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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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»Die Fahrt mit dem ewigen Gezerr hat uns Alle mit einander dumm gemacht. Wir wollen gar nichts mehr reden. Ich geh' jetzt noch vor dem Appell ein bisle in die Kasern' zu meinen Kameraden. Vergiß Alles und denk' gut an mich. Gieb mir ein' Hand. So, b'hüt dich Gott.«
    Munde ging nach der Kaserne. Er war jetzt ein ganz anderer Mensch als vor wenigen Monaten, da er diesen Weg so oft abgeschritten. Zuerst als ihm der Vater das Erbe der Rache aufdrängen wollte und dann als er von Diethelm das Erbe des Verbrechens überkam, war in sein träumerisches still umfriedetes Wesen eine gewaltige Gährung gekommen, er war zaghafter und kraftloser als je. Er war überhaupt nicht geschaffen, sich mit fester Hand ein Schicksal zu bereiten: von Kindheit auf war Medard sein Führer und Rathgeber in Allem, als Hirte führte er ein fast gedankenloses Leben, pfeifend und rauchend, und als er Soldat wurde, brachte auch dieß keine bedeutsame Wandlung in ihm hervor; er war anstellig und pünktlich, als stiller, allzeit wohlgemuther Bursch beliebt, aber ohne sich irgend eine besondere Geltung zu verschaffen; nur mit seiner Kunstfertigkeit im Pfeifen hatte er sich bei der Compagnie beliebt gemacht und davon den Beinamen Pfifferling erhalten. Jetzt, so plötzlich in die Erfüllung seines einzigen und höchsten Wunsches eingesetzt, ging er oft wie traumwandlerisch umher und nur der Gedanke an das geschehene noch so dunkle Verbrechen schreckte ihn oft auf. Er freute sich, daß er Fränz gewonnen und all' das große Gut dazu, er wäre aber am liebsten Hirte gewesen, träumend wie in alten Tagen bei seiner Heerde. Das viele Gut und die tausend Thätigkeiten dafür, die er übernehmen sollte, erdrückten ihn fast. Darum konnte er dem Wunsch der Fränz nicht nachgeben, ihm war es ja lieb, wenn Diethelm so lang als möglich Alles unter seiner Obhut behielt.
    Jetzt auf dem Wege nach der Kaserne sagte er sich, daß Fränz doch Recht habe, er müsse anders auftreten, kecker und umsichtiger. Nicht nur seine Liebe zu Fränz stieg auf's Neue in ihm auf, er empfand auch eine große Hochachtung vor ihrem energischen Wesen, das allzeit geweckt, den Dingen scharf in's Auge sah und sie frei beherrschte. So kam er zu den Kameraden und erzählte ihnen, daß er sich andern Tages vom Militär loskaufe, und was aus ihm geworden sei; er wußte seine künftige Thätigkeit bereits so lebendig als wirkliche darzustellen, daß Alle staunten, wie sich der Pfifferling, der stille Munde, dem man das gar nicht zugetraut, verändert hatte. Als er zuletzt sagte, daß er morgen auf dem Markt vier Pferde einkaufe, beschlossen unter Jubel der Feldwebel und einige Kameraden, auch auf den Markt zu kommen, um zu sehen, wie der Pfifferling das mache.
    Stolz aufgerichtet mit gespanntem Selbstgefühle kehrte Munde in den Rautenkranz zurück, er wollte seiner Fränz Abbitte thun, daß er so bös gegen sie gewesen sei und ihr sagen, wie er sich nun wacker in's Geschirr legen wolle, daß es ihm landauf landab Keiner voraus thun könne.
    Als er in den Rautenkranz trat, hörte er in der Küche die Stimme der Fränz, sie sagte:
    »Das ist ja prächtig, daß Sie Kellner im Wildbad geworden sind. Ich komme diesen Sommer mit meinen Eltern auch dahin.«
    »Aber Sie sind Braut,« sagte eine Männerstimme.
    »Ja, mit mir,« sagte Munde eintretend, er sah einen Mann – es war der älteste Haussohn aus dem Rautenkranz – – der die Hand der Fränz hielt.
    »Ich gratulire,« sagte der Nebenbuhler schnell die Hand loslassend, und Munde erwiderte:
    »Dank' schön. Komm' mit Fränz in die Stube.« Er faßte sie nicht eben zart am Arm, und Fränz machte große Augen, als er ihr allein sagte, daß das Scharmuzeren ein Ende habe, und ob sie mit den Eltern in's Wildbad gehe, darein habe er auch noch ein Wort zu reden. Fränz widersprach heftig, und Munde erklärte, daß er von dieser Stunde zu regieren anfange über Alles, was ihm gehört, und das sei vor Allem seine Frau, es müsse ja Fränz recht sein, daß er sich als Mann zeige.
    »Zeig's zuerst beim Vater. Bei mir brauchst nicht anfangen,« stachelte Fränz, der diese Wendung gar nicht lieb war. Munde sprach wiederholt und in verstärkter Weise seinen Herrscherplan aus, und der Abend dieses unruhvollen verhetzten Tages schien doch noch erwünscht auszuklingen.
    Schon am frühen Morgen jedoch hatte Munde einen gewaltigen Zank mit seinem Schwäher, er wollte sich die Geldgurte umschnallen, Diethelm aber lachte ihm in's Gesicht.
    »Dann reiß' ich

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