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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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den Herzen der drei Menschen, die da hinfuhren, war Widerstreit und Trübsinn mancher Art. Dazu kam noch, daß es Diethelm nicht lassen konnte, Munde über die Art, wie er die Pferde führte, zurecht zu weisen, und es giebt vielleicht nichts, was leichter zu Zorn aufreizt, als ein Dreinsprechen beim Pferdelenken. Wenn es einen kleinen »Stich« hinabging, rief Diethelm jedesmal: »Sperr die Mick 1 und fahr Trab, dreh' noch besser.« Munde ließ es an heftiger Widerrede nicht fehlen, peitschte oft geflissentlich die Pferde und fuhr im Zorne in der That ungeschickt, besonders beim Ausweichen, so daß es mehrmals ein Unglück gegeben hätte, wenn ihm Diethelm nicht in die Zügel gefahren wäre. Fränz wartete immer darauf, daß Munde einmal tapfer aufbegehren und die ganze Geschichte hinwerfen werde; als es aber immer nicht geschah, biß sie sich auf die Lippen und murmelte still vor sich hin Schimpfworte auf Munde, die sie hinter seinem Rücken sprach.
    Man kehrte in der Hauptstadt im Rautenkranz ein und Fränz war wenigstens einigermaßen zufrieden gestellt, als Munde beim Absteigen sagte:
    »So, jetzt beim Heimfahren könnet Ihr kutschiren, Schwäher, nicht um ein Königreich fahr' ich noch einmal so. Komm Fränz, wir Zwei wollen zusammen halten. Weißt noch, wie oft ich da bei dir gewesen bin? Ich freu' mich, grad hier zu zeigen, daß wir doch noch ein Paar geworden sind.«
    »Siehst jetzt, daß ich Recht hab'?« entgegnete Fränz, als sie mit ihrem Bräutigam allein war, »mit meinem Vater kommt kein Tochtermann aus, der ihm nicht den Meister zeigt.«
    Sie blieb stets bei diesem Gedanken.
    Im Rautenkranz war schon heute ein buntes Gedränge von Menschen in Trachten aus allen Landesgegenden, und dazwischen sah man Soldaten von allen Waffengattungen, die sich hier bei Angehörigen und Bekannten gütlich thaten; aber mitten im Gewoge beharrte die stattliche Rautenwirthin an der Anrichte, wie ein Fels im Strome, und je lärmender und unruhiger es um sie her wurde, um so bedachtsamer und gemessener ertheilte sie ihre Befehle und zählte Alles genau nach, was aufgetragen wurde. Dazwischen fand sie immer noch Zeit, auf Nachfragen der Gäste bündigen Bescheid zu geben. Als sich Fränz mit Munde zu ihr hindurchgedrängt hatte, wurde Erstere mit besonderer Freundlichkeit bewillkommt. Die Rautenwirthin sagte, daß der Schaffner, mit dem sie damals gefahren sei, Fränz nicht genug habe rühmen können, und wie man ihr überhaupt viel Gutes nachsage, daß sie Vater und Mutter so getreulich pflege. Fränz war stolz und hochfahrend, und doch war's ihr beim Lob der Frau Rautenwirthin, als setzte man ihr eine Krone auf. Diese Frau hatte es durch Schweigsamkeit und Zurückhaltung dahin gebracht, daß schon eine freie Anrede, um wie viel mehr ein Lob von ihr als Ehrenschmuck galt, und sammelte sich hier gute Nachrede, so war man deren im ganzen Lande gewiß. Mit seltsamer Befangenheit sagte nun Fränz, daß sie mit Munde verlobt sei. Die Rautenwirthin zog nur ein wenig die Brauen ein und sagte: »Das ist schnell gangen. Ich wünsch' Glück.« Dann wendete sie sich um und gab anderen Gästen Bescheid.
    Munde saß verdrossen bei Fränz, die Eifersucht hat einen raschen Scharfblick, er behauptete Fränz schäme sich seiner und durch diesen offenen Ausspruch wurde die noch halb schlummernde Empfindung der Fränz plötzlich geweckt.
    »Und wenn's wär',« sagte sie aufbegehrend, »wenn ich ein Mann wär', ich thät mir eher die Zung' abbeißen ehe ich einem Mädle sagen thät, es kann sich meiner schämen. Aber du, freilich, du bist dagestanden wie der Bub, der die Milch verschüttet hat. Ich sag' dir's noch einmal, du mußt ganz anders werden oder du bringst's dahin, daß ich mich deiner schäm', ja, dahin bringst's, ja, daß du's nur weißt.«
    Munde behielt nur die ersten Worte der Fränz, und er fühlte, daß sie Recht habe. Die gereizte Seelenstimmung hat aber etwas wahrhaft Ansteckendes. Munde war von Fränz gedemüthigt worden und nun mußte er ihr Gleiches entgelten; mit fast schadenfroher Miene sagte er: »Mir hat's für dich einen Stich in's Herz geben, wie die Rautenwirthin dich gelobt hat, daß du so ein gutes Kind gegen deinen Vater bist. Wenn die Leute wüßten, wie's eigentlich ist ...«
    Fränz knirschte die Zähne über einander und sah Munde mit einem zermalmenden Blicke an; hätte sie ihn damit in Stücke zerreißen können, sie hätte es gethan. Sie wollte aufstehen, aber Munde hielt sie fest und sagte begütigend:

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