Schwarzwaelder Dorfgeschichten
Schloßbauern Haus. Jedes freute sich, wenn er kam, nur das Mohrle behielt seine Abneigung; es gab keinen Worten mehr Gehör, sondern mußte jedesmal angebunden werden, wenn Brönner da war. Eines Tages, als Brönner wegging, warf er unversehens dem Hund ein Stück Brod hin, aber der Hund ließ das Brod liegen und sprang nach dem Geber, als ob er ihn zerreißen wollte, und das Sprichwort: »kein Hund nimmt ein Stück Brod von ihm,« bewährte sich an Brönner buchstäblich.
Vefele aber nahm um so mehr die Schmeicheleien und schönen Reden Brönners an. Es zankte gar gewaltig mit der Magd, welche behauptete, der Brönner habe nur einen Rock, denn er käme Sonntags und Werktags in demselben; es schalt das Mädchen dumm und erklärte, daß das bei den Herren-Leuten so wäre. Vefele saß oft dabei, wenn Brönner mit dem Vater über allerlei sprach, und es freute sich jedesmal, wenn dem Vater die Ansichten Brönners gefielen und er sie gescheit nannte, wie wenn es selber das gesagt hätte. Der Schloßbauer fühlte sich auf das von Brönner verordnete Mittel zufällig etwas besser, und nun sprach dieser oft davon, daß er eigentlich ein besserer Doktor sei, als der Physikus, daß aber das Gesetz ihm die Ausübung verbiete. Er schalt dann auf die Herren, die da meinen, nur einer, der viel Bücher im Kopfe habe, wäre gescheit; die »Praxi« (wie er es nannte) mache den Meister; ein Bauer, der die Welt kennt, verstände oft mehr von der Regierung, als alle Minister und Landvögte, und so sei es auch meistens bei der Medizin, die »Praxi« mache den Meister. Indem er nun so, zufällig oder absichtlich, Wahres und Falsches untereinander mischte, gewann er die Neigung des Schloßbauern, der sich in seinen Lieblingsansichten immer mehr bestärkt sah. – Auch des Prozesses nahm sich Brönner an; er bekräftigte den Schloßbauer in seinem Vorsatze, nun endlich auch wie seine Gegenpartei zur Bestechung seine Zuflucht zu nehmen. Brönner hatte den gescheiten Gedanken, daß man seine Gegenpartei übertreffen und Gold geben solle.
Damals in der »guten alten Zeit« konnte kein Rechtshandel ohne »Schmierale« fertig werden, und die Beamten nahmen dieß ohne Scheu an.
Als Brönner eines Abends aus des Schloßbauern Haus wegging, gab ihm Vefele das Geleite bis unter die Thür; da standen sie noch eine Weile bei einander. Brönner faßte die Hand Vefele's und sagte: »
Parole d'honneur,
Vefele, Sie sind ein liebes Mädchen und gar nicht wie ein Bauernmädchen. Sie sind auch viel zu fein für ein Bauernmädchen,
parole d'honneur,
und haben so viel Verstand, wie irgend eine in der Stadt.«
Vefele sagte zwar, er wolle es nur foppen, aber innerlich gab es ihm doch recht. Er küßte dann die Hand Vefele's und nahm Abschied, indem er höflich seinen Hut vor ihm abzog. Vefele stand noch lange unter der Thür und blickte gedankenvoll drein, ein heiteres Lächeln schwebte auf seinem Antlitze; die höfliche und doch so gutherzige Art Brönners hatte ihm gar wohl gefallen. Dann ging es singend die Treppe hinauf, und als es die große Suppenschüssel fallen ließ, lachte es überlaut. Es kam ihm heute Abend Alles so lustig vor, daß es keine trübe Miene machen konnte, es ging noch spät in den Keller und holte den Knechten heimlich eine Flasche Obstwein; sie sollten auch einmal mitten in der Woche vergnügt sein.
Das Verhältniß zwischen Brönner und Vefele ging nun in Riesenschritten vorwärts.
Ein neues, durch das lange Harren fast unerwartetes Ereigniß brachte frische Lust und Freude in des Schloßbauern Haus; die Nachricht war angekommen: er hatte endlich seinen Proceß gewonnen. Die Gegenpartei war in Rottenburg gewesen, und der Landvogt hatte ihnen offen und doch verblümt gesagt: »Des Schloßbauers Füchsle haben eure Schimmele überritten.« Trotzdem der Schloßbauer nicht ausgehen konnte, zog er doch sein Sonntagskleid an und saß vergnügt in seinem Stuhle und schüttete dem Mohrle einen ganzen Hafen Milch in seine Morgensuppe. Er schickte sogleich Boten nach Melchior und Agathle, sie sollten kommen und sich mit ihm freuen; man sagte ihm nicht, daß Agathle todkrank darniederliege. Auch nach Brönner wurde geschickt, und dieser war der einzige, der zum Schmause kam. Der Schloßbauer saß bis tief in die Nacht hinein und trank und lachte und scherzte, manchmal wurde er auch trüb; er wünschte sich nur, daß seine »Alte« das auch noch mit erlebt hätte, und er trank ein volles Glas zu ihrem Andenken. Man mußte den
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