Schwarzwaelder Dorfgeschichten
versteinert, dann faßte er sich schnell und machte allerlei Versuche Monika zum Lachen zu bringen und ihr das Geständniß abzuzwingen, daß sie ihn nur necke; aber keine Miene in ihrem Gesichte zuckte, sie schaute ernsthaft drein und verließ ihn indem sie ihm noch mehr solche gute Träume wünschte.
Brosi schaute mit verdächtigem Blick auf das Haus des Apothekerrösle, das ganze Haus schien ihm nicht geheuer, da man darin so lebhafte und wunderliche Träume haben könne; und doch wollte er wieder nicht daran glauben, daß all das Erlebte nur ein Traum gewesen, und wiederum dünkte ihn das doch besser; denn wenn Monika jetzt ein falsches Spiel mit ihm triebe, war sie ja falsch wie Galgenholz; drum muß es doch ein Traum gewesen sein.
Am andern Tage machte Brosi einen Versuch an der Treppenthür und fand die Aussage der Monika richtig, es bedurfte nur eines geschickten Griffs an die Thüre, um den Riegel auf oder zu zu machen. Bei dieser Gelegenheit entdeckte aber auch Brosi den baufälligen Zustand des Hauses; und als die Gartenmauer vollendet war, machte er sich an Instandsetzung des Innern. Wo er anklopfte, stäubte es ihm entgegen. Die Umfassungsmauern bestanden aus aufgeschichteten Querbalken, die noch ziemlich Stand hielten, aber die Riegelmauern zerbröckelten fast bei starker Berührung und besonders die Feuerwand, die nach der Küche ging und so oft von den drei Schlägen erdröhnte, hatte einen wundersamen Bestand, die drei Schläge mußten mit besonderer Kunst geführt werden, da die Wand nicht einstürzte.
Das Apothekerrösle wußte es Brosi wenig Dank, daß er mit Aufopferung all seiner freien Zeit und da diese nur kurz gemessen war, sehr langsam das Häuschen so herstellte, daß es »behäb war wie ein Büchschen.« Das Apothekerrösle hatte nur immer zu klagen, daß es diesen Staub und dieses Gehämmer noch erleben müsse. Desto dankbarer aber war Monika und als sie ihm einst sagte:
»Brosi, du baust zwei Kirchen, dort die große und hier eine kleine, die dir Gott lohnen wird,« da warf Brosi Hammer und Kelle weg und die lang verhaltene Liebe brach in die Worte aus:
»Und ich will dich von Gott zum Lohn und weiter nichts.«
»Ich hab' auch sonst nichts, denn das Häusle ist verschuldet, und unsere Kuh haben wir nur im Bestand.«
Der Bund war geschlossen, und das Apothekerrösle sagte: es freue sich nur, daß es doch Recht behalte; es thue kein Mensch etwas aus Gutheit, der Brosi habe Haus und Garten nur hergerichtet, um Alles zu haben. Mit Nachdruck setzte es dann hinzu, wie gerichtlich festgestellt werden müsse, daß die beiden älteren Töchter, die in der Schweiz dienten, ein Heimathsrecht im Hause hätten, das ihnen Niemand verkümmern dürfe. Ueberhaupt hob das Apothekerrösle mit schmatzendem Munde alle die Mißlichkeiten hervor, die dem neuen Hausstande drohten, so daß Brosi oft zaghaft werden mußte, wenn er nicht bedacht hätte, daß seine Schwiegermutter ingrimmig sei, weil sie einen Tochtermann bekam, den sie nicht eingestellt und in der Hand hatte. Moni lobte ihn über diese Auslegung als tiefen Menschenkenner und bestärkte ihn mit heiterm Sinn in froher Zuversicht.
Als erstes Geschenk des nun geschlossenen Bundes wollte Brosi von seiner Moni wissen, ob er an jenem Abend wirklich geträumt habe; aber Moni wich ihm aus, und als er immer dringlicher ward, sagte sie ihm, am Hochzeitstage werde Jemand kommen, der ihm Alles erkläre, er dürfe aber nie mehr vorher darnach fragen.
Fußnoten
1 Geschickter Handgriff.
Viertes Kapitel.
Es giebt ein Bekenntniß der Armuth, das sich unter allen am schwersten bekennen läßt: es ist die Armuth an Freundschaft. Nur ein in ungemessener Selbstherrlichkeit sich erhebendes Wesen vermag dieses Geständniß mit einem gewissen heitern Gleichmuth zu thun, weil sich darin wiederum die große Thatsache offenbart, daß Niemand ihm gleichkomme, sei es an wirklichem Gehalt oder auch nur an Verständniß seiner unerfaßlichen Bedeutsamkeit. Untergeordnete, in sich oder von der Welt sich abhängig fühlende Naturen dagegen, erkennen in ihrem Mangel an Freundschaft nicht nur eine Härte und schiefe Stellung des Geschickes, die oft dabei mitwirkt, sondern auch in der Aufrichtigkeit vor sich selber einen Fehler in der eigenen Natur, die es nicht vermag, Liebe zu gewinnen und festzuhalten.
Mit demuthvoll niedergeschlagenen Augen und zitternder Stimme sagte eines Tages Moni zu ihrem Bräutigam:
»Horch Brosi, ich muß dir Etwas sagen. Dann
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