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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Zilge trat endlich mit ihrem Entschlusse hervor, daß sie nicht heirate, bis sie ihr eigen Haus habe, sie sei ihr Lebenlang genug bei fremden Leuten herumgestoßen worden, sie wolle auch einmal wissen, wie sich's unter eigenem Dach lebt, und sie könne es den Kindern nicht anthun, daß sie keinen Unterschlupf hätten, wo sie hin gehörten und wo sie Niemand vertreiben könne. Der Maurer-Seb mochte im Gütlichen erklären, daß es viel klüger sei, wenn sie sich von ihrer Ersparniß einen guten Acker kauften für den Kartoffelbrauch, und eine Wiese, um eine Kuh zu halten: Zilge widersprach und behauptete, daß sie mit Sticken mehr verdiene, als wenn sie das Feldgeschäft versehe, auch könne man nicht im Felde schaffen und dann wieder sticken, man müsse sich zu dieser Arbeit die Hände sein erhalten. Sie beharrte bei ihrem Entschluß: ohne eigen Haus kein eigner Herd. Oft dachte Seb daran, sein Vorhaben auszuführen, ohne Zilge darum zu fragen, und wer weiß, ob sie sich nicht darein gefunden hätte; aber seine Liebe zu ihr hielt ihn wieder davon ab, nach eigenem Gutdünken zu handeln. Wollte er dann irgend ein wohlfeiles Häuschen von einem Auswanderer kaufen, so hatte Zilge wieder allerlei Einwürfe; dieses war zu finster für die Stickarbeit, jenes nur ein halbes mit bösen Inwohnern u.dgl. Sie sagte dann auch oft: »Ich thät' mich schämen, wenn ich ein Schneider wär', mir einen alten Rock zu kaufen. Wozu bist denn Maurer? Bau' dir doch ein Haus. Oder kannst's nicht? Sag's nur.«
    So lebten die Beiden vierzehn Jahre, und Manche bedauerten im Stillen den Seb, oder sagten es ihm auch, daß er an Zilge gebunden sei, denn diese hatte wenig Freundlichgesinnte im Dorfe. Man war ihr gram, weil ihre Lebensweise sich streng von der im Dorf üblichen abschied, und weil ihr stolzes Wesen es dahin gebracht hatte, daß die Küferin eine Verwandte, die aus Weitingen war, an Kindesstatt angenommen hatte; das hätte Zilge mit ein bischen Klugheit und Nachgiebigkeit für sich erringen können, und Seb brauchte sich dann nicht so zu plagen; schließlich aber vereinigte sich Alles darin, daß Zilge unerhört hochmüthig sei und immer unverzeihlich sauber daherkäme.
    Endlich im fünfzehnten Frühling ihrer Liebeszeit kam der Seb vom neuen Ziegler herauf, der sich links im Thal angesiedelt hatte und berichtete freudig, daß er dem Ziegler die Anhöhe mit den zwei Tannen gradüber vom Küfer als Bauplatz abgekauft habe, und der Ort schien wohl gelegen, denn der Blick ging hinaus über die Wiesen nach dem jenseitigen Waldberg:
    »Ich dreh' das Häusle 'rum,« sagte er triumphirend zu Zilge, »und richte alle Fenster in's Freie, daß dir Niemand zugucken kann als die Sonn'. Es freut mich, daß ich dir deinen Willen thun kann, und du wirst sehen, was ich herstelle!«
     
Das lustige Häusle.
     
    Mit unermüdlicher Emsigkeit arbeiteten nun Seb und sein Vater, den er dafür bezahlte, als ob er für einen Fremden arbeitete, an seinem Hause. Sie mußten die Grundmauern tiefer legen, als sie sich gedacht hatten, denn sie kamen bald auf eine Schicht von Triebsand; sie wollten sie ausheben, aber je tiefer sie gruben, je nachhaltiger schien die Sandschichte zu werden, und sie legten endlich doch die Steine auf dieselbe. Der Vater warnte wiederholt, daß dieser Grund kein Haus trage, und daß es überhaupt unpassend sei, hier an den Bergrücken zu bauen, wo jedes wilde Wetter das Haus an allen vier Ecken packe; er wollte, daß man mindestens mehrere Schuh tiefer in's Land hineinrücke und das Haus nicht so keck an den Berghang stelle. Er lobte die Klugheit der alten Zeit, da man ein Haus lieber geschützt zu einem andern setzte, und überhaupt auch im Häuserbau geselliger gewesen sei. Seb widersprach alledem, und um so entschiedener, je weniger er sich leugnen konnte, daß die Einwände des Vaters nicht unhaltbar waren.
    Seb stand trotz seines vorgerückten Alters doch noch in jener unversuchten Jugendlichkeit, wo man an die Ausführbarkeit einer jeden Sache mit Zuversicht glaubt, wenn man sie unternommen hat, und aus keinem andern Grunde, als eben weil man sie einmal unternommen hat. Um auch noch den letzten Einwand zu beseitigen, berief er sich gegen den Vater nachdrücklich auf das Urtheil des Bauamtes, das nach Besichtigung der Oertlichkeit und mit Erwägung aller Bedingungen die Erlaubniß zum Bau gegeben habe. Er redete sich dabei aus, daß er selber es ja gewesen, der die ganze Sachlage zu solchem Endbeschlusse in's Licht gestellt

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