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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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wird ja noch immer geloost, und er kann frei werden, und ist es nicht, so wollte er sich als Mann zeigen, beschwichtigte er sich. Seine ganze trotzige Kraft war wieder in ihn zurückgekehrt.
    Am Morgen, als die Gerichtsverhandlungen begannen, wurde Diethelm von seinen Schwurgenossen herzlich bewillkommt; nur der Steinbauer blickte vor sich nieder und Diethelm heftete seinen Blick so lang auf ihn, bis er aufschaute und dann wie getroffen das Haupt wieder senkte. Das war ein Triumph, der schon viele Beschwerden aufwog. Auch der Rechtsanwalt Rothmann bewillkommte Diethelm herzlich und lobte ihn wegen seines Wiederkommens. Bei jedem Namen, der aus der Urne gezogen wurde, war Diethelm voll Spannung und er hatte wirklich die Freude, daß schon die Zahl elf voll und er noch nicht unter den Gezogenen war; aber nun machte Rothmann von seinem Ablehnungsrecht Gebrauch und verwarf sechs der Ausgeloosten, bis Diethelm endlich als Letzter doch noch unter die Zahl der Geschwornen kam. Er nickte ruhig und setzte sich auf seinen Platz.
    Im Gerichtssaal war der Zuhörerraum, der nur durch ein Gitter abgeschieden war, gedrängt voll und in der Loge der Schwurbank gegenüber saß ein Mädchen in Trauerkleidern: es war Fränz, die mit doppelt bangen Gefühlen Vater und Bräutigam in öffentlicher Wirksamkeit sah.
    Sie hatte sich kindisch gefreut, als dieser am Morgen bei ihr eingetreten war in der schönen Uniform, sie hatte den blauen Militärfrack mit amaranthrotem Kragen, das Bandelier mit dem goldgefäßigen Degen und den Tressenhut mit wahrem Jubel bewundert.
    Die Anklageschrift wurde verlesen und der Staatsanwalt schilderte mit hinreißender Beredtsamkeit die Verruchtheit eines Verbrechens, das immer mehr über Hand zu nehmen drohe, Eigenthum, öffentliches Vertrauen und öffentliche Moral zerstöre: und beschwor die zwölf Männer aus dem Volke durch ihr Schuldig dieser Alles verheerenden Ruchlosigkeit einen Damm zu setzen. Fränz beugte sich weit heraus, die glänzende Rede ihres Bräutigams, sowie seine Erscheinung mußten ihr sehr gefallen. Reppenberger benahm sich klug und gewandt mitten in allem Kreuzverhör und wußte Alles auf die unschuldigste Weise zu erklären, ja er verstand es sogar mehrere Zeugen durch Fragen, die er an sie stellte, zu verblüffen. Den Betrug schob er auf seinen Geschäftsgenossen, der, vor Kurzem entflohen, ihn betrogen habe, und nun hätten schlechte Menschen ihm Feuer angelegt. Gegen Diethelm und die Geschwornen überhaupt schaute der Reppenberger kaum auf, er hielt den Blick fast ausschließlich auf die Richter gewendet, und nur manchmal beugte er sich hinter die Brüstung nieder und nahm eine Prise aus seiner bekannten birkenrindenen Dose. Eine große Zahl von Belastungs- und Entlastungszeugen wurde verhört und Diethelm stellte an diese sogar selbst einige sachgemäße und entscheidende Fragen.
    Mittag war längst vorüber, als das sogenannte Plädoyer begann. Rothmann schilderte in ergreifender Rede das Loos des Angeklagten, der sich redlich wieder emporgearbeitet habe, und nun, weil er einmal in Elend versunken gewesen war, dem lauernden Verdacht und der boshaften Schadenfreude nicht entgehe. So eifrig auch Rothmann seinen Schützling vertheidigte, er ließ sich doch nie zu jener heillosen, alle Sittlichkeit verkehrenden Weise verleiten, wo es immer heißt: »Es ist meine heiligste innigste Ueberzeugung,« während dieß keineswegs immer der Fall ist. Er verhielt sich ganz gegenständlich und suchte nur die Möglichkeit eines andern als verbrecherischen Vorganges in's Licht zu setzen. Es war nicht minder klug als ehrenhaft, daß er die über Hand nehmende allgemeine Entsittlichung durch die muthwilligen Brandlegungen schilderte: wie der erste Gedanke beim Vernehmen der Sturmglocke nicht mehr Mitleid, sondern im besten Falle Zorn sei, in der Regel aber ein teuflisches Frohlocken, daß es gelinge, den Staat zu Gunsten eines Schurken zu betrügen, wie da Alles müßig umherstehe und oft die Zimmerleute noch in Hoffnung auf Verdienst durch den Neubau und den Dank des Abgebrannten dem Feuer Luft machen.
    Vom aufrichtigen Beklagen dieser Entsittlichung ging er auf die Unschuld seines Schützlings über, und jetzt wendete er sich an die Schwurbank und rief: »den Ehrenmann« dort, der selbst einmal unter so nichtiger Anklage gestanden, auf, bei seinen Mitgeschwornen auf eine leidenschaftslose Prüfung der vorliegenden Umstände hinzuwirken.
    Der Staatsanwalt unterbrach den Vertheidiger und verlangte

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