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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Moni noch schüchtern Einsprache that; er sagte stets, er habe es seiner englischen Söhnerin versprochen, und faßte oft deren Hand.
    Als man gegen Abend heimkehrte, wartete man nicht erst die Aufforderung der Agy ab, und singend zog man in das elterliche Haus.
    Im Auerhahn war heute große Versammlung, Alles erwartete die Ankunft Severins, aber dieser sagte, daß er nicht hingehe, und wunderbarer Weise – Brosi gab ihm Recht und sagte, er bleibe auch daheim. Es schien indeß nur wunderbar, es hatte Alles seinen guten, wenn auch geheimen natürlichen Grund. Brosi wußte, daß die Menschen, immerdar neidisch auf ein unantastbares Glück, fast eine Genugthuung darin empfinden werden, daß der andere Glaube der Söhnerin einen Schatten darauf werfe; er wollte sie das in gemeinsamer Versammlung auskosten lassen und hoffte, daß sie dann damit fertig seien.
    Mit den Seinen saß er in seiner Stube, schnupfte vergnüglich und plauderte Allerlei; Severin erzählte viel von seinem Leben, und wie er so schnell zu der Berufung und der raschen Heirath gekommen sei, daß er nicht vorher schreiben gekonnt. Man holte den sehr steif gewordenen Ranzen, den Severin ehemals so trotzig zurückgelassen hatte, er bestimmte ihn jetzt für den ältesten Sohn seiner Schwester Rösle, der als Schuster in der Lehre stand und bald auf die Wanderschaft Ziehen wollte. Der Franz, der später in den Familienrath nachgekommen war, wollte auch ein Wort dazu thun und sagte:
    »Severin, du bist jetzt Oberbaurath, was kannst denn jetzt auch noch werden? Kannst auch noch höher 'nauf?«
    »Freilich, ich kann Oberbaudirector werden.«
    »Und dann?«
    »Weiter nichts mehr als – Engel,« antwortete Brosi. Ein schallendes Gelächter erfüllte die Stube und Brosi lachte nochmal mit, als Severin seiner Frau Alles verdolmetscht hatte und diese herzlich lachte.
    Franz ließ sich aber nicht so bald von seinen Erforschungen abbringen, sie waren nicht bloß Neugier; er bat seinen Bruder, ihm auch eine feste Anstellung zu verschaffen, das Amt eines Weginspektors sei jetzt frei, und das könne er wohl versehen. Severin erklärte ihm, daß er keine Stellen zu vergeben habe, und auch Kilian fragte jetzt:
    »Sollen wir denn bloß noch die alten Maurer sein, wenn du unser Oberbaurath bist?«
    Severin erklärte, daß das nichts ändere, und wie das leicht geht: nach großer, anhaltender Freude thut sich plötzlich unversehens eine Verstimmung auf; so geschah es auch hier. Die Brüder fühlten sich zurückgesetzt; aber Brosi verstand es, ihnen die Sache deutlich zu machen, und schloß damit:
    »Es bleibt ein Jedes, was es ist. Im geraden Weg braucht Eines das Andere nicht, und im ungeraden wird euch der Severin schon beistehen. Haltet nur getreulich zusammen, wenn eure Eltern auch nimmer da sind.«
    Diese Mahnung verfehlte ihre Wirkung nicht und wenn auch nicht in heller Freude, so doch in stiller gesättigter Beruhigung ging man auseinander, zumal da Severin noch kurz versprach, stets der Seinigen eingedenk zu bleiben. Am andern Morgen, als Severin und Agy nach der Residenz abgereist waren, sagte Brosi immer:
    »Ich weiß nicht, wie mir ist, mir fehlen die Kinder in allen Ecken, ich kann mir's gar nimmer denken, wie's einmal gewesen ist, wo wir noch gar nichts von ihnen gewußt haben.«
    Jetzt, da Severin fort war, hatte Brosi im Gedenken an ihn fast noch mehr Freude von ihm, als während seiner Anwesenheit. Er gab Moni Recht, als sie sagte:
    »Er ist doch ein prächtiger Mensch, er redt nicht viel, aber jedes Wort von ihm ist wie ein Eid, da kann man Häuser drauf bauen.«
     
Neunzehntes Kapitel.
     
    Severin kam während des Sommers mehrmals, aber er hielt sich meist in Endringen auf, wo er, wie er sagte, mit dem Bürgermeister Geschäfte habe. Als Severin seinem Vater eine frohe Hoffnung mittheilte, erwiderte dieser kein Wort, er wollte lieber nichts wissen als daß er durch eine Frage Auskunft darüber erhielt, in welcher Religion die Kinder erzogen werden.
    Es verging kein Tag, an dem nicht Brosi seine »gesetzte Arbeit«, wie er sie selbst scherzweise nannte, vollführte. Moni schien sich wahrhaft zu verjüngen, seitdem ihr Severin und ihre Agy da gewesen, und sie war es auch, die zu jeder Zeit schöne Geschenke von ihrer Söhnerin, der Oberbauräthin, erhielt; besonders ein handfester Armsessel, der auf Rollen ging, machte großes Aufsehen im Ort und schon nach zwei Monaten empfing sie einen saubern, deutsch geschriebenen Brief von der englischen Söhnerin.

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