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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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angekommen, ihr vorauf lud man einen großen Sack ab, es war ein Malter Weißmehl, das als Hochzeitsgeschenk in den Hausgang gestellt wurde. Ehe die Brautjungfer in die Stube ging, ließ sie den Sack umdrehen und da war auf demselben deutlich »Ambrosius Heller 1799« in einem Kranze zu lesen. Die Brautjungfer trug einen Rosenkranz um die Hand geschlungen, offenbar zum Schutz gegen die Hexerei des Apothekerrösle; sie schickte sogleich den Brosi fort, da es gegen alles Herkommen war, daß er sich jetzt im Hause befand.
    Zum Zweitenmal knallten die Böllerschüsse, die Glocken läuteten und Alles jauchzte, da die Sonne hell hervorbrach. Moni war besonders glücklich, da sie just in dem Augenblicke so hell erglänzte als ihr die Brautjungfer die Flitterkrone, die sogenannte Schappel aufsetzte. Die Sonne hatte aber in Haldenbrunn noch gar viel andere Herrlichkeiten zu bescheinen: vom Thurme flatterten Fahnen und an den Häusern hingen überall Kränze von grünen Tannenreisern und Stechpalmen, aus denen in Ermanglung von Blumen aufgereihte Hagebutten und Zweige von Pfaffenhütchen und Vogelbeerbüschel hervorschauten. Der Auerhahnwirth hatte von seinem Hause nach dem gegenüberstehenden Kirschenbaume am Röhrbrunnen einen mit vielen Bändern verzierten Kranz gezogen, und auf den Straßen lagen überall Tannenreiser, Ginster und sogenanntes Schafterheu; der Wald hatte seinen Gruß gesendet zum Danke dafür, daß ihn nun Glockenschall durchhallte.
    Die Burschen von Endringen kamen alle insgesammt unter Pistolenknallen und mit bänderverzierten Rosmarinsträußen auf dem Hute, sie holten Brosi ab, um ihm das Geleite nach der Kirche zu geben. Als es zum Drittenmal läutete, Böller- und Pistolenschüsse knallten, ertönte die Musik, die beiden Hochzeitläder gingen mit gezücktem Säbel vor und hinter der Braut; zum Erstenmal ertönte zum feierlichen Gottesdienste die Orgel in der Kirche und man sah viele Leute vor Freude und Rührung weinen. Der Geistliche, ein Heimathgenosse Brosi's, aus Endringen gebürtig, verstand es, die rechten Worte für die Weihestimmung zu treffen und als er die Anrede an Brosi hielt, wünschte er ihm, daß sein Glück so fest und ohne Wanken sein möge wie die Steine des Baues, die er zusammenfügen geholfen.
    Beim Ausgang war ein großes Gedränge, abermaliges Läuten, Böllerkrachen und Musikschall und jetzt, nachdem der nöthige Ernst abgethan war, brach die Freude mit verdoppelter Macht hervor.
    Die Brautführer geleiteten die Braut und deren Gespiele bis in's Wirthshaus, stießen dort ihre Säbel in die Stubendecke, genau da, wo Braut und Bräutigam sitzen müssen und nun begann der Brauttanz. Es war eine Lustbarkeit, wie sie zwischen den dunkeln Wäldern noch selten gefunden war und Brosi nickte zufrieden als ihm einer der Burschen mitten aus dem Tanze zurief: »Heut sind wir Alle lauter Brosi's.« Er selbst fühlte sich in seiner neuen Würde zu ernstem Maßhalten gestimmt, er hatte auch dafür zu sorgen, daß er mit Jedem der Gäste ein freundliches Wort sprach und daß Jeder für sein Geld gehörig bedient werde. Auch hatte Brosi Grund genug zu ernstem Nachdenken. Er hatte seiner Schwiegermutter Wein und Essen nach Haus gebracht und sie hatte vor seinen Augen den Wein in die Stube geschüttet und dabei so höllisch gelacht, als wäre ihr Wunsch vom Morgen in Erfüllung gegangen und sie wirklich des Teufels Großmutter. Er suchte indeß den Gram darüber zu verwinden und in erster Anwendung seines vor der Hochzeit angelobten Verfahrens unterließ er es, der Moni etwas davon zu sagen. Diese strahlte in harmloser Seligkeit und brachte es eben dadurch auch zuwege, ihn zu erheitern und den Vorsatz in ihm zu befestigen, das Apothekerrösle wie einen Narren zu behandeln, mit Geduld und Gleichgültigkeit.
    Als es Abend zu werden begann und manche Gäste sich zur Heimfahrt anschickten, schrie Alles wie aus Einem Munde:
    »Bändelestanz! Brositanz!« und Brosi mußte den auf der Hochzeit des Furchenbauern erfundenen Reigen abermals ausführen. Heute aber faßte er nur seine Moni und sang dabei:
     
    Weil Scheiden bitter ist
    Und 's Lieben süß,
    Jetzt leg i meim rechten Schatz
    D' Händ unter d'Füß'.
     
    Trotzdem schon viele Pferde auf der Straße angespannt waren und hell wieherten, versprachen doch alle Gäste noch zu bleiben, wenn Brosi auch noch den Hoppetvogel und den Siebensprung ausführe. Er ließ sich dazu nicht lange bitten und man konnte nicht sagen, wer Alles zierlicher und auf den

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