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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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zweimal pumpt, grad', als ob man's hüben und drüben heben thät. Da ruft der alt Schäferle: ›Höret ihr? Eh' drei Tage vergehen, brennt's im Ort.‹ Der Schmied ist so bös, daß er die Thür zuschlägt und fast den alten Schäferle dazwischen klemmt. Dein Knecht, des Schäferle's Medard hat sich geschämt, daß sein alter Vater so dummes Zeug schwätzt und ist davon, und die Schulbuben rennen durch's Dorf und schreien überall: ›In drei Tagen brennt's.‹ Dem alten Schäferle sollte man seine dummen Prophezeiungen verbieten, aber hier fürchtet sich Alles vor ihm und – sollt' man's meinen, wo man hört, glauben die Leut' alle an die Prophezeiung, und da sind die Leut' hier noch stolz auf ihren Ort. Bei uns daheim in Letzweiler fände man keine zwei alten Weiber, die so was glauben thäten, und der Ort liegt doch nicht an der Landstraß' wie Buchenberg.«
    Diethelm griff aus dieser langen Mittheilung gern den letztangeregten Gegenstand auf; der alte Wettkampf, der in Spott und Neckerei überall zwischen einem Dorf und dem andern rege ist, hatte ihn schon viel erlustigt, aber Keiner der anwesenden Buchenberger ging heute darauf ein und Diethelm schien es fast, als ob er Mißtrauen errege, weil er von dem Schreckgespenst gar nicht rede, er sagte daher überlenkend:
    »Der alt Schäferle hat nichts besonderes prophezeit. Jedesmal, wenn man was an den Spritzen zu thun hat, hält man das für ein Wahrzeichen, daß eine Feuersbrunst auskommt, und da ist's am gescheitesten man macht den Aberglauben zu Schanden und giebt doppelt Acht, daß kein Unglück auskommt.«
    Alles schwieg. Nur ein fremder Mann, der auf der Ofenbank saß, sagte halblaut vor sich hin:
    »Abbrennen ist nicht immer ein Unglück, im Gegentheil –«
    »Wer ist der Lump?« fragte Diethelm seinen Vetter und dieser erwiderte:
    »Ein fremder Spindelnhändler. Ich hätt' gute Lust und thät den Kerl die Stiege 'nabwerfen.«
    »Thu's nicht,« beschwichtigte Diethelm, »das giebt ein unnöthiges Geschrei in der Welt.« Er beredete nun seinen Vetter, am morgenden Tage mit ihm nach der Hauptstadt zu reisen, wohin er mit Proben seiner Wollvorräthe gehen, und dann seine Fränz abholen wolle, die ihm geschrieben habe, daß sie nicht mehr in der Stadt bleibe. Gerade der Waldhornwirth war ihm stets der liebste Genosse, er war halb Kamerad, halb abhängiger Untergebener, und draußen, wo man dieses letzte Verhältniß nicht kannte, war Diethelm immer besonders hoch angesehen, wenn der stattliche Waldhornwirth ihn überall mit unterwürfiger Ehrerbietung behandelte und hinter seinem Rücken sein Lob verkündete. Der Waldhornwirth war schlau genug, diese unausgesprochene Vasallenschaft zu erkennen; er that oft, als ob er sich davon losmachen wolle, um den Vetter zu allerlei Nachgiebigkeiten und Vortheilen zu bewegen. Dies gelang ihm auch heute, denn Diethelm versprach eine Entschädigung für jegliche Versäumniß.
    In neuer verzweiflungsvoller Pein ging Diethelm wieder heimwärts. War es denn nicht, als ob plötzlich seine innersten geheim gehaltenen Gedanken sich von unsichtbarem Munde verbreitet hätten, so daß jetzt Alles im Dorfe von einer Feuersbrunst sprach, an die man sonst das ganze Jahr nicht dachte? Wäre es nicht das Beste, Alles zu verschieben und zu hintertreiben, bis die Prophezeiung vergessen ist? Aber wer weiß, wann die Frau wieder aus dem Hause sein wird?
    Im Stall traf Diethelm den Medard, der ein großes Seil mit Karrensalbe einschmierte und auf seine verwunderte Frage erhielt er die Antwort, daß dieses das Seil aus der Radwinde sei, das mit Fett getränkt als Lunte dienen müsse, um das Feuer blitzschnell in den Nebenbau auf den Heuboden zu leiten. Diethelm konnte nicht umhin, auch diese erfinderische Klugheit zu loben; dennoch sprach er davon, die Sache noch zu verschieben, da man an die dumme Prophezeiung glaube; Medard aber erwiderte:
    »Just deßwegen müssen wir gleich losschießen. Weil Alle davon schwätzen ist Jeder vorsorglich und glaubt Niemand dran, und geschieht jetzt was, da heißt's: das hat sein müssen, das hat kein Mensch gethan, es hat sein müssen, weil's prophezeit gewesen ist.«
    Wie doch Alles auch seine Kehrseite hat, das erfuhr jetzt Diethelm; die Wendung, die Medard der Sache gab, war doch überaus sinnreich und fein berechnet, und doch war Diethelm schwer beklommen, schwerer als je; ihm war's, als wäre die That nicht mehr sein, sie war in fremde Hand gegeben und mußte geschehen, sei er nun willfährig oder

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