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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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dem Hansjörg mit den Worten:
    »Da, nimm, du hast dich wacker gehalten, du kannst dir schon was versagen; meinetwegen magst du wohl rauchen, ich hab' kein bisle dagegen.«
    Hansjörg wurde feuerroth, er schüttelte aber Nein und sagte: »Was ich einmal gesagt hab', da beißt kein' Maus keinen Faden davon; mein Lebtag thu' ich keinen Zug mehr.« Er stand auf und sagte wieder: »Gelt, Kätherle, aber dich darf ich doch küssen, wenn du geraucht hast?«
    Die beiden Glücklichen lagen sich selig in den Armen. Darauf gestand Hansjörg, daß er gehorcht, als sich das Kätherle mit dem rothen Maierle besprach, und daß er gemeint habe, es sei von der Adlerwirthsmagd die Rede.
    Man lachte herzlich über den Spaß.
    Die Pfeife wurde als ewiges Andenken über dem Himmelbette des jungen Ehepaares aufgehängt, und Hansjörg deutet oft darauf hin, wenn er beweisen will, daß man sich mit festem Vorsatz und aus Liebe alles abgewöhnen könne.
     
    Zwei Worte rücken uns plötzlich weit hinaus: Hansjörg und Kätherle sind betagte Großeltern, im Kreise der Ihrigen glücklich, frisch und munter. Die Pfeife gilt als ein ehrwürdiges Familienstück bei den fünf Söhnen Hansjörgs; keiner von ihnen und von ihren Kindern hat sich bis heute das Rauchen angewöhnt.
     

 
III.
Des Schloßbauers Vefele.
     
1.
    Wenige werden errathen, wie der obenstehende Name eigentlich im Kalender heißt, und doch ist er allgemein bekannt, und erinnert das Schicksal deren, die ihn trug, leider nur zu sehr an das ihrer Patronin Genovefa.
    Das vornehmste Haus des ganzen Dorfes, das eine so breite Front nach der Straße zu macht, daß alle Handwerksburschen, die durch das Dorf wandern, hineingehen und um einen Zehrpfennig bitten, das gehörte einst dem Vater des Vefele; die beiden rechts und links stehenden Häuser, das waren seine Scheunen. Der Vater ist todt, die Mutter ist todt, die Kinder sind todt. In dem großen Hause ist eine Leinweberei. Die Scheunen sind zu Häusern verbaut, und das Vefele ist spurlos verschwunden.
    Nur das Eine steht noch fest und wird es wohl immer bleiben, im ganzen Dorfe heißt das große Haus noch immer »des Schloßbauern Haus«; denn der alte Zahn, der Vater Vefele's, wurde der Schloßbauer genannt. Er war nicht aus dem Dorfe gebürtig, sondern aus dem zwei Stunden entfernten Baisingen herübergezogen. Baisingen gehört zu dem kornreichen sogenannten »Strohgäu«, und die Baisinger werden spottweise »die Strohgänger« genannt, weil im ganzen Dorfe fast alle Gassen mit Stroh bestreut sind. Dieß dient sowohl dazu, um der Mühe der Straßenreinigung überhoben zu sein, als auch, um auf diese Weise mit dem zertretenen Stroh neuen Dünger zu gewinnen; denn die Baisinger haben so viele Aecker, daß sie dessen nicht genug habhaft werden können. Dreißig Jahre wohnte der Schloßbauer im Dorfe, aber so oft er einen Streit hatte, wurde er der Baisinger Strohgänger und seine Frau die krumme Baisingerin geschimpft. Die Frau Zahn war aber keineswegs krumm, sie war noch in ihrem Alter eine schöne, schlanke Frau mit gerader Haltung; nur war ihr linker Fuß etwas zu kurz, und daher kam's, daß sie beim Gehen hinkte. Dieser Körperfehler war aber auch mit die Ursache ihres ungewöhnlichen Reichthums. Ihr Vater, Staufer mit Namen, sagte einmal öffentlich im Wirthshause, daß der kurze Fuß seiner Tochter nichts schade, er stelle als Heirathsgut ein gestrichenes Simri Kronenthaler darunter, und da wolle er sehen, ob das nicht grade mache.
    Der alte Staufer hielt Wort, und als der Zahn dessen Tochter heirathete, ließ er ihn ein Simri mit Kronenthalern füllen und so viel hineinthun, als hineinging; drauf strich er mit dem Streichbengel darüber und sagte. »So, was drin ist, ist dein!« Seine Tochter mußte zum Spaß ihren linken Fuß darauf stellen, und das mit dem Gelde gefüllte Kornmaß prangte als schöne Schüssel auf dem Hochzeitstische.
    Der Zahn kaufte sich bald darauf mit dem Gelde das gräflich Schleitheimische Schloßgut, baute das schöne große Haus, und darum hieß er der Schloßbauer. Von neun Kindern, die ihm geboren wurden, blieben fünf am Leben, drei Söhne und zwei Töchter. Das jüngste Kind war Vefele. Es war so schön und zart gebaut, daß man es, halb spöttisch, halb anerkennend, das »Fräle« hieß. Halb aus Mitleid, halb aus Schadenfreude bemerkte fast jeder, wenn von ihm die Rede war, es sei eben doch eine »Gezeichnete«, denn es hatte den kurzen Fuß von der Mutter geerbt. Mit dem Ausdruck

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