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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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nicht noch so viel als möglich bei Seite schaffe, aber Diethelm wehrte streng ab, er hatte das Wort auf der Zunge, aber er schämte sich es zu bekennen, daß er nicht auch noch zum gemeinen Dieb werden wolle, er fühlte voraus den höhnischen Spott seines Genossen und wies nur auf die Gefahr hin, die solches Beiseiteschleppen, ohne daß man's ahne, mit sich führt. Medard hatte wohl zu verteidigende Einwände und Diethelm fühlte sich geneigt streng zu befehlen, daß Alles nach seiner wohlbedachten Anordnung ausgeführt werde, aber indem er den Befehl aussprach, verwandelte er ihn in eine Bitte, und es klang fast wehmüthig, wie er den Medard bat, um seiner Beruhigung willen Nichts hinterrücks zu thun und alle seine Anordnungen auszuführen.
    Medard hatte sich während dessen gemächlich Knie und Wade eingerieben, und als jetzt Diethelm schloß:
    »Wir sind doch eigentlich ganz gleich, ich thu' Alles wegen meinen Verwandten und du thust Alles wegen deinem Bruder,« da schaute Medard grinsend auf und sagte:
    »Aber mein Bruder ist jetzt Euer einziger und nächster Verwandter, Eure Letzweiler Krattenmacher haben schon genug gekriegt und für den Munde thun wir Alles, und ihm muß Alles bleiben.«
    Diethelm biß sich die Lippe blutig über diese freche Rede, die ihm in's innerste Herz griff, aber er schwieg; er sah, wie der kecke Bursche ihn jetzt schon zu meistern begann und schaute mit Grauen in die Zukunft. Er faßte einen tödtlichen Haß gegen den Gesellen und stampfte auf den Boden vor Zorn und Reue, daß er ihn nicht erdrosselt hatte. Jetzt war das nicht mehr möglich, von der Stube aus hätten die Dienstleute im Nebenbau den Hülferuf gehört. Welch ein ausgespitzter Bösewicht war es, an den er zeitlebens gefesselt war, auch nicht einen Augenblick hatte der sich besonnen, die That zu vollführen, während er selbst doch so gräßlich mit sich gerungen hatte. Diethelm knirschte in sich hinein, da er die Unterthänigkeit gewahr wurde, in die sein immer noch weichmüthiges Naturell gegenüber diesem versteiften, hartgesottenen Bösewicht gerieth; äußerlich aber war er freundlich und zuthulich, und nickte zu dem Vorschlage Medards, man müsse vom obern und zweiten Boden Bretter ausheben, daß die Flamme rasch einen Durchzug fände, bevor sie hinausschlage.
    Schwer ist oft die Verzweiflung, die einen Menschen heimsucht, der einsam den Weg des Verbrechens wandelt; aber einen Genossen haben ist höhere Pein: man kann den eignen Mund hüten, daß er nicht rede, die eigenen Mienen, daß sie nicht zucken, und es kann Tage geben, wo man Alles vergißt und sich ausredet, was geschehen ist; in einem Genossen aber spricht bei jeder Begegnung die That sich aus, ohne Wort, ohne Wink; und weilt er fern, wer behütet den Mund, wer wahrt die Mienen, daß sie nicht den Ahnungslosen in's Verderben reißen?
    Das erkannte Diethelm, da er wieder allein war und es ihm vorkam, als knistere es schon in den Wänden. Als der Hahn krähte, erwachte Diethelm und ballte die Fäuste; der Gedanke schnellte ihn empor, daß Nichts übrig bleibe als den verrätherischen Genossen aus dem Wege zu schaffen, der ihn gewiß schon seit Jahren betrogen und mit zu seinem Elend verholfen, aber er bezwang sich und – so seltsam geartet ist das Menschenherz – daß Diethelm aus dieser Selbstbeherrschung einen friedlichen Trost schöpfte: die That, die er begehen wollte, erschien unschuldvoll, fast ein Kinderspiel, da er das schwere Verbrechen, den Mord von sich wies.
    Mit ruhigem Gewissen schlief Diethelm abermals ein.
     
Dreizehntes Kapitel.
     
    Es läßt sich kaum sagen, was in dem beiderseitigen Blicke lag, als sich Diethelm und Medard am Morgen zum Erstenmal im Tageslicht begegneten, nur mit Blitzesschnelle streiften sich ihre Blicke, dann schaute Jeder vor sich nieder. Medard aber war wieder schnell gefaßt, griff in die Tasche und sagte, die Messingschrauben zeigend, mit triumphirender Miene: »Da, die hab' ich heut' schon geholt.«
    »Vergrab' sie,« sagte Diethelm und winkte dem Medard nach dem Stalle und fuhr hier fort: »Du sagst doch deinem Vater nichts?«
    »Nein, das ist nichts für einen Sympathiedoctor. Der Ofen muß aber heut' geheizt werden, denn brennt's an einem andern Ort, da merken sie, daß die Schrauben und Kloben fehlen. Das Flugfeuer kann nicht zünden, die Dächer sind mit Schnee bedeckt. Aber Meister,« fuhr Medard fort, das Wort ging ihm schwer heraus, »wie ist's denn? wollen wir die Schaf' nicht an einen Ort thun? Ihr

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