Schwarzwaelder Dorfgeschichten
das lächelnd, und Brosi willfahrte zu bleiben wie er war. Wir dürfen überhaupt nicht verschweigen, daß er sich seiner vornehmen Schwiegertochter recht freute, aber minder befangen war und weniger Umstände machte, seitdem er erfahren hatte, daß sie nicht reich sei.
»Wie lang bleibet ihr bei uns?« fragte Brosi.
»Bis nächsten Montag. Ich habe viel zu thun. Ich komme aber zum Herbst wieder.«
Die Mutter jammerte über diese kurze Zeit, aber Brosi sagte: »Geschäft geht vor Allem.«
»Du logirst mit deiner Frau im Auerhahn bei deinem Gevatter.«
»Nicht gern. Er hat mir den bösen Brief von Euch geschrieben.«
»Von mir? Ich hab' nichts davon gewußt, kein Sterbenswörtle.«
Und nun stellte sich heraus, daß der Auerhahnwirth die Antwort so gestellt hatte, als ob der Vater dem Severin die harten Worte sagen ließ, und das Verhältniß zwischen Vater und Sohn, das trotz aller Freude des Wiedersehns ein unausgeglichenes war, ebnete sich erst jetzt, denn Severin erkannte die Unschuld seines Vaters, und trotzdem Severin noch mehr als sonst etwas Gehaltenes und Herbes hatte, ließ er sich doch herbei, seinen Vater förmlich um Verzeihung zu bitten, und reichte ihm zuletzt eine silberne Dose, darauf die Worte eingegraben waren: »Mein Mann ischt koanr.«
Anfangs stutzig, freute sich Brosi dann kindisch mit dieser Dose und sagte immer: »In England drüben haben sie mein' Red in Silber gegraben.«
Nun wendete sich der Zorn von Vater und Sohn gegen den hinterhaltigen Auerhahnwirth. Severin wollte ihm gar nicht mehr über die Schwelle gehen; aber Brosi sagte:
»Laß aus sein. Ein Mann wie du, was kann Dem am Auerhahnwirth liegen? Aber man kann sich nicht mit ihm verfeinden, er hat das einzige Wirthshaus im Ort.«
Bald kam auch des Jörgtoni's Kaspar, die Mariann' und der Petersepp. Moni wollte einen Boten an Kilian und Franz schicken, die sechs Stunden von Haldenbrunn arbeiteten und erst Sonntags heimkamen, aber Severin verhinderte dieß, man könne nun schon warten, da es einmal so lange gedauert habe und der Vater habe es ja auch gesagt, Geschäft geht vor Allem. Moni drückte es auf der Brust, ihr Severin hatte sich doch sehr verändert seit den vierzehn Jahren seiner Wanderschaft, er war freundlich und gut, aber er hatte doch etwas Schroffes, und als sie mit ihrem Manne allein war, sagte sie:
»Ich mein', der Severin hat sich doch ganz ausgeartet (sich verändert), er ist doch nie Soldat gewesen, und er hat doch so was von einem alten Soldaten, weißt? so kurz angebunden. Er ist so steif wie sein Hemdkragen, der ihm fast das Ohrläpple absägt.«
»Das macht sein großer Titel und du wirst's nicht übel nehmen, das Stück Apothekerrösle, was in ihm ist, ich hab's ja immer gesagt,« bedeutete Brosi.
»Aber ein gar prächtig Weible hat er, die ist ja wie aus einem Büchsle 'raus. Wenn sie nur auch recht mit Einem reden könnt'!«
»Ja das Weible ist nicht unrecht, 's ist ein gattigs (passendes) Weible, sie ist gewiß viel bräver weder. Die Kinder von seinen Schwestern hat er ja fast gar nicht angesehen. Nun es ist mir ein Trost, daß ich ihn gut versorgt und in Ehren weiß, und weiter brauchen wir einander nicht.«
Eine Verfremdung und Bitterkeit, die viele Jahre lang sich im Gemüth eingewurzelt hat, scheint nicht mit Einemmal und plötzlich ausgestockt werden zu können; wenigstens war dieß bei Brosi und Severin der Fall.
Achtzehntes Kapitel.
Severin hatte nie die kleinen gemüthlichen Anhänglichkeiten an die Menschen und Umgebungen seiner Heimath in sich empfunden; er zeigte andern Morgens seiner Frau die Bömleswiese und den Busch, woraus er sich den Stechpalmenstock geschnitten und gab den Begegnenden nur kurze Antworten. Die junge Frau entwarf schnell eine Skizze von dem Waldgrunde bei der Bömleswiese und nahm sich vor, dieselbe in den kommenden Tagen weiter auszuführen.
Wenn Severin mit seiner Frau durch das Dorf ging, liefen oft viele Kinder hinter ihm drein, andere stellten sich in Haufen zusammen und wenn die Beiden vorüber waren riefen sie kecklich: Grüß' Gott! Andere bildeten eine Kette, faßten sich an der Hand und rannten ihnen vorauf mit jener eigenen barfüßigen Behendigkeit und warteten immer bis sie in ihrer Nähe waren, um zu wiederholen. Agy wehrte ihrem Mann ab, der diese kindische Freudenbezeigung nicht dulden wollte.
Ein Zwischenfall, der selbst den Severin lächeln machte, ereignete sich mit der Tochter des Auerhahnwirths. In langen Kleidern und am Sonntag
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