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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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der Pfarrer hatte im selben Augenblicke den gleichen Ruf gethan.
    »Seid Ihr nicht der Luzian Hillebrand von Weißenbach?« rief der Pfarrer aus dem Thale herauf, von den Bäumen verborgen.
    »Ja freilich, aber ich hab' Euch doch was zu sagen. Dort unten, wo die Eiche liegt, müsset Ihr rechts ab, sonst kommet Ihr bei den Erlen in den Sumpf.«
    »Wartet ich komm',« tönte es wieder, und Luzian ging dem Rufenden entgegen, weil er sich nicht verstanden glaubte, er wollte es genauer bezeichnen oder selber mit zurückkehren. Der Pfarrer hatte ihn aber verstanden und begann nun mit ihm über den Kirchenstreit zu sprechen. Anfangs war Luzian mißtrauisch, selbst die freien Worte Rollenkopfs sah er nur wie einen Spionenkniff an, aber was lag ihm an allem Auskundschaften! Er hörte darum mit einer gewissen Ueberlegung zu. »Du hast Vieles zu verhehlen, Ich nicht,« dachte er. Als aber Rollenkopf schloß: »Wie gesagt, es regt sich ein freier Sinn in der Kirche, der siegen muß. Darum müssen aber auch die freien Männer innerhalb der Kirche bleiben, sich nicht davon trennen. Wenn die Freien ausscheiden, was bleibt uns? Die träge, verstandlose Masse, der ewige faule Knecht.«
    »Soll das auf mich gesagt sein?«
    »Gewiß. Ihr müßt in der Kirche bleiben und helfen, sie rein und frei zu machen.«
    »Ich glaub' aber nicht an Gottes Wort und brauch' kein' Kirch'.«
    »Aber Eure Brüder bedürfen ihrer und Ihr seid verpflichtet, sie nicht zu verlassen.«
    »Ich hab' kein Amt und kein' Anstellung in der Kirch.«
    »Eure Menschenpflicht ist Euer Amt, und Euer Gewissen Eure Anstellung.«
    »Alles schön und gut, aber ich müßt' lügen und heucheln, und das kann einmal kein Mensch mehr von mir verlangen.«
    Der Pfarrer suchte noch Späne abzuhauen, aber den eigentlichen Klotz konnte er nicht bewältigen. Man schied mit freundlicher Handreichung, und auf dem stillen Heimweg dachte Luzian: »Der ist grad' wie der Amtmann; dem wär's auch lieber heut als morgen, wenn man die ganze Verfassung mitsammt dem König über den Haufen schmeißen thät, und doch bleibt er im Amt. Ich thät ja lieber schaffen was es wär', daß mir das Blut unter den Nägeln 'rauslauft; halb satt zu fressen wär' besser als so ein Amt, das man eigentlich nicht haben darf.«
    Stolz und groß erhob sich Luzian in diesem seinem Selbstgefühle.
     
Fußnoten
     
    1 Unterhändler, ein von den Juden entlehnter Ausdruck.
     
     
Ein Kind bleibt, und ein Kind geht.
    Als Luzian nach Hause kam, trat ihm Bäbi entgegen mit den Worten: »Vater, Ihr sollet gleich in's Rößle kommen, es ist schon zweimal ein Bot' da gewesen, es sei Jemand da, der nöthig mit Euch zu reden hat.«
    »Wer denn?«
    »Des Rößleswirths Bub' weiß es nicht, oder will's nicht sagen.«
    Luzian ging nach dem Wirthshause. Er traf hier den Vater Paule's von Althengstfeld, der hinter dem Tische saß und ihm zuwinkte ohne aufzustehen und ohne die Hand zu reichen.
    »So? bist Du auch hier?« fragte Luzian, »hast Du mich rufen lassen?«
    »Ja. Rößleswirth! Ist Niemand in deiner hintern Stube? Ich hab' da mit dem Luzian ein paar Worte zu reden. Können wir 'nein?«
    »Ja.«
    »Was hast denn? Kannst's nicht da ausmachen? Oder komm' mit mir heim,« sagte Luzian.
    »Nein,« entgegnete Medard, »es ist gleich geschehen.«
    Die beiden Schwäher gingen nach der Hinterstube; alle Anwesenden schauten ihnen nach.
    »Was giebt's denn so Heimliches?« fragte Luzian.
    »Gar nichts Heimliches. Du weißt, ich bin frei 'raus, drum, Luzian, guck, du bist jetzt im Kirchenbann und vielleicht noch mehr, du kommst mit denen Sachen nicht so bald 'raus, wie mir unser Pfarrer gesagt hat und die Pfarrer alle, die heut dagewesen sind. Drum wird dir's auch recht sein, wenn man jetzt ausspannt.«
    »Ja wie? was?«
    »Ha, du verstehst mich schon. Mit deinem Mädle und mit meinem Paule da lassen wir's jetzt halt aus sein. Wir sind von je gut Freund gewesen, Luzian, nicht wahr! Und das bleiben wir von deßwegen doch. Es ist ja Christenpflicht, daß man keinen Hasard auf einander hat und Alles in Gutem bleibt.«
    »Ja, ja, freilich, ja,« sagte Luzian, die Hände reibend, »und was ich hab' sagen wollen? ... Ja, und dein Paule ist auch mit einverstanden? Du redest in seinem Namen?«
    »Ha, ich bin ja der Vater. Ich lass' mich nicht ausziehen, ehe ich mich in's Bett leg', das Sach' ist mein und ich geb' die Geißel noch nicht aus der Hand, du auch nicht. Was wahr ist, ist wahr; mein Paule hat dein Mädle gern gehabt, ja

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