Schwarzwaelder Dorfgeschichten
Lumpenpack nicht mehr schön zu thun, jetzt müsse es wieder unterducken; aber sein Lebenlang werde er es nicht vergessen, daß er mehrere Hundert Gulden durch Verschleuderung seines Korns zum Fenster hinausgeworfen habe. Alban merkte wohl, daß diese Worte nach ihm zielten, aber er schwieg, theils aus Gehorsam, theils aber auch, weil er schon bedachte, daß er unnöthigen Widerspruch vermeiden und um so fester auf dem einen beharren müsse. Als indeß einer der mitbeschäftigten Taglöhner sagte:
»Es war doch eine lustige Zeit, alle Menschen waren Brüder, wie wir das Korn da eingethan haben,« da konnte Alban nicht umhin, mit rothglühendem Antlitz hinzu zu setzen:
»Und jetzt sind's doch wieder Sklaven, die das Brod von dem ferndigen (vorjährigen) Korn essen.« Dabei ließ er sich nicht aufhelfen, sondern schwang mit leichter Mühe einen Malter Spelz auf die Schulter, trug ihn die knarrende Stiege hinab und lud ihn auf den Wagen.
Der Vater preßte die Lippen zusammen und schaute ihm mit weit aufgerissenen Augen nach. Noch neben dem geladenen Wagen schaute er Alban mehrmals von Kopf bis zu Fuß an, er öffnete mehrmals den Mund als wollte er etwas sagen, aber er schwieg. Das galt doch noch mehr als die heftigsten Worte.
Noch in der Nacht fuhr Dominik mit dem Fruchtwagen nach der Stadt. Am Morgen fuhr der Vater mit Vinzenz auf den Kornmarkt und Alban ackerte wieder auf dem Neubruch am Kugelberger Feld. Es war ein regnerischer Frühlingstag, die Luft war knospenfrisch, der freie Athem und die Arbeit waren doppelt erquickend nach einem verstürmten Tage. Ein Hagelschauer kam wie im Zorn dahergestürmt, aber der Hagel zerging rasch wieder in den offenen Schollen und auf den grünenden Wiesen, und nur seine Tropfen säuselten noch im nahen Walde, sonst vernahm man nichts als bisweilen den verstohlenen Pfiff eines Vogels aus dem Nest oder das Krächzen eines Raben, der seinen Gefährten anrief, trotz des Wetters mit ihm in's Weite zu ziehen. Alban zählte die Stunden ab, wann der Vater in der Stadt sein und wann Spitzgäbele ihm den gestrigen Vorgang erzählen könne; er war voll Unruhe, denn auf den Schelm war doch kein Verlaß, heute zum Erstenmal wurde seine Schande ruchbar und Vinzenz war dabei. Im Angesicht Albans prägte sich die giftige Schadenfreude aus, die er sich in Vinzenz dachte, und jetzt fühlte es Alban wie einen Stich mitten durch's Herz, denn zum Erstenmal lebte ganz deutlich der Haß gegen den Bruder in ihm auf. Die Thiere waren heute gar nicht zu bändigen, es gelang dem Treibbuben schwer, sie in der Linie zu halten, Alban wollte sich nicht bekennen, daß er sie mit in seine Unruhe hineingerissen und er fuhr nun auf dem weiten Felde mit ihnen kreuz und quer, er wollte sie ermüden um sie dann besser in der Gewalt zu haben, seine beiden Hände hielten die Pfluggabel fest und oft war es ihm, als rissen die Thiere ihm die Arme vom Leibe. Von Schweiß und Regen dampfend ging er hinter den Thieren drein, die auch wie in einer Wolke dahinschritten, aber er war stark genug und setzte sich immer mehr darauf, ihrer Meister zu werden. Dennoch mußte er ausspannen, bevor es Mittag war. Im nahen Walde unter einer breitästigen Kiefer ruhte er mit dem Treibbuben aus und war so müde, daß er gar nichts denken konnte, bis der Kühbub ihm das Mittagessen brachte. Lächelnd schaute er ihn an, denn er wollte ihm »Schwager« zurufen, aber er sagte ihm nur, daß er ihn bei sich behalte, damit er die zuchtlosen Thiere lenken helfe. Während er hier im Walde unter säuselndem Regen sein gewohntes Mittagsmahl verzehrte, dachte er nach der Stadt, wo jetzt der Vater und Vinzenz in der Rose beim schäumenden Bier sich auftischen ließen und wie da hin und her die Rede schoß und er war hier im Walde bei dem Treibbuben. Alban wollte sich hineindenken, was man von ihm rede und wie Alles herginge, er errieth wohl Manches, aber doch nicht das Ganze.
Der Vater war am Morgen mit Vinzenz ausgefahren und dieser triumphirte innerlich über den zurückgesetzten Bruder, er sprach aber seine Siegesfreude nur dadurch aus, daß er lustig mit der Peitsche knallte und den Kragen des Mantels, den er über hatte, oftmals zurückwarf. Als man im Thal dahinfuhr, wo man oben in einer Baumwiese des Nagelschmieds Behausung zum Hellberge sah, sagte er, indem er eine neue Schmitze mit den Zähnen aufknüpfte:
»Er ist gestern noch da oben gewesen.«
»Wer?« fragte der Vater.
»Ha der Alban, die Mutter hat ihm aber gleich nachgeschickt und
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