Schwarzwaelder Dorfgeschichten
bin ich aber auch ganz fertig und kannst mich aufschneiden und findest keinen verborgenen Gedanken mehr in mir.«
»Was hast? Sag's nur frei heraus.«
»Guck, mein' Mutter ist gewiß viel daran schuld, du weißt ja selbst am Besten, wie sie ist; aber ich bin auch schuld, gewiß ich auch.«
»Was hast denn? 'raus mit.«
»Guck, ich hab' auf der ganzen weiten Welt keinen Menschen, den ich zur Hochzeit laden kann, und ich hab' keine Gespiele, die an unserm Ehrentag mit mir in die Kirche geht. Die Näherlise, die in Endringen mit mir getanzt hat, wär' die einzige, aber die kann ja jetzt nicht. Ich hab' Niemand auf der Welt, ich bin wie aus dem Stein gesprungen; wenn ich mein' linke Hand in die rechte nehm', hab' ich all meine gute Freund' bei einander. Gelt, ich seh' dir's an, das thut dir auch weh', aber red' jetzt und sag', wie wir's machen.«
Moni hatte recht gesehen. Ein gewisses bräutliches Bangen, das halb verschleierte Bewußtsein, nun mit dem ganzen Leben abgeschlossen zu haben, hatte schon manchmal bei aller Zuversicht das Herz Brosi's erzittern gemacht; jetzt bei dieser Kundgebung kam es wieder. Er wollte schon losbrechen in der Darlegung seiner Bekümmerniß, als er noch zeitig genug an sich hielt, denn jetzt zum Erstenmal kam ihm der Gedanke, daß zwei Menschen, die sich zu einem vollen Gemeinleben verbinden, wohl in Ehrlichkeit und Offenheit zusammen stehen müssen, daß es aber die Pflicht des Einen sei, dem Andern, das in Leid oder Leidenschaft versunken ist, nicht durch eigene Zuthat solches noch zu vermehren, sondern ihm heraus zu helfen.
Ueber das Antlitz Brosi's zog eine eigentümliche sonnige Klärung, er faßte die Hand Moni's und sagte:
»Red' nicht so. Freilich ist's hart. Sag' aber nicht, wenn deine rechte deine linke Hand faßt, habest du alle deine gute Freund'. Da hast meine zwei Händ' und ich hab' viele Freunde, und die sind alle dein, und ich hab' Niemand auf der Welt, der was gegen mich hat, auch der Furchenbauer nicht. Ich schaff' dir Gespielen so viel du magst und die fürnehmsten aus der ganzen Gegend. Wenn nur wir Zwei mit Gottes Hülfe gut Freund sind, dann wird's die ganze Welt auch sein.«
Moni beugte ihr Haupt nieder und legte ihre brennende Wange auf die Hand Brosi's, dann richtete sie sich auf, schüttelte seine beiden Hände mit mächtiger Kraft und sagte:
»Brosi, das vergeß ich dir nie, nie, wie du jetzt gegen mich gewesen bist. Du wirst sehen, was du an mir hast.«
Die Verlobten hielten ihre beiden Hände fest und sahen einander tief in die Augen, und dieser Blick sprach mehr, als alle Worte auszudrücken vermögen. Ohne Kirche, ohne Priester und Zeugen kam die Segnung der ewigen Weihe über die beiden Verbundenen.
Moni war so aufgelöst und hingegeben, daß sie schon heute ihrem Verlobten das Räthsel jener Traumnacht lösen wollte, aber Brosi wollte nichts davon hören.
»Du mußt mich dazu anhalten, daß ich bei meinem Wort bleib', und ich will's auch so halten,« erklärte er, worauf Moni diese feste Männlichkeit hochpries. Brosi schmunzelte, dann aber sagte er mit der Zunge schnalzend:
»Jetzt ist's genug, sonst kommen wir ja in ein Geflenn, wie die Katzen auf dem Dach. Lustig, und wenn der Sack sieben Löcher hat.«
Zum Erstenmal mußte Moni mit ihm in den Auerhahn zum Weine gehen, sie sträubte sich lange dagegen und wollte es auf Sonntag verschieben; aber Brosi behauptete, heut' sei Sonntag und gab seiner Braut als Probe auf, das augenblicklich zu glauben. Lachend sagte Moni:
»Hast Recht, heut' ist Sonntag, aber ich will deßwegen auch schnell meine Sonntagskleider anziehen. Ich bin gleich wieder da.«
Sie erfüllte dieses Versprechen mit überraschender Schnelligkeit und noch nie schmeckte Brosi ein Schoppen so gut als den er mit seiner Moni austrank. Durch die Nacht heimwärts gehend, sangen sie in beweglicher Weisung:
Es giebt kein' größre Freud
Auf dieser Erden,
Als wenn zwei junge, junge Leut
Zwei Ehleut' werden.
Da giebt es keine Noth,
Kein Kreuz und kein Leiden,
Nichts als der bittre Tod
Der kann sie scheiden.
Noch nie ging Brosi so wonneselig von seiner Braut, als an diesem Abend. Als er ihr am andern Morgen begegnete, sagte sie:
»Du hast mich ganz narret gemacht, es will mir gar nicht aus dem Sinn, daß gestern Sonntag gewesen ist und die Leut' sagen, heut' sei Freitag.«
»Diese Woch' hat halt zwei Sonntäg',« entgegnete Brosi lachend und ein Jedes ging an seine Arbeit. –
Am nächsten wirklichen Sonntag machte
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