah hinaus. Der Regen fiel jetzt wie eine kompakte Masse. Obwohl er die Stirn ans Glas legte, konnte er draußen nicht viel mehr ausmachen als die Lichter der Autos und die Laternen zu beiden Seiten der Brücke. Selbst wenn sie ihm wirklich auf den Fersen waren, konnte sich bei diesem Wetter ein Dutzend Verfolger problemlos verbergen.
    Wieder fragte Meph sich, ob David anrufen würde. Die Telefonzelle war sein letzter Strohhalm. Wenn sie sich als totes Ende entpuppte …
    Etwas schlug von außen gegen die Scheibe. Meph prallte zurück. Unter der gepanzerten Weste schlug sein Herz in einem schnellen, schmerzhaften Rhythmus, der auch dann weiterging, als Meph begriff, dass es nur der Wasserschwall eines vorbeifahrenden Lastwagens gewesen war, der ihn zu Tode erschreckt hatte.
    Er war so matt, dass er sich an die Wand lehnen musste. Er brauchte eine Rize. Eine Rize eine Rize eine Rize …
    Das Telefon schrillte.
    Zum zweiten Mal in kurzer Zeit stockte Meph der Atem. Er sah den Apparat an, als hätte er angefangen zu glühen. Auf dem Monochromdisplay stand: Teiln. unbekannt
    Nach dem fünften Klingen nahm er endlich ab. Das Kabel war mit Metall ummantelt und ratschte, wenn es über eine Kante glitt. »Ha… Hallo?«
    Das Knacken der Relais klang wie Trommelfeuer. Mit Verspätung erkannte Meph, dass das Geräusch nicht aus der Hörmuschel kam, sondern vom Regen, der draußen an die Scheiben schlug. »Woher wusstest du, dass diese Telefonzelle noch ans Netz angeschlossen ist?«
    »David!« Er war so erleichtert, dass ihm schon wieder die Knie weich wurden. »Gott sei Dank, dass du anrufst. Ich …«
    »Antworte. Woher wusstest du es?«
    »Ich … habe geraten«, stammelte Meph. »Ich weiß jetzt, dass du viele Details aus der echten Welt

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