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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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unter Feilschen um den Preis und Abmessen des Korns, sprach man von nichts als von der Revolution im Nachbarlande und es hieß, daß es auch hier bald losgehe.
    Der alte Furchenbauer stand ruhig an die aufgestellten Säcke gelehnt, auf denen mit großen Buchstaben: Christoph Feilenhauer und die Jahreszahl 1849 geschrieben stand. Er mußte oftmals die Frage beantworten, ob es wahr sei, daß sein Alban unter die Freischärler gegangen. Niemand konnte sagen, woher das Gerücht entstanden war, und doch war es da.
    Unter solchen Umständen war es natürlich, daß es nach dem hiesigen Landesausdrucke »abgehrte« d.h. daß die Fruchtpreise fielen, und selbst zu niedrigen Preisen konnte man nicht verkaufen. Der Furchenbauer, der sonst das Unverkaufte in der Stadt lagern ließ, befahl jetzt, daß Alles wieder aufgeladen und heimgeführt werde; er traute der Sicherheit in der Stadt nicht.
    Spitzgäbele war heute früher als sonst in der Rose; und während um ihn her Alles im wilden Gespräche über die Zustände des Nachbarlandes und des eigenen schrie und zankte, ließ sich der Furchenbauer vom Spitzgäbele das Nähere von der Brautfahrt erzählen. Den Vinzenz hatte er beim Aufladen des Korns gelassen, er sollte dort helfen und auch nicht hören, was hier vorging.
    Spitzgäbele glaubte dem Gerücht, daß Alban unter die Freischärler gegangen sey, trotz der heftigsten Gegenbetheuerungen des Furchenbauern; er bewunderte wiederholt die unerschütterliche Ruhe dieses Mannes, er glaubte nicht anders, als der Furchenbauer wünsche noch einen weitern Zornesgrund gegen seinen Sohn und theils um ihm diesen zu gewähren, theils auch um sich selber im Glanz zu erweisen, erzählte er nun, wie Alban Alles verkehrt gethan und sich zuletzt noch berühmte, er habe die Brautfahrt nur gemacht, um seinen Vater zu betrügen.
    Der Furchenbauer verzog bei diesen Mittheilungen keine Miene, ja er hob das Glas auf, um zu trinken, aber kaum brachte er es an die Lippen, als er es wieder absetzte, es däuchte ihm Alles wie Galle.
    Der Lärm in der Stadt war heute dem Furchenbauer zu toll. Auf den Nachmittag hieß es, kämen hunderte mit Doppelbüchsen bewaffnete Holzhauer von Wellendingen herüber, wo sie sich beim Apostel unter Anführung des Lenz von Röthhausen sammelten, eine Volksversammlung sei in der Stadt angesagt und jetzt müsse Alles mitthun. Theils um diesen Fährlichkeiten zu entgehen und in solchen Verhältnissen auf seinem Hofe zu sein, theils aber auch aus einer gewissen Bangigkeit um Alban, eilte der Furchenbauer mit Vinzenz vor der Zeit heimwärts. In jedem Dorf, durch das sie fuhren, hieß es, daß sie nicht weiter können, im nächsten Dorf seien Freischärler und raubten Alles und hätten es besonders auf die Pferde abgesehen. Man wollte ganz genauen Bericht haben, und obgleich es sich in jedem Dorfe als unrichtig erwies, glaubte man doch seltsamerweise daran und je weiter man kam, desto tiefer schob sich immer Alles zurück.
    Eine wunderliche Gespensterfurcht hatte sich der Menschen am hellen Tag bemächtigt. Der Aufstand, durch den der letzte Versuch gemacht werden sollte, die Freiheit zu erobern, erschien zuerst als Gefährdung von Gut und Blut.
    Der Furchenbauer hatte den Dominik mit dem Fruchtwagen bald eingeholt, und so sehr war er von der allgemeinen Bangigkeit befangen, daß er fürchtete, die Freischärler hätten es auf seinen Fruchtwagen abgesehen. Er befahl daher dem Dominik, langsam weiter zu fahren, bis er Gegenbefehl erhalte.
    Der Tag hatte sich aufgeklärt, der ganze Himmel war mit rothen Wolken überzogen, als der Furchenbauer mit Vinzenz von der Straße ab in seinen eigenen Weg einlenkte.
    »Gottlob, da ist der Alban,« rief Vinzenz und der Vater schaute dem neben ihm Sitzenden, der doch seinen Bruder lieben mußte, freudig in's Gesicht. Als aber Vinzenz mit der Miene klugen Einverständnisses hinzusetzte: »Seid nur jetzt auch gut gegen ihn, nur jetzt keine Händel, er ist unser Schutz,« da knirschte der Vater die Zähne zusammen, gerade weil Vinzenz Etwas von seinen Gedanken errathen hatte, und hastig stieß er die Worte hervor:
    »Ich brauch' Niemand, ihn nicht und dich nicht; ihr könnet alle Beide zum Teufel gehen,« und gleichsam als Zeichen, daß er selber noch am Platze sei, riß er dem Vinzenz Peitsche und Leitseil aus der Hand und hieb zornig auf die Pferde ein.
    Dennoch konnte er sich nicht leugnen, daß er eine gewisse Freude hatte, seinen Alban dort zu sehen; er hatte zuletzt fast selbst an das

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