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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Offenherzigkeit auch erzählte, welche böse Gedanken ihm in der Seele aufgesproßt seien, wie er sie aber mit Stumpf und Stiel ausgerottet habe, da weinte Moni bitterlich und wollte sich nicht beruhigen lassen, so sehr auch Brosi versicherte, daß Alles wurzweg in ihm ausgejätet sei. Erst nach und nach gelang es ihm, sie zu beruhigen, aber so heiter wie die vergangenen Tage war sie doch nicht.
    Auf dem Heimwege nach seiner Schlafstelle fand Brosi mitten in der Nacht eine sehr dienliche Weisheit. »Man muß den Weibern nicht Alles berichten,« sagte er sich, »absonderlich aber nicht von Dingen, die aus und vorbei sind; sie glauben das doch nicht und meinen es sei immer was übrig. Kannst dich darauf verlassen, Moni, du kriegst nichts mehr von dem, was ich einmal 'nunter gedruckt hab'.«
     
Fünftes Kapitel.
     
    Man redet so lang von der Kirchweih bis sie endlich da ist, das ist eines der unbestreitbarsten Sprüchwörter und es bewährte sich auch in Haldenbrunn.
    Im dichten undurchdringlichen Morgennebel, den man nach dem Ausspruche Vieler fast mit Löffeln essen könnte, krachten die Böllerschüsse und ertönten zum Erstenmal die Kirchenglocken von Haldenbrunn allesammt und so hell wundersam von unsichtbarer Höhe, daß Alles auf die Straße rannte und Eins dem Andern zurief, doch auch hinzuhorchen wie schön das klinge: solch ein Geläute habe keine Gemeinde landauf und landab; Eines bestärkte das Andere in der zuversichtlichen Hoffnung, daß der Nebel fallen und ein heller Tag darüber erscheinen werde.
    Brosi ging beim ersten Geläute nach dem Hause seiner Monika, er hatte unwillkürlich die Hände gefaltet, und seine Lippen bewegten sich, denn er sprach vor sich:
    »Guter Gott, gieb, daß diese Glocken uns nur Stunden des Glücks und der Freude ankündigen.«
    Als das Gesammtgeläute vorüber war, tönten noch drei einzelne Glockenschläge nach, als sprächen sie dreimal Amen.
    Moni war nicht in der Stube, sie war in der Bühnenkammer, die Brosi wohnlich hergerichtet hatte; die Thüre war verschlossen und Brosi bat nicht um Einlaß, es wäre gegen allen Brauch gewesen, dieses Gemach jetzt zu betreten.
    »Hast's auch so schön läuten gehört?« fragte Brosi und von innen antwortete es:
    »O freilich! und ich hab' gewußt, daß du kommst und ich hab' zu Gott gebetet, er soll uns alle Stunden, die uns die Glock' angiebt, in Zufriedenheit erleben lassen und wenn es Leidmuth giebt, soll er helfen, daß wir bald wieder drüber 'naus kommen.«
    Das war ja ganz dasselbe was in Brosi's Herzen aufgestiegen war, nur noch bedachtsamer auf Leid und Ungemach. Moni ließ ihn nicht lange hierüber nachdenken, denn sie rief, indem sie eine Kiste zuschlug:
    »Wenn sich nur das Wetter auch aufheitert. Geh' 'nunter, ich komm' sogleich.«
    Das Apothekerrösle war auch heute noch voll grämlichen Klagens und sagte immer, die ganze Welt sei darauf zugespitzt um es zu ärgern: sich zum Possen müsse es den Tag noch erleben, wo Alles sich draußen freut und es müsse daheim liegen wie eine kranke Katz.
    Brosi schauderte bei dieser unzerstörbaren Giftigkeit und der Erinnerung an die Katze; er bat indeß die Schwiegermutter, doch wenigstens heute fröhlich zu sein, er wolle ihr Wein und Braten und Kuchen nach Haus schicken oder selbst bringen, sie solle mindestens heute freundlich zu den ankommenden Gästen sein, sie habe bösen Namen genug.
    »So?« rief das Apothekerrösle mit gellender Stimme, »ich weiß wohl, die Leut' halten mich für eine Hex, aber wenn ich machen könnt', daß mich die Leute für des Teufels Großmutter hielten, ich thät's. Lieber möcht' ich von einem tollen Hund gebissen sein, als von den Menschen gern gehabt. Wenn sie so recht Furcht vor mir haben, das ist mir recht. Wenn sie nur so stark Furcht hätten daß sie Alle die Gichter kriegten, wenn ich sie anseh!«
    Moni unterbrach diese Herzensergießungen, die noch viel weiter gehen zu wollen schienen, sie brachte ihrem Bräutigam das feine flächsene Hemd, das sie selbst gesponnen, gebleicht und genäht und das er heute den ganzen Tag tragen mußte. Das Apothekerrösle wollte die Geschichte vom Rockertsweible erzählen; das ein Hemd aus Brennesseln gesponnen habe, aber Moni befahl ihr in scharfem Tone davon still zu sein und klagte über die Brautjungfer, die so lang auf sich warten lasse und die Mutter äußerte schadenfroh, daß sie gewiß gar nicht kommen werde. Da ertönte das Schellengeläute eines Fuhrwerkes vor dem Hause, die Brautjungfer war

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