Schwarzwaelder Dorfgeschichten
bescheert ist,« sagte Luzian, ohne durch irgend eine Liebkosung oder ein freundliches Wort die gepreßte Rede Bäbi's zu erwidern. Diese aber schloß: »Mein lediger Leib ist mir nicht feil. Da ist der Ring.«
»Der Knochen, der einem bescheert ist, den trägt kein' Katz' davon,« bemerkt noch die Ahne.
»Wo ist der Victor? Er soll den Ring gleich in's Rößle tragen,« sagte Luzian. Die drei Frauen sahen einander verlegen an. Die Frau Margret nahm sich zuerst ein Herz, faßte den Rockärmel ihres Mannes, zog daran und sagte: »Thu zuerst den Rock aus, du läufst ja den ganzen Tag 'rum wie ein Soldat auf dem Posten. So, jetzt ist dir's leichter, so, jetzt setz' dich auch, daß man auch ordentlich mit dir reden kann.«
»Wo ist der Victor? Ruf' ihn,« wiederholte Luzian.
Die Frau hing den Rock auf und sagte dabei: »Er hört mich nicht, ich kann nicht so arg schreien; er ist auf der Mühle.«
»Der Egidi hat ihn geholt und der Victor hat geheult,« ergänzte Bäbi.
»Jetzt seid Alle still, ich will's erzählen,« begann die Ahne, »da, rück' her Luzian, noch näher. Jetzt guck, du bist noch kein' Büchsenschuß weit vom Haus weg, da kommt der Egidi und fragt nach dir, aber mit einem Gesicht wie ein Bub', dem die Hühner sein Butterbrod weggefressen haben; und da träppelt er 'rum und kann das Maul nicht finden. Endlich sagt er, ob wir schon gehört haben, was die Leut' von dir reden; ich sag', du kannst den Leuten die Mäuler nicht verbinden.«
»Was sagen sie denn über mich?« fragte Luzian.
»Du seist gottloser als ein Heid und ein Jud, und du habest gar kein' Religion. Ich sag' aber dem Eigidi: deines Vaters seine Gutthaten sind seine Religion und das ist die best'! Da schreit er über mich 'nein wie ein Flözer; und ich sei auch so, und ich stehe doch mit einem Fuß im Grab, und ich wiss' nicht, wann ich vor Gott stünd', und ich sollt' dich Luzian eher zurückhalten als noch aufstiften und drein hetzen. Wenn ich mich nicht vor mir selber geschämt hätt', ich hätt' dem Egidi eins in's Gesicht geschlagen, daß er nimmer gefragt hätt', wo sind mehr. Ich sag' weiter nichts als: junge Gäns' haben große Mäuler. Wie wir so reden, kommt der Victor 'rein, ich schick' ihn fort, er soll nicht hören was sein Vater für ein Latschi ist. Eine Weile drauf kommt der Schütz und bietet dem Egidi, er soll in's Pfarrhaus kommen. Ich sag': du gehst nicht zum Pfarrer, eher läß'st dir all' beid Bein abhacken. Da schlägt er auf den Tisch und schreit: ich bin Meister über mich, und ich thu' was ich will. Wart Schütz, ich geh mit. Mein Vater ist mein Vater, aber unser Herrgott ist vorher mein Vater, und ich lass' mir meinen Glauben nicht nehmen und ich lass ihn mir nicht nehmen. – So rennt er fort.«
»Ja der Victor, was ist denn mit dem?« fragte Luzian abermals.
»Ich erzähl's ja, wart' nur. Vergeht kein' Stund', ist mein Egidi wieder da, er hat den Victor an der Hand und heißt ihn sein Schulsack zusammenpacken, und da schreit er über das Kind 'nein, daß es nicht weiß, ist es taub oder hat es sonst was than. Ich schick den Victor fort, er soll mir für einen Kreuzer Kandelzucker holen, und wie er fort ist, sag' ich: Egidi, du versündigst dich. Ich weiß wohl, es geht Einem so, wenn man sieht, daß Leut' ein Kind verziehen, so wird man auf das Kind bös und grimmzornig; es ist aber nicht recht. Es ist mir mit unseren Nachbarsleuten, mit des Bäckers Christle, auch so gangen. Wenn du meinst, daß wir deinen Victor verziehen, mußt deinen Zorn nicht an ihm auslassen, das ist eine schwere Sünd'. Was Sünd'! schreit da der Egidi. Eine Sünd' gehört so wenig da 'rein wie eine Sau ins Judenhaus. Da sind ja lauter Heilige. Ich bin nun halt ein sündhafter Mensch und mein Victor ist mein Kind und soll auch so werden, er muß wissen, daß man Buße thun muß. Ich komm' vom Schulconvent, und da hab' ich gehört, daß der Vater meinem Victor die Schul' verboten hat, und jetzt geht er mit mir und kann sich ein schlecht' Beispiel an mir nehmen. Ihr habt den Victor einmal euer Erzenkele geheißen, wir wollen dafür sorgen, daß er kein Erzteufele wird. – Luzian, ich kann dir nicht sagen wie schandgrob der Egidi gewesen ist, und er hat das Kind mit fort, und das hat geweint. Und mir thut's so and (bang) nach dem Kind, ich möcht' auch schier greinen. Jetzt hab' ich aber ein' einzige Bitt' an dich, Luzian, du folgst mir gewiß gern: verzeih dem Egidi seinen Unverstand, ich vergeb's ihm auch, und man muß ihm zeigen,
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