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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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aber Brosi bat ihn, bei ihm zu bleiben und ihn nach Haus zu geleiten. Als sie gegen das Dorf kamen, hörten sie ein lautes Schreien und Brosi sah, wie seine Moni ihm entgegensprang, aber ihr vorauf eilte ein großer Mann und warf sich Brosi an den Hals, küßte ihn und weinte; Brosi küßte ihn wieder und weinte mit ihm – es war sein Severin.
    Brosi mußte sich auf einen Steinhaufen am Wege setzen, die Knie wollten ihm brechen, Moni kam langsam des Weges, geführt von einer Dame mit wehendem Schleier:
    »Agy, that is my father,«
sagte Severin, und die Dame warf sich Brosi an den Hals, und es war ihm, als ob ein Engel ihn in die Arme nehme, der ihn selig aus der Welt mit fortnehmen wolle. Es kam wirklich eine leichte Ohnmacht über ihn, aber bald erholte er sich wieder, und er faßte seine Moni, und so breit als die Straße war, gingen Moni und Brosi und Severin und seine Agnes Hand in Hand das Dorf hinein. Brosi schaute immer wie verwirrt umher, wenn die schöne Frau ihm und seiner Moni die rauhen Hände küßte.
    »Gott hat es doch gut gemeint zu mir, daß ich euch noch im Leben finde, wie often habe ich daran gedacht,« sagte Severin und übersetzte das seiner Frau in's Englische, seine Eltern bedeutend, daß seine Frau fast gar kein Deutsch verstehe.
    »Wo hast denn du ihn zuerst gesehen?« fragte Brosi seine Frau.
    »O lieber Gott, denk' nur, wie ich heimkomm', ist die Hausthür offen, ich geh' in die Stub', da sitzt er mit dem goldigen Engel da auf der Bank; ich hab nicht gewußt, wo ich bin, ob noch auf dem Boden oder im Himmel, da ruft er: Mutter! Und weiter kann ich dir nichts berichten.«
    »Der Severin hätt' uns doch vorher Nachricht geben sollen,« sagte Brosi halb zu seiner Frau, halb zu seinem Sohne; »so ein Ueberfall kann ja Einen auf dem Platz tödten.«
    Severin erklärte, daß er schon vor mehreren Tagen geschrieben habe, sich aber, wie er sehe, im deutschen Postgang verrechnet hätte.
    Als man am elterlichen Hause angelangt war, sagte die junge Frau auf das Gäßchen deutend:
    »Gässle not go.«
    »Hast ihr das schon gesagt?« schmunzelte Brosi und rief mit starker Stimme zu seiner Schwiegertochter: »Ist recht, ist brav,« er meinte, wenn er recht schreie, müsse sie ihn gewiß verstehen.
    Um das Haus versammelte sich Alles, was im Dorfe war, und selbst in die Stube und in die Hausflur drangen sie, und die draußen standen, schauten zu den Fenstern herein und theilten sich ihre Bemerkungen über Severin und seine Frau mit. Das Rösle, das mit seinen Kindern laut schreiend und weinend daher kam, hatte Mühe, sich zu dem Bruder hindurch zu arbeiten, um ihm an den Hals zu fallen. Es schickte sogleich seinen ältesten Sohn zu dem Vater, der draußen auf der Bömleswiese mähte, und Moni bat die Versammelten um einen Boten nach Endringen, um die Mariann' und den Petersepp zu holen. Drei Boten stellten einen Wettlauf an. Die junge Engländerin äußerte gegen ihren Mann ihre Freude, daß das ganze Dorf so umherstehe und Alles die Freude des Einen Hauses theile. Severin schien aber nicht dieser Meinung, er bat die Leute zuerst in freundlichem Ton, sich zu entfernen und als dieß nicht geschah, drückte er die Thüre zu und schob einige Widerwillige nicht eben sanft hinaus.
    »Mit welcher Gelegenheit seid ihr ankommen?« fragte Brosi, als ob das das Wichtigste wäre.
    »Mit einem Hauderer,« antwortete Severin kurz.
    »Du bist nicht versteckt, sie ist sauber,« sagte Brosi auf die junge Frau winkend, die die Hand der Mutter nicht losließ, »ihre Haare glänzen ja wie Gold, und was sie ein paar Augen im Kopf hat und das helle Gesicht, die ist gewiß gut. Hat sie auch brav Batzen?«
    »Nicht viel, ich bin überhaupt nicht reich, hab' aber mein gutes Auskommen.«
    »Wieso hast die Anstellung kriegt? Du bist doch der im Blättle?«
    »Freilich. Ich hab' einen besondern Vortheil im Brückenbau erfunden, habe ein Modell in die große Ausstellung in London gegeben; der anwesende Landescommissär erkundigte sich nach mir, und darauf bin ich angestellt worden.«
    Im Reden mit seinem Vater im Dialekte sprach Severin ganz geläufig, während er im Hochdeutschen, in dem er seine ersten Worte anbrachte, etwas Anfremdendes hatte und aus dem Englischen übertrug.
    Moni holte sich ihre Sonntagsjacke und mahnte auch ihren Mann, doch einen ordentlichen Rock anzuziehen; als aber Agy das merkte, bat sie ihren Mann, solches zu verhindern; es muthe sie so sehr an, daß die Eltern in Hemdermeln seien. Severin dolmetschte

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