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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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mit dem aufgespannten Sonnendach ging das Mädchen oft im Dorfe umher mit dem stolzen Selbstgefühle einer für diese Umgebung zu hoch gebildeten Seele. Der Gevatter Auerhahnwirth hatte seinen Pathen gefragt, ob seine Frau französisch könne und mit der bejahenden Antwort eilte er zu seinem Töchterchen und befahl ihm, sich an die Engländerin anzuschließen und dem Dorfe zu zeigen, was sie könne. Das Mädchen mochte endlich weinend gestehen, daß es ja noch gar keine Uebung habe, der Vater ließ nicht ab und sagte immer: dann üb' dich, jetzt hast du die beste Gelegenheit dazu. »Du mußt, üb' dich jetzt.« Zur Verlegenheit Aller zeigte sich aber, daß das Mädchen weder ein Wort französisch verstand noch sprechen konnte; der Revierförster fluchte über den Lehrer von Endringen, dem man noch jedesmal wenn er Stunde gab, ein Glas Wein einschenkte, aber das half nichts mehr und Brosi war nicht wenig stolz, als er eines ungeahnten Reichthums inne wurde: er kannte vom Elsaß her einige französische Brocken und seine Söhnerin klatschte darüber vor Freude in die Hände.
    Am Nachmittag war große Gasterei bei der Schwester Rösle, es wurde sehr satziger Kaffee aus kleinen Tassen getrunken und dazu »Sträuble« (Spritzkrapfen) gegessen; das Rösle, das von der Hitze und der Bereitung des Schmalzgebäckes glänzte, ließ sich nicht bewegen, mit an den Tisch zu seinen Gästen zu sitzen, es lief mit seiner ältesten Tochter immer ab und zu und bediente mit Kilians Frau die Eltern, den Bruder und die Schwägerin. Severin hatte sich bald entfernt, da er einen Bauriß zu vollenden habe und bestimmte seine Frau, nur unter den Angehörigen zu verbleiben. Er verrechnete sich nicht. Agnes wagte es, wenn Severin nicht dabei war, ihr weniges Deutsch zum Besten zu geben und lernte noch Manches dazu von den Eltern und der Schwägerin, und die Art, wie sie das bereits Gekannte aussprach und das Neuerlernte nachbuchstabirte, und dabei so treuherzig vertrauend lächelte und Alles nachmachte, erregte große Heiterkeit und oft lautes Lachen. Mit Beihülfe vieler Pantomimen erklärte ihr Brosi, sie sei ihm wie ein kleines liebes Kind, das erst sprechen lerne, und das sei ja die schönste Zeit der Kinder, das sei die Zeit der Apfelblüthe. Das Letzte verstand die junge Frau nicht, aber das Erste begriff sie und mit einer das tiefste Herz ansprechenden Innigkeit ahmte sie nun die Weise eines kleinen Kindes nach, so daß Brosi oft mit beiden Händen auf die Lederhosen schlug und hoch beteuerte:
    »Sie ist mir tausendmal lieber als der Severin, das ist ja was Herziges, er ist sie gar nicht werth.«
    Die Hühner Rösle's waren auch zu Gaste in die Stube gekommen, man wollte sie schnell hinausscheuchen, aber Agy verstand ihre Bitte deutlich zu machen, daß man sie da ließe. Ihren Zusatz: daß dieses Gemeinleben der Menschen mit den Thieren sie freue, begriffen die Hörer nicht; aber Brosi hatte eine Ahnung davon, denn er sagte:
    »Sie hat ein gutes Herz, sie ist auch gegen die Thiere gut. Der Severin muß doch das Herz auf dem rechten Fleck haben, daß er so ein Frauele genommen hat.«
    Als sie ihm zuletzt noch den Rock auszog und theils mit Worten, theils mit Zeichen ihm sagte: es sei viel schöner, wenn er in Hemdermeln sei und er brauche sich vor ihr nicht einen Zwang anthun, da rief Brosi:
    »Moni, wenn du nicht mit mir goldene Hochzeit machst, da geh' ich nach England und hol' mir auch so Eine.« Er sprang in die Höhe, seine Hand, die sich wie Tannenrinde anfühlte, faßte die Hand der jungen Frau, und mit großer Beschwerde erklärte er ihr, daß sie auf seine goldene Hochzeit kommen und mit ihm tanzen müsse. Die junge Frau, die von dieser bevorstehenden Feier schon wußte, ahmte zur Bekundung ihres Verständnisses den Geistlichen und den Bräutigam und die Braut und die Musikanten nach. Brosi schnupfte nochmal so viel vor Freude, aber putzte sich die Hand schnell ab, und faßte immer wieder die Hand seiner Söhnerin und sagte zu den Umstehenden:
    »Das Händle ist wie lauter Seide und Baumwoll', o wie muß das Einen streicheln,« er führte sich die Hand über seine Backen und machte die Geberden des höchsten Entzückens.
    Am Abend konnte der Brosi seinem Severin gar nicht genug erzählen, welch eine liebe Frau er habe und er schaute den Sohn viel freundlicher an. In ihrem Hause sang Brosi für seine Söhnerin, die um einen Sang gebeten hatte, mit seiner Frau, dem Rösle, der Schwiegertochter und dem Kaspar allerlei Lieder.

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