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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Eurer Frau versprochen, Euch gleich zu melden, daß Ihr heimkommen sollet. Ich hab' mein Versprechen gehalten und will nicht darnach forschen, warum Ihr in einsamer Nacht da umherläuft. Daneben leg' ich Euch nichts in den Weg, vor mir kann der Diethelm ruhig sein, wenn er's vor sich auch kann.«
    Schnell eilte Munde davon und hörte nicht darauf, daß ihm Diethelm noch nachrief, er möge ihn begleiten.
    Wie traumwandelnd ging Diethelm in die Stadt zurück. Im Umschauen gewahrte er wieder die zerstreuten weißen Punkte auf dem Berge und jetzt erinnerte er sich, daß das ja nur Kreidefelsen waren, die hier zu Lande auf den Bergen liegen gelassen werden, um die Dammerde vor Abschwemmungen zu wahren. Im Wirthshaus schrieb er einen Brief an den Vorsitzenden und schickte ihn doch nicht ab; er wartete mit Ungeduld auf den Morgen und eilte in aller Frühe zu dem Vorsitzenden, ihm ankündigend, welche Botschaft ihm ein Soldat gebracht, den er genau bezeichnete. Der Vorsitzende entließ ihn und Diethelm hörte kaum, daß heute ohnedieß keine Sitzung sei. Noch einen Augenblick sah er seinen Schwiegersohn und bat ihn, Fränz von dem Geschehenen zu benachrichtigen, dann fuhr er mit Extrapost heimwärts, er fand aber seine Frau nicht mehr am Leben und hörte nur von der Frau Kübler, wie innig sie seiner gedacht und immer gerufen habe: »Du bist unschuldig. Du bist mein braver Diethelm.«
    In seinem aufrichtigen Schmerze tröstete ihn der Gedanke, daß sie in diesem Glauben gestorben war. Er machte eine namhafte Stiftung zu ihrem Andenken und war überaus mild und freigebig.
     
Neunundzwanzigstes Kapitel.
     
    Von Fränz war ein Brief aus der Kreisstadt gekommen; sie hielt sich dort bei den Eltern ihres Bräutigams auf, hatte die Todesnachricht erfahren und fragte, ob sie nun dennoch heimkommen solle und wenn dieß der Vater wünsche, möge er ihr Jemand zum Geleite schicken, da es nicht mehr für sie passe allein zu reisen. Dieser Brief war für Diethelm voll Betrübniß, er sah darin auf's Neue die Herzlosigkeit seines Kindes, das nicht über Alles hinweg zu ihm eilte, um ihn nicht allein seinem Schmerze zu überlassen und am Grabe der Mutter mit zu weinen. Ja, Diethelm fühlte, daß er in seiner Frau nicht nur eine treue Ehegenossin, sondern auch eine mütterliche Sorgfalt verloren, die allezeit fest und unbeirrt ihm sich zuwendete. Er ging im Dorfe mitten unter den Menschen umher wie ein in Waldesdunkel verirrtes Kind, so verlassen, so hülflos erschien er sich. Was nützte ihm all die Ehrerbietung und zuthuliche Theilnahme der Menschen? Das waren doch nur Bettelpfennige, die man dem Hülflosen am Wege zuwirft und ein Jedes ging schließlich doch seinem eigenen Lebenskreise und seiner Lustbarkeit nach und ließ ihn mit sich allein. Mit der jungen Frau Kübler zankte Diethelm stets, sie machte ihm nichts recht, das war Alles anders gewesen zu Lebzeiten der Meisterin.
    Der Vetter Waldhornwirth hatte ihn gar noch gekränkt, denn als ihm Diethelm über das herzlose Wesen der Fränz Klage führte, hatte er gesagt:
    »Ich wüßt' was ich thät', das hoffährtige Mädchen bekäme mir eine junge Mutter. Ihr seid ein Mann in den besten Jahren und ich will für Euch freiwerben, ich weiß, wo ich anklopfe wird mir aufgemacht, ein neues Haus und eine neue Frau.«
    Diethelm schrieb der Fränz, sie solle an einem bestimmten Tag in der Kreisstadt seiner warten und er bereitete nun Alles vor, um Buchenberg auf ewig zu verlassen; einstweilen, bis er einen schicklichen Käufer gefunden, übergab er dem Vetter Waldhornwirth Alles zur Ueberwachung. Es gingen aber doch noch Tage darauf bevor er fortkam, da waren noch hunderterlei Sachen abzuwickeln und diese Tage wurden ihm zur höchsten Pein; der Geist, der aller gewohnten Umgebung bereits Ade gesagt und doch noch mitten in ihr steht, erschien wie ein ruheloses Gespenst, das noch umwandeln muß. Endlich am zehnten Tage nach seiner Rückkehr fuhr Diethelm allein mit seinen Rappen davon. Er drückte den Hut tief in die Stirn und schaute nicht rechts und nicht links und erst als er die kalte Herberge hinter sich hatte, athmete er frei auf.
    Das Reisen im frischen Herbsttage, das Fahren im eigenen Gefährte belebte ihn wieder neu und am zweiten Mittage kam er wohl gekräftigt in der Kreisstadt an. Fränz, die er bei den Schwiegereltern traf, klagte und weinte viel und doch schien es Diethelm, als ob sie Manches nur erkünstle, um vor den Schwiegereltern als gute Tochter zu erscheinen; sie ging so

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