Schwarzwaelder Dorfgeschichten
wehe? Schneidet's? Brennt's und nagt's? Warte nur, es kommt noch besser. Wer nach dem Aufkläricht schnappt, wird eine runzliche Nase und ein krummes Maul über solche Worte machen, und um den Widerwart los zu sein, wird er mir gar zurufen: du gehst zu weit ab vom Text. Ja Brüderlein! Du bist noch viel weiter ab vom Text, ich aber bleib' dabei: wer da viel gesäet, wird viel ernten, und wer da wenig gesäet, wird wenig ernten.
»Ich hole noch ein Früchtlein aus dem Aufkläricht, es schwimmt oben auf. Mancher von euch denkt wohl: Ja, hätt' ich nur dem guten Rathe gefolgt und mich in die Hagelversicherung aufnehmen lassen; da könnt' ich dem Hagel was pfeifen. Komm her, du versicherter Mann, laß dich ein bisle heraufholen. Seht ihr, da hab' ich ihn; der Neid muß ihm's lassen, es geht ihm gut und er sieht reputirlich aus. Mag's brennen und sengen und hageln und Seuchen wüthen, da steht er fest der versicherte Mann. Da steht sein Haus, es ist in der Feuerkasse – versichert, am Laden klebt ein Täfelein, sieht fast aus wie ein Ordensschmuck, das zeigt an: Tisch und Bett und Stuhl, Kisten und Kasten, der ganze Hausrath ist – versichert; das Vieh im Stall – versichert, die Aecker im Feld – versichert, die Kinder – versichert, sie sind auf der Rentenanstalt eingetragen, und wenn eines zwanzig Jahr' alt ist, bekommt es so und so viel Zinsen bis in die grasgrüne Ewigkeit hinein; sein eigen Leib und Leben – versichert, doppelt versichert, in Paris und in Frankfurt. Jetzt komm Herrgöttle und thu' mir einmal was an! So schlägt sich der versicherte Mann herausfordernd auf die hirschledernen Hosen. Ja beim Teufel! Den muß unser Herrgott laufen lassen, den kann er nimmer am Grips kriegen. Aber wie? du feuerfester, hageldichter, versicherter Mann, laß dich noch eine Weile beschauen. Wo hast du denn dein ewiges Heil versichert? Gelt, daran hast du noch nicht gedacht, das brauchst du nicht? Vielleicht glaubst du gar nicht an ein ewiges Leben, das gehört so zum Aufkläricht. Aber wart', es kommt die Stunde und du liegst auf dem Schragen und röchelst schauerlich und schnappst nach Luft, der kalte Schweiß steht dir auf der Stirn. Kennst du das Gerippe? Es streckt die dürre Hand nach dir aus, o! wie schwer, wie centnerschwer liegt's auf dir; du willst mit todesschweißiger Hand abwehren, du fassest die leere Luft. Ja, krümm' dich nur wie ein Wurm, bäum' dich wie ein Pferd, fort, fort, von hinnen mußt du, deine ganze versicherte Welt bleibt dahinten. Noch rollen die Schollen nicht auf deinem Leichenaas und du stehst vor dem obersten Halsrichter, da geht's auch öffentlich und mündlich her, wie du so oft deinen Zeitungsheiligen nachgeschrieen hast, da ist der letzte Zahltag: wo hast denn deine Papiere, deine Versicherungen? Guck, da ist ein ander Sparkassenbüchlein, da ist Alles verzeichnet, die Rechnung stimmt, fast zum Verwundern. Jetzt hast's verspielt, du kommst in's Regiment, links vom Gottesgericht, und da ziehen sie dir eine feurige Uniform an, die sitzt dir wie angegossen eine Schlange schnallt sich dir als Leibgurt um, Pech und Schwefel sengen dich und brennen dich und verzehren dich nicht. In die Hölle! in die Hölle zur ewigen Verdammniß fährst du, und drunten in deinem versicherten Hause ist's oft alleinig in stiller Nacht wie das Winseln von einer Seele, die drüben die ewige Ruhe nicht finden kann. Das Gebet deiner Kinder könnte dich erlösen und die Ewigkeit deiner Qualen kürzen. Hast du sie beten gelehrt? du hast sie – versichert.«
Mancher Blick hatte sich schon beim Beginn dieser Schilderung nach der Säule gewendet, wo ein Mann feststand wie der Stein hinter ihm, aber die Blicke glitten wieder ab und jetzt fuhr der Pfarrer fort:
»Geliebte in dem Herren! Ich sage euch laut und deutlich, ich habe Niemand gemeint, ich kenne Niemand, der solchen Herzens ist, aber Jeder frage sich, ob er nicht schon im Geiste den Weg betreten, so zu werden. Fern sei es auch von mir, euch davon abzuhalten, euer zeitlich Gut zu wahren, aber alles ist Tand und Staub und Moder. Und gäbet ihr mit eurem zeitlichen Gut Wohlthaten und Geschenke wie Sand am Meere, verflogen ist's, fehlt euch der Glaube. Wahret euer Gut, so viel ihr könnet, aber die einzige Versicherung ist dem, der da bauet auf dem Fels, der da ist der Glaube, der schüttert nicht und splittert nicht und stehet fest ohne Wanken. Und wenn rings umher deine Saaten das Wetter knickt, der Glaube richtet dich auf; du stehest fest wie ein Fels und
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