Schwarzwaelder Dorfgeschichten
hatte durch den Schlunkel Absatzwege gefunden. Creszenz gehorchte ihm in Allem, es war ihr oft als hätte ihr Florian über die ganze Welt und Alles was darauf und darin sei zu gebieten, als müßte ihm ein Jedes unterthan sein; es war ihr, als ginge er nur einstweilen so machtentblößt einher; als würde er bald Allen zeigen, was er zu bedeuten habe. Sie hoffte, daß der Augenblick bald kommen werde, da er in seinem vollen Glanze dastehe; sie hoffte das so zuversichtlich und vertrauensvoll wie den morgenden Tag, und doch wußte sie nicht auf was sie hoffte. – Bald aber wurde sie wieder aus ihren Träumen geweckt. Der Schneiderle kam hinter die Entwendung seiner Tochter und in einer stürmischen Nacht, als der Wind den Regen jagte, verstieß er sie aus dem Hause, und drohte ihr, sie den Gerichten zu übergeben, wenn sie wieder käme. Die Mutter lag todtkrank darnieder und konnte nicht abwehren.
Creszenz wußte sich nicht zu helfen. Sie eilte zum Florian, er war nicht zu Hause. Sie weinte laut, als sie hörte, mit welchem nächtlichen Kameraden er weggegangen war.
Sie zog vor dem platzenden Regen den obern Rock über den Kopf, sie hätte sich gerne in sich selbst verkrochen; und nachdem sie lange umhergelaufen ohne es zu wagen in ein Haus zu gehen, suchte und fand sie endlich bei des Melchiors Lenorle Unterkunft.
Alle Versuche, wieder nach Hause zurückkehren zu dürfen, waren vergebens. Creszenz strickte und taglöhnerte nun für fremde Leute, auch Florian brachte ihr hin und wieder etwas, er war wieder bei Geld. Der Creszenz aber schauderte es vor jeder Münze, die er ihr gab, als ob Blut daran hinge; sie meinte, aus jedem Gesichte der geprägten Herrscher sähe der Schlunkel heraus.
Das Lenorle erlauschte immer die Zeit wann der Schneiderle mit seinem Zwerchsack nach Horb ging, dann durfte Creszens nach Hause schleichen und sich mit Allerlei versehen.
Auch Florian war oft auf der Lauer, um zu erschauen wann Niemand in der Nähe war, so daß er, seiner Ehre unbeschadet, zu dem Schlunkel schleichen konnte. Ein unvermuteter Widerstand zerriß aber bald diese trübselige Kameradschaft.
Der Schlunkel hatte dem Papierer von Egelsthal zwei Hämmel gestohlen. Als nun Florian eines Tages bei ihm war, verlangte er von ihm, daß er die Thiere schlachten und herrichten solle. Sein Stolz, seine Krone war für Florian bisher sein Handwerk gewesen; diese Zumuthung beleidigte ihn im tiefsten, er sagte daher:
»Eher schneid' ich dir und mir die Gurgel ab, ehe ich gestohlene Hämmel im Geheimen schlacht'.«
»O du Trallewatsch,« sagte Schlunkel, mit einem gewandten Griffe dem Florian sein Messer aus der Tasche ziehend, »du kommst nicht lebendig aus der Stube, wenn du nicht die Hämmel metzgest oder mir meine zwei Kronenthaler bezahlst.«
»Wart, ich will dir!« knirschte Florian den Schlunkel umfassend und suchte ihm das Messer zu entreißen. Beide rangen aus aller Macht mit einander, aber Keiner wollte unterliegen; da hörte man Geräusch, Florian ließ los und sprang schnell zum Fenster hinaus.
Betrübt kam er zu Creszenz und gestand ihr Alles.
Ohne ein Wort zu reden nahm sie ihre Granatenschnur sammt dem Anhenker vom Halse, zog ihren silbernen Ring von der Hand und reichte es hin.
»Was soll ich damit?« fragte Florian.
»Du sollst's versetzen oder verkaufen und den schlechten Menschen bezahlen.«
Florian umarmte und küßte sie und sagte dann:
»Thu' du's und bezahl' ihn dann, versetz' es nur, kannst dich darauf verlassen ich schaff' dir's wieder.«
Creszenz that wie ihr befohlen und brachte das Messer wieder. Florian untersuchte es genau und fand, daß kein Blut daran gewesen; er freute sich innerlich, daß sein Ehrenschmuck nicht mißbraucht worden war.
10.
Florian sucht Hülfe und nimmt die nicht, die er findet.
»Hör' mal,« sagte Florian eines Tages zu Creszenz, »das Ding' muß ein End' nehmen; in die Fremd' gehen kann ich nimmer, deinetwegen nicht und auch meine Ehr' steht darauf, ich muß es 'nausführen; wie meinst, wenn ich zu dem Pfarrer ging'? Er muß uns ein paar hundert Gulden geben, nachher können wir uns heirathen.«
»Du hast ja sonst nichts von ihm wissen wollen.«
»Noch frißt Hobelspän',« erwiederte Florian. »Willst du mir ein Briefle an ihn mitgeben und es auch von deiner Mutter unterschreiben lassen?«
»Wie du willst, du mußt am besten wissen, was zu thun ist; ich thu' was du sagst.«
Andern Tages war Florian auf dem Wege zu dem Pfarrer. Trübe Gedanken gingen ihm
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