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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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mach' ich was ich will und mit meinem Hof mach' ich was ich will.«
    »Das könnet Ihr nicht,« rief Alban fest auftretend, »der Hof gehört im Erbgang mir, es wird sich zeigen, ob Ihr mir ihn nehmen könnt!«
    »Was wird sich zeigen? Ich bin noch über dich 'naus studirt. Du meinst weil du herrelen – den vornehmen Mann spielen – kannst, du seist was? Nichts bist. Ja, reib' nur deinen Bocksbart. Wenn du nicht augenblicklich mich um Verzeihung bittest und mir versprichst, mir in Allem zu folgen, ohne Widerrede, da kannst mein' Hand auch noch in deinem Gesicht spüren.«
    Die Mutter und Ameile suchten den heftig Erregten zu beruhigen, auch Vinzenz trat auf den Vater zu und sagte:
    »Ich bitt' Euch, haltet nur jetzt Friede. Wir werden uns als Brüder vergleichen.«
    »Du willst mir auch dreinreden? Wer bist denn du? Naus sag ich, oder ihr habt die Wahl, ob ihr zu der Thür oder zum Fenster 'nauswollet; 'naus alle Beide, ihr dürfet mir nicht mehr vor die Augen bis ich euch ruf'.« Er riß die Thüre auf und schob zuerst Vinzenz hinaus, der nur geringen Widerstand leistete, als er aber auch Alban anfassen wollte, streifte dieser die Hand rasch ab und sagte in scharfem, bestimmtem Tone:
    »Vater, rühret mich nicht an. Ich geh allein, ich geh von selber, und da schwör' ich's: nie, nie mehr komm' ich daher vor Eure Augen, wenn Ihr mich nicht selber darum bittet.«
    Er nahm seinen breitkrämpigen grauen Hut vom Ofenstängele und ging hinaus. Drin in der Stube hörte man noch Schelten zwischen Mann und Frau und dann lautes Weinen, das erst aufhörte, als die Thüre zugeschlagen und dann noch einmal mit dem Fuß darauf getreten wurde.
    Am Röhrbrunnen stand Alban mit seinem Bruder und dieser sagte:
    »Alban, ich bin oft neidisch auf dich gewesen, aber jetzt mein' ich's gut. Du wirst sehen, ich werd' dir Alles geben, was recht ist.«
    »Ich brauch' nichts von dir, du eher von mir.«
    »Sei jetzt nicht bös, ich kann nichts dafür. Sieh da, sieh her, siehst das da?«
    »Ja, dein blindes Aug'.«
    »Und weißt wovon das ist?«
    »Wie du vom Wagen gefallen bist. Was geht mich das jetzt an?«
    »Es geht dich an. Zum Erstenmal in meinem Leben sag ich das, ich hab's noch nie über meinen Mund bracht, aber jetzt, jetzt muß es 'raus. Ich bin nicht vom Wagen gefallen. Der Vater hat mir im Zorn das Aug' ausgeschlagen.«
    Alban faßte zitternd die beiden Hände seines Bruders.
    »Ja,« fuhr Vinzenz fort, »es weiß es sonst kein Mensch als er und ich, du bist der Erste, und ich hab ihm einen Eid geschworen, es Niemand zu sagen, aber ich muß ihn jetzt brechen. Und weil mir der Vater das than hat, hat er mir den Hof versprochen und das Abendmahl drauf genommen.«
    Alban stand still neben dem Bruder. Man hörte lange nichts als das Rauschen des Brunnens und ein sanftes Flüstern des Hollunderbaumes. Plötzlich raffte sich Alban zusammen, reichte dem Bruder die Hand und sagte:
    »Behüt' dich Gott. Ich geh fort.«
    »Wohin?«
    »Ich weiß selbst nicht.«
    »Bleib' lieber da und geh nur nicht unter die Freischärler. Man sagt, sie sammeln sich jetzt im Thal, und in der Stadt hat's auch geheißen, du seist schon dabei, und deßwegen ist der Vater auch so bös gewesen.«
    »So?« rief Alban gedehnt, rückte den Hut fester in die Stirne und reckte sich mit allen Gliedern, »hauset mit einander wie ihr wollet. Trifft mich ein' Kugel, ist mir's recht, und komm' ich wieder, wollen wir schon abrechnen.«
    Ohne nochmals die Hand zu reichen, rannte er zum Thor hinaus und den Berg hinab; die Augen brannten ihm und es war ihm, als fühlte er an sich den gräßlichen Jähzorn des Vaters, der sein eigenes Kind fast geblendet. Als er auf der Landstraße war, überkam ihn auf Einmal mitten im Jammer ein frohes Gefühl, er war nun frei, frei von der ganzen Welt. Wie oft hatte ihm schon der Ruf nach Freiheit das Herz erfüllt, jetzt endlich konnte er ihm Folge leisten, er durfte für sich handeln und brauchte nicht zu fragen, ob dies der Vater genehm finde; es war recht, daß er verstoßen war, er hatte zu lange sein eigenes Herz unterdrückt, jetzt war er frei. Er streckte die Arme empor und war bereit zu sterben, damit die ganze Welt frei und glücklich sei.
    Raschen Laufes schritt er dahin, nur Einmal stand er still, denn ihn hemmte der Gedanke, ob nicht Vinzenz in ausgefeimter Falschheit ihm diesen Weg gezeigt hatte und ihn scheinbar abhielt, um ihn so sicherer darauf zu lenken und seiner entledigt zu werden. Er konnte an solche Bosheit des

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