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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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und ein Oheim der Mutter war kaiserlicher Rath in Wien gewesen, sie hatte ihn noch gekannt, da er einst im Dorfe zum Besuche war; sie bewahrte noch eine Granatschnur, die er ihr damals schenkte. Der einzige Streit, den sie bisweilen mit Luzian hatte, war darüber, weil er nicht ihrem Verlangen willfahrte und nach Wien an die Nachkommen des kaiserlichen Rathes schrieb; sie behauptete immer, es sei unmenschlich wenn Blutsverwandte so gar nichts von einander wissen. Eine besondere Vorliebe hatte die Mutter für den Victor, ihr Urenkelchen, sie sagte oft: »Der wird just wie der kaiserliche Rath. Wenn der Kaiser noch leben thät, der thät ihn nach Wien verschreiben, das sag' Ich.«
    Man hätte fast glauben sollen, Luzian sei der leibliche Sohn der Ahne, die er auch fast immer Mutter nannte, während er in der That nur ihr Schwiegersohn war. Seine Frau neckte ihn oft und stellte sich eifersüchtig wegen der Liebschaft der Beiden zu einander; denn Luzian ging die Sorgfalt für die Mutter über Alles, und er hätte ihr gern, wie man sagt, das Blaue vom Himmel geholt, um sie zu erfreuen.
    Luzian war ein Mann im Anfang der fünfziger Jahre, stämmig, ein Sägklotz, wie er von seinen Freunden manchmal genannt wurde, weil er zum Spalten zu dick war und sich nicht splittern ließ; sein Gesicht war voll und gespannt und verrieth entschiedenes Selbstbewußtsein, der starke Stiernacken bekundete Unbeugsamkeit. Noch gegen Ende des Befreiungskrieges war er zum Soldatendienste ausgehoben worden, kam aber zu keiner Schlacht. Die Sägmühle hatte er seinem Sohne Egidi übergeben und bauerte nun auf dem Gute im Dorfe. Victor, Egidi's ältesten Sohn, hatte er sich und der »Guckahne« (Urgroßmutter) zulieb in's Haus genommen, angeblich indeß, damit der Knabe der Schule näher sei.
    Margret, Luzians Frau, ähnelte der Mutter unverkennbar; war auch ihr ganzes Dichten und Trachten dem Haushalte zugewendet, so war doch Luzian nicht minder ihr Stolz, nur ließ sie es nie merken wie die Mutter, wenigstens nie in Worten. Sie bildete sich mehr darauf ein als Luzian selber, daß dieser schon zweimal zum Abgeordneten vorgeschlagen war. Spöttelte sie auch manchmal über sein vieles Lesen, so war es ihr doch nicht unlieb, da er dadurch fast immer im Hause war und Alles in bester Ordnung hielt; auch glaubte sie, daß er eben viel gescheidter sei als alle in der ganzen Gegend. Klagte sie auch wiederholt über die Gemeindeämter und vielen Pflegschaften, die sich Luzian aufbürden ließ, so dachte sie doch wieder im Stillen bei sich: »Ja, es versteht's eben doch Keiner so gut wie er.«
    Bäbi, das hochgewachsene Mädchen mit auffallend dunkeln Augen und starken Brauen, gehört eigentlich gar nicht mehr recht in's Haus. Sie hatte noch gestern zu Paule, ihrem Bräutigam, gesagt: »Seitdem der Pfarrer uns miteinander verkündet hat und über vierzehn Tage unsere Hochzeit sein soll, da ist mir's jetzt allfort, wie wenn ich nur auf Besuch daheim wär!«
    Die Bekanntschaft Egidi's mit seiner Frau und den Kindern müssen wir abwarten, bis sie sich uns selbst vorstellen.
    So wären wir also hier im Hause mit Allen bekannt und können sie ungestört mit den beiden Knechten und der Magd zu Mittag essen lassen. Man kennt aber namentlich einen Bauern nicht recht, wenn man seinen Besitzstand nicht weiß; an ihm äußert sich nicht nur die ganze Sinnesweise und der Charakter, sondern dieser stützt sich auch meist darauf. In andern Stellungen bilden sich Lebenskreis, Haltung und Geltung vornehmlich aus der Persönlichkeit heraus, hier aber wird das Meßbare und im Werthe zu schätzende vor Allem Stützpunkt des Charakters in sich und seiner Bedeutung nach Außen. Du wirst daher oft finden, daß ein Bauer, der Vertrauen zu dir faßt, dir alsbald all' seine Habe aufzählt, oft bis auf das Kälbchen, das er anbindet. Er will dir auch damit zu verstehen geben, was er daheim bedeutet. Da sitzen sechzig Morgen Ackers und so und so viel Wald und Matten, besagt oft die Art wie sich ein Bauer im fremden Wirthshaus niedersetzt. Gehörte Luzian auch keineswegs zu letzterem Schlage und stellte sich seine Ehre und Schätzung noch auf etwas anderes, so müssen wir doch noch schnell sagen, daß er vier Pferde, zwei Paar Ochsen, sechs Kühe und ein Rind im Stalle hatte; darnach messet. Die Pferden werden allerdings nicht blos zum Feldbau, sondern auch zu Holz- und Bretterfuhren gebraucht, da Luzian diesen Handel eifrig betreibt, der ihm manchen schönen Gewinnst abwirft.
    Nach

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