Schwarzwaelder Dorfgeschichten
Schmerzen in seinem gebrochenen Bein und der Waldhornwirth war gern bereit, die Base zu führen. Diethelm empfahl ihm, bald zurückzukehren, da er morgen auch verreisen müsse.
Als das Fuhrwerk mit Schellengeklingel davonrollte, hob Diethelm die Arme hoch empor und reckte sich wie zum Ausholen für eine schwere Arbeit.
Spät in der Nacht als Alles schlief, ging Diethelm ohne Licht hinab in die Scheune, öffnete den Kutschensitz, nahm die Kerzen sorgfältig heraus, that das Kienholz in einen Sack, den er sich über den Rücken band, und stieg auf der Scheunenleiter hinauf nach dem Speicher. In der Mitte der gradaufstehenden Leiter, die er doch tausendmal auf- und abgestiegen war, überkam ihn plötzlich ein Schwindel, daß er nicht vor- und nicht rückwärts konnte; er hing wieder wie über einem Abgrund zwischen Leben und Tod, und fast schrie er laut auf nach Hülfe, aber noch hatte er Besinnung genug zu überlegen, daß er sich damit in's Elend stürze und mit letzter Kraft in sich hinein fluchend, stemmte er sich an und kletterte behend von Sprosse zu Sprosse und stand endlich keuchend auf dem obern Boden. Er legte jetzt Alles nieder wo er stand, ja selbst die Pulversäckchen that er aus der Tasche. Er öffnete einen Laden, um das Mondlicht hereindringen zu lassen und saß lange ausruhend auf einem Wollballen. Endlich vertheilte er das Kienholz in einzelne Schichten, die er zwischen die Ballen legte, dabei sprach er fast laut vor sich hin: »Dorthin die eine, dort die andere Kerze und die dritte zwischen die aufgehobenen Bretter, daß kein Licht nach außen scheint. Ich muß sie kürzen, sie dürfen nur zwölf Stunden brennen.« – Jetzt hatte er Kienholz zwischen zwei Ballen geworfen, aber es fiel so dumpf, er griff hinab und ein Schrei des Entsetzens ertönte, Diethelm hatte einen haarigen Kopf erfaßt; er zitterte, daß die Bretter unter ihm dröhnten, eine krallige Hand faßte nach seinem Munde: »Der Teufel! der Teufel!« schrie Diethelm und sank lautlos zu Boden.
»Meister, Meister, ich bin's,« rief jetzt eine Stimme, und Diethelm setzte sich auf. War das nicht die Stimme des Schäfers Medard? Wunderbar schnell war Diethelm gefaßt.
»Was thust du da? du hast stehlen wollen, du Zuchthäusler?« rief Diethelm.
»Und wenn auch, was darnach?« erwiderte Medard spöttisch, »die Brandkasse bezahlt's doch.«
Rasch schnellte Diethelm empor, und mit den Worten: »Ich erwürge dich, du krummer Hallunk,« warf er sich auf Medard, schleuderte ihn nieder und kniete ihm auf die Brust.
»Ich will ja nichts sagen, lasset nur los,« rief Medard mit halberstickter Stimme und Diethelm gewahrte plötzlich, daß er zum Mörder hatte werden wollen und ließ ab. Wie anders war plötzlich Alles geworden, er hatte einen Mitwisser seiner That und war allezeit in der Hand eines Fremden.
»Guck,« sagte er, und ihn selber schauderte vor dem, was er sagte, »ich bin einmal so weit, zurück kann ich nicht mehr, aber ich kann weiter gehen, ich muß es, wenn du mir nicht eine Sicherheit giebst, daß du nie – nie was redest.«
»Es giebt nur Eine Sicherheit, nur eine einzige,« erwiderte Medard, »und die ist fester als tausend Eide.«
»Heraus, heraus! Was ist's?« sagte Diethelm, die Hände des am Boden Liegenden festhaltend, und dieser erwiderte:
»Der Munde heirathet Eure Fränz, und wenn mein Bruder all' das Sach kriegt, da ist die beste Sicherheit, daß ich nie was red'.«
Diethelm preßte vor Zorn die Hände des Medard zusammen, daß dieser laut aufschrie, aber allmälig ließ er doch lockerer, und er sagte endlich:
»Meinetwegen, ja, ja, es soll so sein, aber du mußt mitthun und du mußt anzünden, wenn ich nicht da bin.«
»Das nicht,« erwiderte Medard, »aber mit thu' ich und wir schaffen noch ein gut Theil fort eh' es losgeht.«
»Hast denn gestohlen?«
»Was fraget Ihr jetzt darnach? das ist jetzt Alles lauter Schwefelhölzle und ich weiß noch was, was Ihr vergessen habt; ich komm' morgen in's Spritzenhäusle, ich will helfen die Spritze vom Rädergestell auf den Schlitten bringen, und da will ich nur zwei Schrauben an der Spritze losmachen, dann mag man löschen.«
»Du bist nicht dumm, du bist gescheit,« sagte Diethelm, und mit diesen Worten war der Friede zwischen den Beiden geschlossen. Diethelm führte den Knecht, den in der That sein kranker Fuß von dem Falle sehr schmerzte, sorglich die Treppe hinab und gab ihm Branntwein zum Einreiben.
Medard sprach viel davon, wie albern es wäre, wenn man
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