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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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verstehen wollen. Jetzt aber ergab sich eine besondere Veranlassung; nicht Diethelm, sondern das junge Brautpaar stand Gevatter bei dem Erstgebornen des Zeugmachers Kübler in G.
    Es war ein linder Morgen des ersten Frühlings, als Munde mit seiner Braut dahinfuhr, er hatte an die schwanke Spitze der Peitsche und die Messingrosen der Pferdezäume rothe Bänder geheftet als bescheidene und doch kenntliche Fahnen ihres bräutlichen Glückes. An seinem väterlichen Hause wollte ihm der Paßauf folgen, aber der alte Schäferle pfiff ihm zornig und er kehrte zu ihm zurück. Munde wußte, daß sein Vater Niemand mehr um sich haben wollte als den Hund des verstorbenen Medard, mit dem er oft stundenlang sprach. Munde kümmerte sich deß nicht mehr und fuhr wohlgemuth hinaus in den frühlingsjungen Tag. Die Sonne stand nicht am Himmel, nebelhaft verschwommene Wolken umzogen ihn und ein leiser Duft wob über den kaum ergrünenden Feldern, daraus sich einzelne Lerchen noch zaghaft zwitschernd emporhoben, um bald wieder nieder zu sinken.
    »Fränz, ich freu' mich doch, aber lach' mich nicht aus,« sagte Munde.
    »Warum?«
    »Guck, ich kann mir's gar nicht denken, daß das Fuhrwerk mein eigen sein soll und daheim noch so viel, ich mein' immer, es sei nur geliehen, ich bin bei euch zu Gast und ihr könnet mich morgen fortschicken.«
    »Du bist ein schrecklich guter, aber auch zum Verzweifeln weichmüthiger Mensch. Du bist ein gutes Schaf, aber du mußt anders werden. Wir zwei haben unsern Alten am Bändel, er merkt wohl, was wir Zwei von ihm wissen.«
    »Meinst du, er hab's wirklich than?«
    »Es ist brav von dir, daß du mir's jetzt ausreden willst,« sagte Fränz; »aber ich weiß es nicht von dir allein. Ich könnt' auftreten wenn ich wollt'. Das weiß er. Und so wirst du doch nicht auf den Kopf gefallen sein, daß du nicht merkst, er hätt' uns nicht zusammen geben, wenn ihm nicht das Gewissen schlagen thät? Wir Zwei sind unschuldig. Uns geht's nichts an. Drum mußt du dabei bleiben, daß er vor der Hochzeit alles Vermögen an uns abtreten muß. Es soll ihm nichts abgehen, er ist ja der Vater, aber wir sind die Meisterleut', so muß es sein. Kinder haben nichts darnach zu fragen, woher die Eltern das Sach haben, in zweiter Hand ist es redlich Gut und es muß ihm auch recht sein, daß er nichts mehr damit zu thun hat.«
    Die Raben, die im ersten Frühling immer so laut krächzen, flogen über den Weg hin und her, und Munde war's plötzlich, als schrien sie Rache und wäre die ganze Welt um ihn verkehrt. Er faßte sich aber und sagte endlich, nachdem er Fränz lange an sich hatte hinreden lassen:
    »Du willst mir nur die Zunge heben. Es kann nicht sein, daß du das glaubst.«
    »Ich erkenn' deine Gutheit wohl,« erwiderte Fränz, »aber wir Zwei brauchen uns nichts vor einander verhehlen. Es hat schon Mancher Aergeres gethan als mein Vater, und daß dein Medard verunglückt ist, dafür kann er nicht. Aber dabei bleiben mußt, daß wir die Meisterleut' sind, er ist mit seinem Großthun im Stand und ladet den Wagen noch einmal zu hoch, daß er umschmeißen muß.«
    Munde hieb gewaltig auf die Pferde ein, als müßten sie ihn schnell an dem Abgrunde vorüber führen, in den er plötzlich hinein sah. So hatte der alte Schäferle Recht, und war vielleicht das Gräßlichste wahr?
    Hätten sie nicht zu Gevatter stehen müssen, Munde wäre vielleicht gleich umgekehrt. Aus allem dem nahm seine Gemüthsart eine unberechenbare Wendung.
    Die Scheidekünstler wissen zu bestimmen, welche Wirkung ein Stoff auf den andern hervorbringt; welche Wirkung aber ein Wort in fremdem Gemüthe verursacht, ist nicht so leicht in ein Gesetz zu fassen.
    »Das freut mich, du bist nicht so stolz wie ich glaubt hab',« sagte Munde endlich.
    »Warum? Wie meinst?« fragte Fränz verwundert.
    »Wenn du stolz wärst, hättest du mir das nicht gesagt und hättest mich auf dem Glauben gelassen, daß mir eine besondere Gnade damit geschieht, des Diethelms Tochtermann zu werden. Aber jetzt ist mir's fast lieb, daß du mir's gesagt hast. Ich seh', ich geh' dir über Vater und Mutter, und du hast mich an mir selber gern und willst nichts vor mir voraus.«
    Fränz rieb sich Anfangs betroffen die Stirne. Sie hatte mit ihrem losen Herausplaudern, statt dem Vater einen Fallstrick zu legen, sich selber gefesselt. Sie hatte nicht den Muth, zu thun, als ob sie Alles nur im Spaß geredet, und als sie zuletzt hörte, wie gut der Munde ihre Rede auslegte, bewältigte sie diese

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