Schwarzwaelder Dorfgeschichten
sich der Brosi mit seinen beiden Hochzeitlädern auf, um in seiner Heimath die üblichen Einladungen zu machen; er trug einen Rosmarinstrauß mit rothen und blauen Bändern auf dem Hut und im Knopfloch, und ebenso die beiden Gesellen, die noch dazu Säbel an der Seite trugen. Moni schaute ihnen noch lange nach von dem wiederaufgerichteten Bachstege, und von fernher ertönten ihr noch die hellen Juchhe, die die Berge widerhallten.
Es war für Brosi eine eigenthümliche Buße, daß das erste Haus, in das er mit seinen Gesellen eintreten mußte, der Hof zur langen Furche war. Hier kam er gerade in große Festlichkeiten hinein, denn die Schwester des Furchenbauern verlobte sich mit dem Gipsmüller vom untern Thale; da standen Fuhrwerke von ob und nid der Steige wie eine Wagenburg vor dem Hause, und drinnen in der Stube war Alles gesteckt voll von dicken Verwandten beider Seiten. Brosi überkam ein Bangen und ein seltsamer Schreck als er in die übervolle Stube trat. Wie viele Menschen hatten sich hier zusammen gefunden, um den Handschlag mit zu feiern, wie wirkte das Ereigniß hinaus über Berg und Thal und eine ganze Reihe von gewichtigen Menschen trat einander nahe; wie armselig dagegen war seine Verlobung gewesen und Moni hatte Recht, da sie sagte: »Ich bin wie aus dem Stein gesprungen.« Der Furchenbauer, der es wohl bemerkte, wie Brosi so verloren um sich schaute, hielt das für eine Verlegenheit von jenem trotzigen Aufbrausen an seinem Hochzeitabende her; er trat daher auf Brosi zu, versicherte ihn herablassend seiner Gunst, und nun sprachen die beiden Gesellen den üblichen Einladungsspruch. Die neue Braut reichte dann nach gewohnter Sitte den Brodlaib, um eine Schnitte abzuschneiden, brachte aber gleich darauf auch ein groß Stück Kuchen zum Gruß an Moni, äußerte die Freude, daß an ihrem Brautmorgen ein so fröhliches Ereigniß bei ihr einkehre und versprach, sicher zur Hochzeit zu kommen. Brosi brachte seinen Wunsch vor, daß sie die Brautjungfer sein möge, und nachdem sie ihren Bräutigam geholt und diesem das Verlangen vorgetragen hatte, willigte sie gern ein. Trotz dieser Zusage verließ Brosi mit gestörtem Gemüth das Haus; die Verlockungen des Reichthums und das Verlangen, einer großen hochgeltenden Familie anzugehören, waren in seine Seele gedrungen. Er hatte nie darnach getrachtet, solch ein Mädchen zu gewinnen, das war ja unmöglich, denn die Standesunterschiede bei den Bauern stehen fast unerschütterlich fest; jetzt aber fühlte er doch etwas wie Neid und Lust nach geborgenem Vermögensstande. Er dachte auf Einmal wie viel Hammerschläge er thun müsse, bis er sich nur ein Geringes erobert haben werde; und nachmals hat er noch oft und oft davon erzählt, daß er damals auf der Schwelle des Furchenbauern erfahren, »wie der Teufel in jedem Menschen wohne und Meister werde, wenn man ihn nicht gleich beim Grips fasse und erwürge.« Jetzt hatte Brosi nichts in der Hand als das große Stück Kuchen; das gab er seinen Gesellen und brachte keinen Bissen davon über die Lippen, für sich zum Zeichen, daß er von den bösen Gewalten nichts annehme.
Brosi hatte am vergangenen Donnerstag die volle Wahrheit gesprochen: überall wohin er kam, hatte er nichts als gute Freunde und Niemand, der ihm gram war. Ja, die Freundlichkeit ging sogar so weit, daß man da und dort über seine Schwiegermutter spöttelte und ihn um diese Zuwage bedauerte, Andere machten ihm dabei noch freundschaftliche Vorwürfe, daß er so früh heirathe und sich einen so harten Anfang aufbürde; Alle aber versprachen, sicher zu kommen, zumal da man ja auch zugleich die Einweihung der Kirche mitmache. Es wurde ihm als ein kluger Streich ausgelegt, daß er seine Hochzeit auf diesen Tag festgesetzt, da es ihm so an Zuspruch und reichlichen Hochzeitgeschenken nicht fehlen könne. Von Moni sprach fast Niemand, es kannten sie auch nur Wenige; desto mehr aber sprach Brosi in sich: »Und ihr wisset Alle nicht, daß es mein klügster Streich ist, just die Moni zu heirathen.«
Als er am Abend auf dem Heimweg wieder an des Furchenbauern Haus vorüber kam und die Stelle sah, wo so böse Gedanken ihm in der Seele gewaltet hatten, eilte er seinen Gesellen voraus und wollte schnell heim zu Moni; nur auf das Zureden der Gesellen, wie es sich nicht schicke, daß er allein heimkehre, hielt er gleichen Schritt mit ihnen.
Moni war hocherfreut als sie vernahm, welch eine fürnehme Brautjungfer sie haben werde; als aber Brosi in seiner
Weitere Kostenlose Bücher