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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Vorkommnisse wie eine leibliche Speise verwandelt und sich gleich macht. Was vor Kurzem noch in Kämpfen und Bedenken als freier Entschluß sich darstellte, verkehrt sich in unabänderliche Notwendigkeit und wie in einen Zauberkreis gebannt, aus dem nichts mehr zu wecken vermag, erfüllt sich das Geschick.
    Darum muthete diese sonst frohe Kunde Diethelm jetzt mit Betrübniß an und er knirschte innerlich vor Zorn, wie ihm die Rechtfertigung vor sich genommen war, da sonst kein anderer Ausweg blieb. Wie zum Hohn öffnete ihm jetzt die schlechte Welt einen Ausweg, den er doch nicht mehr einschlagen konnte. Einen großen Schick wollte er machen und was soll jetzt ein kleiner Gewinn? Der spielte ihm die Möglichkeit einer völligen Rettung aus der Hand und überließ ihn fort und fort den tausend kleinen Plackereien, deren Ende gar nicht abzusehen war. Darum muß geschehen was beschlossen ist ...
    Als erriethe er Diethelms Gedanken, sagte der Reppenberger jetzt:
    »Guck einmal den Wirth an. Sitzt er nicht da so unschuldig und fromm wie der heilig Feierabend, und doch weiß er, was er gethan hat und hat sein Haus angezündet und beim Brandlöschen sich einen nassen Finger gemacht und Alles abgewischt was angekreidet gewesen ist. Jetzt hat er ein neues Haus und baar Geld statt Schulden.«
    »Wer weiß, wie es ihm zu Muth ist,« sagte Diethelm, sich mit der Hand hin und her durch das Halstuch streifend, als wollten die Worte nicht heraus.
    Der Reppenberger lachte laut und sagte:
    »Hab' schon gehört, daß du fromm geworden seist, aber glaub' mir, wenn alle Leute, die was Ungrades gethan haben, krumm gingen, da könnt' sich ein Aufrechter um's Geld sehen lassen.«
    »Ich will nichts mehr davon hören,« sagte Diethelm streng verweisend und sprach nun von dem Verkauf, zu dem er sich willfährig zeigte. Er wußte nicht recht warum er das that, aber so viel war ihm klar, er mußte scheinbar darauf eingehen, um nicht Verdacht auf sich zu lenken. Auf diese Rücksicht wollte er fortan alle Klugheit verwenden und er war im Innern stolz darauf, wie weit er es bereits in der Verstellungskunst gebracht hatte. Diethelm nahm den Reppenberger mit nach Buchenberg, und da der abgehauste Mann keinen Mantel hatte, gab er ihm eine Pferdedecke, in die sich derselbe behaglich wickelte. Diethelm aber fröstelte es bei dem Gedanken, daß auch er einst wie dieser einer geliehenen Pferdedecke sich freuen könne, und wie er Peitsche und Leitseil in die Hand nahm, sprach es in ihm: darum muß geholfen werden so lang ich das noch festhalte.
    Der Reppenberger entschlief bald, aber Diethelm wurde von mühsamen Gedanken wach gehalten. Zum Scheine verkaufen und vor den Leuten sich höchlich darob freuen, aber vor der Ablieferung noch Alles in die Luft sprengen, und mit der hohen Versicherungssumme sich wieder frisch flott machen – das war die Bestimmung, die endlich so fest stand, als wäre sie gar nicht die Geburt seines eigenen Entschlusses; und so ruhig ward er dabei, daß er die Peitsche neben sich steckte und die des Weges gewohnten Pferde laufen ließ und in Schlaf versank wie ein Kind nach dem Nachtgebet. In Unterthailfingen vor dem Wirthshaus hielten die Pferde an und Diethelm erwachte; taumelnd schaute er auf und mußte sich besinnen wo er war, und im ersten Augenblick erschien die weißverhüllte Gestalt neben ihm wie ein Gespenst. Im Dorfe schlief Alles und Niemand bemerkte das Anhalten eines Fuhrwerks, nur Reppenberger erwachte, als Diethelm mit einem plötzlichen Ruck im gestreckten Trab davonfuhr.
    »Wenn ich nur so ein Kütschle hätt' wie du,« sagte der Reppenberger, »wenn ich meine siebzig Jahre da hüben so 'rumfahren könnt', könnten sie meinetwegen in der andern Welt mit mir machen was sie wollen.« Und wie nun Diethelm immer weiter sein Glück preisen hörte und wie der Reppenberger erzählte, welch ein elendes Leben er führe, empfand Diethelm immer mehr ein Wohlgefühl, daß er den Muth und den rechten Weg gefunden habe, sich eine heitere sorgenfreie Zukunft zu sichern. Als der Reppenberger seine Pfeife gestopft hatte und jetzt Feuer schlug, fiel Diethelm im Anschauen der springenden Funken der Traum ein, den er so eben gehabt: er ging über eine große weite Haide und es regnete Funken, sie flogen ihm in's Gesicht und auf den blauen Mantel, aber sie zündeten nicht und er ging darunter hinweg als wären es Schneeflocken, und weiter hinaus in der Ebene standen Funkensäulen und strömten auf und nieder und plötzlich stand

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