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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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nicht.
    Fast die ganze Nacht hindurch war Diethelm mit Medard beschäftigt Alles herzurichten. Die Mäuse liefen ohne Scheu wie toll hin und her, als ahnten sie den Untergang des Hauses. Diethelm zitterten oft die Hände, aber Medard war voll heiterer Laune, und wenn es Diethelm versäumte, lobte er sich selbst über hundert kleine Erfindungen, die er noch machte und kneifte sich selbst in die Wangen. Diethelm schauderte, als Medard über die geweihten Kerzen im Kirchentone einen wild närrischen Feuersegen sprach.
    Als der Morgen graute und ein lustiger Wind pfiff, entzündeten sie die Kerzen und verschlossen Alles sorgfältig, daß kein Lichtschein nach außen dringe. Diethelm sagte nun, daß er verreise.
    »Bis wann kommst du wieder?« fragte Medard. Betroffen sah Diethelm drein, daß ihn sein Knecht dutzte, aber er hielt an sich und erwiderte:
    »Bis gegen Abend.«
    »Drum,« erwiderte Medard, »wenn du nicht auch da bist, wenn es losgeht, zeig' ich dich an, so wahr die Lichter da brennen; oder nimm mich mit, ich will nicht allein da sein, daß Alles auf mich kommt.«
    Diethelm bebte vor Wuth, er sah, in welche Hände er gegeben war, er griff sich hin und her am Hals, denn er fühlte, wie es ihm die Kehle zuschnürte; endlich brachte er unter Zähneklappern die Worte hervor:
    »Kannst dich drauf verlassen, daß ich Abends wieder da bin, da hast mein' Hand drauf.«
    Kaum hatte Diethelm die Hand Medards gefaßt, als er ihm einen Stoß vor die Brust gab, daß er niederfiel, und jetzt kniete er auf ihn und band ihm mit dem Halstuch die Hände zusammen, aber Medard biß ihm in den Arm, schnell raufte Diethelm eine Hand voll Wolle aus einem daneben stehenden Sack, stopfte sie Medard in den Mund, band ihm die Füße mit Stricken zusammen, betrachtete ihn einen Augenblick mit gehobenem Fuß, als wollte er ihn zertreten, und eilte hinab, Alles sorgfältig hinter sich verschließend.
    Vor dem Hause rief er absichtlich laut nach Medard, aber die Magd kam und half ihm die Pferde eingeschirren; und so schnell als der Wind, der den Schnee aufwirbelte, jagte Diethelm davon.
     
Vierzehntes Kapitel.
     
    Im Rautenkranz in der Hauptstadt lebte indeß Fränz auch nicht so vergnügt, wie sie es gehofft hatte. Das Wirthshaus war fast wie eine kleine Stadt für sich; der gepflasterte Hof war so groß wie der Marktplatz eines kleinen Städtchens, bequem konnten zwei Frachtfuhren darin wenden und in den Scheunen und Ställen war allzeit ein reges Leben; Frachtfuhren, Stellwagen, Botenwagen, Reiter und Fußgänger von allen Gegenden des Landes gingen hier ab und zu und Jeder wußte so vollkommen Bescheid im Hause, daß das rührig bunte Treiben sich doch wieder wie eine stille Regelmäßigkeit darstellte. Wären nicht Gasröhren durch das Haus geleitet gewesen, man hätte in ihm nicht geglaubt, daß man sich mitten in der Hauptstadt befinde. Die weite, offen stehende Küche mit ihrem zahlreichen glänzenden Kupfergeschirre an den Wänden und dem übermäßig breiten Herde in der Mitte, die steinernen Treppen mit ausgelaufenen Geleisen zeigten, daß hier Alles von altem Bestand war und gleicherweise zeigte sich's in der weitläufigen Wirthsstube, wo nicht weit von dem mächtigen Kachelofen an der großen, mit neubackenem Brod überschütteten Anrichte die Herrin des Hauses, eine stattliche Wittwe, saß, nähte und sich von den Ankommenden erzählen ließ und ihnen Bescheid gab, ohne sich zu irgend Jemand zu drängen. Es gab vielleicht keinen zweiten Menschen im Lande, der dessen innerste Verhältnisse so genau kannte, als die Frau Rauten-Wirthin, sie machte aber von ihrer Wissenschaft keinen Gebrauch, außer in seltenen Fällen, wenn sie von alten Hausfreunden um eine Nachricht angegangen wurde; sie wendete vielmehr ihre ganze Macht auf die Regierung ihres Hauses und diese gelang ihr vollkommen, denn sie herrschte unbedingt. Von ihren drei Töchtern hatte eine die Aufsicht in der Küche, während zwei die Gäste bedienten, die beiden Söhne versahen die Bäckerei und Metzgerei und Alle gehorchten der Mutter mit unbedingter Unterwürfigkeit; ja die Söhne bekamen Sonntags von der Mutter ein Taschengeld ausbezahlt und fanden diese Abhängigkeit vollkommen in der Ordnung. Und wenn die Rautenwirthin zwei- dreimal des Tages durch das Haus ging, konnte man sich darauf verlassen, daß Alles vom Morgen bis zum Abend in fester Ordnung sich hielt; denn die Knechte und Mägde, durch das Beispiel der Kinder belehrt, waren ebenfalls voll Gehorsam und

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