Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi
ruhig,
Frau Roither. Wir tun nur unsere Arbeit, ja? Danke. Sie bleiben erst einmal
hier.«
»Aber ich will …«
»Ja, ja, Ihren Anwalt anrufen, Verwandte und so weiter. Schon
klar. Zu viele Fernsehkrimis geschaut. Das können Sie dann alles in
48 Stunden erledigen.«
48 Stunden!
In Berenikes Ohr klang das metallische Schließen der Zellentür nach.
48 Stunden durfte man sie aus Sicherheitsgründen festhalten. Das sollte
ihr in Zukunft eine Lehre sein. Sie würde um jede Leiche, die ihr zufällig im
Weg lag, einen riesen Bogen machen. Keine Rede mehr von Erste-Hilfe-Maßnahmen.
Diese Pritsche, wer weiß, in welcher Himmelsrichtung sie stand. Wie sollte sie
darauf schlafen? Erschöpft ließ sie sich auf ihr unkomfortables Nachtlager
sinken. Starrte an die Decke. Irgendwie musste sie doch eingedöst sein. Schmerz
weckte sie. Schmerz aus dem Becken, den Nieren. Taghelle drang durch ein
winziges Fenster. Ein Polizist stand in der Tür. Wieder brachte er sie zu
Jansky und Hochfeld. Wieder lag der Geruch nach Instantkaffee in der Luft.
»Kann ich auch …?«, sie deutete auf den Becher in Janskys Hand.
»Natürlich.« Eine Tortur. Heiß, süß, viel zu süß. Und die Schmerzen
im Kreuz, sie nahmen zu.
»Herr – Inspektor«, ihre Gedanken taumelten vor
körperlicher Qual durcheinander, kaum dass sie sich zu sprechen in der Lage
sah, »bitte, man hat mich überfallen. Sehen Sie!« Sie schob das T-Shirt nach
oben. Blaue Flecken, soweit sie es selbst erkennen konnte. »Wir rufen einen
Arzt«, Hochfeld hatte bereits den Telefonhörer in der Hand. Heute trug er ein
frisches rotes T-Shirt, sein Gesicht sah fast knitterfrei aus. Er war eben noch
jung.
Der jüngere Kriminalpolizist wandte sich ab, um
zu telefonieren. Berenike sah ihm gedankenverloren zu. Dann drehte sie sich zu
Jansky. »Das ist sicher eine politische Geschichte, in die Rolanda verwickelt
ist«, reden, Berenike! »Es gab zwei Morde, kontaktieren Sie doch bitte
Inspektor Kain in Bad Aussee.«
»Überlassen Sie bitte uns, was zu tun ist, Frau Roither.«
Nachdem ein grauhaariger Doktor sie untersucht und ihr ein
Medikament mitgegeben hatte, durfte sie gehen. Die Verletzungen seien nicht so
schlimm, nur ein paar Blutergüsse. Immerhin ein Beweis, dass sie die Wahrheit
gesagt hatte. Das musste diesen Kieberern doch einleuchten, oder?
26
Kräuter-Eistee
Berenike schloss die Wohnungstür so leise wie
möglich hinter sich. Umsonst, aus der Küche hörte sie das Radio dudeln. Wenn es
ihr gelang, unentdeckt in ihr Zimmer zu verschwinden, würde sie vom heutigen
Tag gar nicht mehr verlangen.
»Bist du das, Berry?« Die Küchentür wurde aufgerissen.
Wer sonst! »Ja, Mama.«
»Guten Morgen!« Die Mutter setzte ein Strahlen auf. »A-aber,
wie schaust du denn drein? Und so spät …«
»Ich erzähl es dir nachher. Jetzt muss ich schlafen.«
»Selene hat angerufen, sie will schon am Vormittag schwimmen
gehen heute, wegen der Hitze.«
Die Plastikuhr, eine überdimensionale Himbeere, zeigte 10
Minuten vor 9. Berenike gähnte. »Mama, nächstes Mal nehm ich mir ein
Hotelzimmer, wenn …« Wenn du mich nicht schlafen lässt, ergänzte sie im
Stillen. Sie bedeckte die Augen mit ihren Händen. Die Sonne knallte
unbarmherzig durchs Küchenfenster herein.
»Morgenstund hat Gold im Mund«, die Mutter probierte ein
Lächeln.
Ach ja. Und anständige Leute liegen in der Nacht im Bett. Wie
oft hatte sie das gehört! Ihre Mutter wirkte nicht so, als könnte sie mit
irgendetwas Gold verdienen. Die Tränensäcke geschwollen, das Haar wirr.
»Ich bereite uns grad was zu essen vor. Schnitzel und
Gurkensalat, das können wir mitnehmen.«
»Deshalb stinkts hier so.«
»Geh, B-Berry …«
Berenike hätte am liebsten so getan, als hätte sie dem
Familienausflug niemals zugestimmt. Doch die Sehnsucht nach der Schwester, den
Nichten war groß. »Geht ihr vor, ich komme nach. Ich ruf euch an, Selene soll
an ihr Handy denken!« Die Schwester hatte die Angewohnheit, es entweder zu
vergessen oder das Läuten zu überhören.
»Berry …«
Wenigstens hatte die Mutter noch nicht getrunken. Berenike
kramte nach Tee, fand nur eine Schachtel mit der vielsagenden Aufschrift ›1-2-3
Kräutertee‹. Besser als nichts, bevor sie zu Beruhigungsmitteln griff. Eine
Fanfare wie bei einem Gefecht, die Signation der Nachrichten. ›Alarm im
Museumsquartier‹, trällerte der berufsmuntere Radiosprecher, ›verdächtige
Zeugin,
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