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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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ihn holen lassen, damit Ihr's nicht erfahret.«
    Der Vater schaute nur kurz nach seinem Sohne um, aber sein Blick fiel gerade auf das gespenstisch leere Auge, er hielt sich die Hand vor seine beiden Augen und erwiderte nichts.
    Man fuhr durch Reichenbach. Am Hause des Schultheißen stand dessen älteste Tochter und hielt einen grauen Mantel auf dem Arm, sie rief Vinzenz, er möge anhalten und übergab ihm den Mantel, den der Vater vergessen hatte und den er in der Stadt abliefern solle.
    »Ich nähm' dich auch noch mit,« scherzte Vinzenz.
    »Ich wills gut behalten für ein Andermal. Schön Dank,« sagte das Mädchen lachend und stolz fuhr Vinzenz davon.
    Als es bergan ging sagte der Vater: »Das ist ein saubers Mädle,« und schnell fügte Vinzenz hinzu:
    »Und Ihr müsset selber sagen, eine rechtschaffenere Familie als des Schultheißen giebt es nicht.«
    »Ho ho, es giebt noch mehr.«
    »Freilich, freilich, aber das wär' eine Söhnerin, die den Schwiegereltern die Händ' unter die Füße legen thät.«
    »Hast denn schon was angezettelt und bist denn schon so weit?«
    »Nein, nein, Ihr wisset, ich thu nichts als was Ihr wollet, aber so viel weiß ich schon, daß des Schultheißen Tochter mich nimmt; sie muß freilich auch ein Aug' zudrücken, daß sie nicht mehr hat wie ich,« sagte Vinzenz und schaute dem Vater starr in's Gesicht, »aber wie gesagt, ich thu keinen Schritt als was Ihr wollet, aber schön wär's, wenn man heut' die Sach noch in's Reine brächt', auf dem Markt wär's grad geschickt –«
    »Du hast schon noch Zeit«, erwiderte der Vater und mit unterwürfigem Ton fuhr Vinzenz fort:
    »Wie gesagt, wie Ihr wollet, ich wünsch' Euch noch ein langs Leben und wenn ich hundert Jahr alt werde, will ich's immer Kindeskindern sagen, was Ihr für ein Mann gewesen seid und wie Ihr Alles so zusammengehalten habt und kein Hängenlassen duldet –«
    »Brauch' dein Lob nicht,« unterbrach ihn der Vater. »Wie kommst du dazu mich zu loben? Wenn ich mich unterstanden hätt' so was zu meinem Vater zu sagen, er hätt' mir die Zähn' in den Rachen geschlagen.«
    »Ja, Ihr habt's beim Vetter Dekan auch anders vor Euch gesehen; ich muß mir's vorsagen, was Ihr für ein Mann seid, damit ich nicht auch lern' ... Ich will aber lieber nichts sagen.«
    »Was? Was? Was sollst lernen? Gleich sag's. Was?«
    »Ich sag's nicht gern, aber jeder Knecht und jeder Taglöhner giebt dem Alban Recht, wenn er sich berühmt, er habe den Hof erst zu Etwas gemacht und das soll erst noch einmal ganz anders werden, wenn er ihn erst ganz in der Hand hat ... wenn mein Alter, wie er nie anders sagt –«
    »Still, kein Wort mehr,« rief der Vater zornig, »sag' kein Wort mehr gegen deinen leiblichen Bruder, du machst's grad verkehrt damit; sag' kein Wort mehr oder du wirst sehen –«
    »Mit Einem Aug, wenn Ihr mir nicht das auch noch ausschlaget,« erwiderte Vinzenz wieder und der Vater begann nach einer Weile in ruhigem Ton:
    »Guck, Vinzenz, ich halt' dir mein Wort.«
    »Aber Ihr fürchtet Euch doch vor dem Alban, das in's Reine zu bringen?«
    »Nein, das nicht, aber es soll nicht heißen und soll auch nicht sein, daß du mich gegen deinen Bruder verhetzest. Was ich thu, das thu ich weil ich mein eigener Herr bin und weiß was ich thu und der Alban ist mein Kind so gut wie du, und er hat sein Lebenlang noch kein böses Wort auf dich zu mir gesagt und auf mich zu Anderen gewiß auch nicht, ich glaub's nicht; ich weiß, die Leute sind schmeichlerisch und verdrehen Einem das Wort auf der Zunge. Mein Alban ist ein folgsames, ehrerbietiges Kind.«
    »Ich kann Euch alle Dienstleute bis auf den Dominik und seinen Schwiegervater den Nagelschmied zu Zeugen stellen, wenn Ihr mir nicht glauben wollt.«
    »Ich will nichts davon. Das wär' mir schön, die Dienstleute abzuhören. Red' jetzt nichts mehr. Ich will gar nichts wissen!«
    Vinzenz fuhr schweigend dahin. Er setzte sich's als eine kluge Regel vor, nichts mehr gegen Alban zu sagen, aber darum nicht minder auf baldige Erledigung der schwebenden Sache hinzuarbeiten. –
    Die armen Kleinbauern und Häusler, die heute zu Markte gingen und ihre zusammengeschnurrten Kornsäcke bald wie einen Zopf gedreht am Stocke auf der Achsel, oder wie eine Schärpe um Schulter und Hüfte gebunden trugen, grüßten heute den Furchenbauer nur halb und lächelten.
    Was geht denn vor in der Welt? ...
    Das sollte sich bald zeigen.
    Auf dem Kornmarkt war heute eine seltsame Bewegung. Mitten unter dem aufgewirbelten Staub,

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