Schwarzwaelder Dorfgeschichten
einander und betrachteten die Vorüberziehenden. Zuerst kam die Reiterei, dann kam ein gewaltiger Trupp Infanterie.
Hansjörg war mit seinen Kameraden Fideli und Xaver hinausgegangen nach der Ziegelhütte; er wollte für alle Fälle dort sein, damit dem Kätherle nichts geschehe. Er ging mit seinen Kameraden in den Garten vor dem Hause, und über den Zaun gelehnt, schmauchte er behaglich seine Pfeife. Das Kätherle schaute zum Fenster heraus und sagte: »Wenn du nicht rauchen willst, Hansjörg, kannst du mit deinen Kameraden 'raufkommen.«
»Wir sind schon gut da,« erwiderte der Hansjörg, drei Qualme schnell nacheinander ausstoßend und die Pfeife fester fassend.
Nun kam die Reiterei. Alle ritten ungeordnet einher, sie schienen kaum zusammenzugehören, ein jeder kümmerte sich fast nur um sich, und doch sah man's wieder, daß sie zusammen hielten. Einige warfen keck lachend und winkend dem Kätherle am Fenster Kußhändchen zu, der Hansjörg fuhr rasch mit der Hand nach seinem Seitenmesser. Das Kätherle schob das Fenster zu und schaute nur noch verstohlen hinter den Scheiben hervor. Nach der Infanterie kamen Fouragewagen und die Wagen mit den Verwundeten. Das war ein erbärmlicher Anblick. Einer der Verwundeten streckte eine Hand heraus, an der auch nur vier Finger waren; das fuhr dem Hansjörg durch Mark und Bein, es war ihm plötzlich, als ob er selber da droben läge. Der Verwundete hatte nichts als ein Tuch um den Kopf gebunden, und es schien ihn zu frieren. Der Hansjörg sprang schnell über den Zaun, nahm die Pudelkappe vom Kopfe und setzte sie dem Armen auf; dann gab er ihm noch sein Geld mitsamt dem ledernen Beutel. Der Verwundete machte mehrere Zeichen mit dem Munde und deutete damit an, daß er gern rauchen möchte; er sah dabei den Hansjörg bittend und bettelnd an und deutete immer auf seine Pfeife, der Hansjörg aber schüttelte Nein. Das Kätherle brachte Brod und Hemden herbei und legte sie auf den Wagen der Verwundeten. Die kranken Krieger sahen vergnügt auf das frische Mädchen, und einige machten ein militärisches Begrüßungszeichen und welschten untereinander. Sie fuhren dann, immer freundlich winkend, davon. Da dachte niemand mehr, ob dieß Feinde oder Freunde wären; es waren unglückliche, hilfsbedürftige Menschen, und jeder mußte ihnen helfen.
Ein großer Trupp weiter beschloß den Zug. Das Kätherle stand wieder am Fenster, Hansjörg mit seinen Kameraden wieder auf ihrem Posten; da sagte der Fideli: »Guck, da kommen Marodörs.«
Zwei zerlumpte Kerle in halber Uniform, ohne Sattel und Bügel, sprengten heran. Eine Strecke, ehe sie bei Hansjörg waren, hielten sie ein und sprachen etwas mit einander; man hörte den einen lachen. Sie ritten dann langsam und der eine ganz nahe an dem Zaune hin, und ratsch! riß er dem Hansjörg die Pfeife aus dem Munde, und dann im gestreckten Galopp auf und davon. Der Marodeur steckte sich die noch brennende Pfeife in den Mund und dampfte lustig, wie zum Hohne.
Der Hansjörg hielt sich den Mund, es war ihm, als ob ihm alle Zähne aus dem Kiefer herausgerissen wären; das Kätherle aber lachte aus vollem Halse und rief: »So, jetzt hol' dir dein' Pfeif'.«
»Ja, ich hol' sie,« sagte Hansjörg und knackte vor Wuth eine Latte am Zaun zusammen, »kommet, Fideli, Xaver, wir thun unsere Gäul' 'raus und reiten nach, und wenn wir darüber zu Grund gehen, den Halunken laß ich mein' Pfeif' nicht.«
Die beiden Kameraden gingen davon und holten schnell die Pferde aus dem Stall; das Kätherle aber kam herabgesprungen, rief den Hansjörg in den Hausgang, unwillig ging er zu ihm, denn er war bös, daß es ihn so ausgelacht hatte; das Kätherle aber faßte zitternd seine Hand und sagte: »Um Gottes willen, Hansjörg, laß die Pfeif'. Guck, ich will dir auch Alles zu Gefallen thun, folg mir nur jetzt. Willst du dich denn wegen so eines nichtsnutzigen Dinges umbringen lassen? Ich bitt' dich, bleib' da.«
»Ich mag nicht. Mir ist's recht, wenn mir einer eine Kugel durch den Kopf schießt. Was soll ich da thun? Du kannst doch nur nichts als foppen.«
»Nein, nein!« rief das Kätherle und fiel ihm um den Hals, »ich laß dich nicht gehen, du mußt da bleiben.«
Den Hansjörg durchzuckte es wunderbar, aber er fragte keck: »willst du denn mein Weib sein?«
»Ja, ja, ich will ja!«
Die beiden umarmten sich selig, dann rief Hansjörg: »Mein Lebtag kommt mir kein' Pfeif' mehr in den Mund. Guck, mich soll ein Heiligkreuz –«
»Nein, schwör' nicht, du mußt's
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